Ton in Darmstadt wird schärfer Streit über Antisemitismus auf Weihnachtsmarkt eskaliert

Nach antisemitischen Vorfällen auf einem Weihnachtsmarkt wird der Ton in der Darmstädter Politik schärfer. Ein Linken-Politiker greift Oberbürgermeister Benz an, der hält dagegen.

Kirche der Darmstädter Michaelsgemeinde
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Nach dem Antisemitismus-Eklat auf einem Darmstädter Weihnachtsmarkt eskaliert der Streit auch auf politischer Ebene, der Ton innerhalb der Stadtpolitik wird immer schärfer.

Das "Darmstädter Friedensbündnis" um den Stadtverordneten Uli Franke (Linke) hatte Oberbürgermeister Hanno Benz (SPD) nach Weihnachten in einem offenen Brief vorgeworfen, die Ereignisse rund um den Weihnachtsmarkt der evangelischen Michaelsgemeinde bewusst zu "skandalisieren". Benz wiederum wirft dem Bündnis in einem Antwortschreiben vor, Hass und Gewalt zu befeuern und Antisemitismus zu relativieren.

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Was war geschehen?

Auf dem Anti-Kolonialen Friedens-Weihnachtsmarkt" der evangelischen Michaelsgemeinde war kurz vor Weihnachten Material mit antisemitischen Slogans oder verbotenen Symbolen aufgetaucht. Auf Flyern war beispielsweise der Spruch "From the river to the sea" zu lesen, auch Schlüsselanhänger mit Hamas-Symbolen wurden verkauft. Die Gemeinde veranstaltete den Markt zusammen mit der Palästina-Solidaritätsgruppe "Darmstadt4Palestine".

In der Folge erstatteten unter anderem die Evangelische Kirche in Hessen-Nassau (EKHN), die Stadt Darmstadt und die Jüdische Gemeinde Strafanzeige gegen die Gemeinde. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts auf Volksverhetzung.

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Stadtverordneter greift OB und Kirche an

Im Schreiben des Friedensbündnisses greift Franke sowohl Benz als auch die Evangelische Kirche in Hessen-Nassau (EKHN) scharf an. Das Bündnis sei erschrocken über eine "völlig überzogene mediale und politische Skandalisierung", heißt es dort.

Dem Oberbürgermeister wirft das Bündnis "massive Denunziation der Kirchengemeinde" vor, nachdem Benz die Geschehnisse auf dem Weihnachtsmarkt zuvor als "zutiefst verstörend" bezeichnet und Strafanzeige gegen den Vorstand der Michaelsgemeinde gestellt hatte.

Auch die EKHN hatte Strafanzeige wegen Volksverhetzung erstattet und den betroffenen Pfarrer vorläufig seiner Pflichten entbunden. Damit schüchtere die Kirche all jene ein, die an einem offenen Dialog interessiert seien, schreibt Franke.

Franke relativiert Parolen

In den auf dem Weihnachtsmarkt verbreiteten Symbolen und Parolen will der Stadtverordnete der Linken keinen Antisemitismus erkennen. Der Spruch "From the river to the sea, Palestine will be free" etwa, der auf Plakaten zu lesen war, drücke lediglich den Wunsch nach einer Einstaatenlösung aus. Viele sehen darin jedoch eine Parole der Terrororganisation Hamas, die damit die Auslöschung Israels fordert.

Insgesamt werde durch Stadt, Kirche und Medien ein "kleiner lokaler Vorfall" aufgeblasen und skandalisiert, so Franke.

Benz: "Das gefährdet alle Jüdinnen und Juden"

In seinem Antwortschreiben findet Benz deutliche Worte in Richtung Franke. "Ich bin entsetzt, dass Sie als Stadtverordneter Hass und Gewalt (...) weiter befeuern", schreibt der Oberbürgermeister.

Die Symbole und Parolen, die auf dem Weihnachtsmarkt gezeigt wurden, sind laut Benz "klar antisemitisch". Frankes Versuch, die Bedeutung des Gezeigten zu relativieren, sei entlarvend. Der Linken-Politiker beteilige sich somit daran, "antisemitische Botschaften zu transportieren und unter dem Deckmantel der Israelkritik zu legitimieren".

Wenn Kritik an Israel in antisemitische Stereotype oder allgemeine Verurteilungen von Juden umschlage, sei eine Grenze überschritten, argumentiert Benz. Damit gefährde Franke "alle Jüdinnen und Juden in Darmstadt".

Auch die EKHN hat auf Frankes Vorwürfe reagiert. Gegenüber dem hr unterstrich die Landeskirche noch einmal, dass der Verkauf von Gegenständen mit Symbolen, die in Verbindung mit der Terrororganisation Hamas und dem Anzweifeln des Existenzrechts Israels stehen, inakzeptabel sei. Die EKHN bezeichnete die Kooperation der Michaelsgemeinde auch zwei Wochen nach dem Vorfall als "nicht ausreichend". Der Pfarrer der Gemeinde hatte sich nach den Vorwürfen entschuldigt.

Redaktion: Julian Moering

Sendung: hr1,

Quelle: hessenschau.de