Streit um Hanau-Gedenken: Eine Richtigstellung hätte gereicht

Nach dem Eklat um das Gedenken zum rassistischen Anschlag von Hanau muss sich Oberbürgermeister Kaminsky in die Diskussion einschalten – nur, weil seine Rathaus-Koalition eine kritische Rede nicht aushalten konnte.

Gedenkfeier in Hanau mit Bundespräsident
Plakate zum Gedenken an den rassistischen Anschlag in Hanau. Bild © picture-alliance/dpa

Wie geht man mit den Hinterbliebenen des schlimmsten rassistischen Anschlags des Landes um? Eine Anleitung dafür gibt es sicherlich nicht. Das aktuelle Verhalten einiger Hanauer Stadtpolitikerinnen und Stadtpolitiker sollte jedenfalls kein Beispiel sein.

Portrait von Heiko Schneider in einem Kreis, daneben steht "Meinung"
Heiko Schneider Bild © hr

Nicht nur, dass die Hanauer Regierungskoalition aus SPD, CDU und FDP nach der Rede einer Hinterbliebenen drohte, gleich alle Eltern, Geschwister, Freunde und Unterstützer der Opfer bestrafen zu wollen. Sie tat es noch dazu in einer absolut unpassenden Weise.

Richtigstellung hätte gereicht

Emiş Gürbüz' Rede bei der zentralen Gedenkveranstaltung am fünften Jahrestag des Anschlags war voller Wut und Enttäuschung. Kein Wunder: Emiş Gürbüz hat beim Anschlag vor fünf Jahren ihren Sohn verloren und, wie viele andere Hinterbliebene auch, bis heute das Gefühl, an vielen Stellen nicht ernst genommen, nicht gehört zu werden.

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Jetzt hat man ihr zugehört. Und sich, zurecht, an ihren Falschaussagen gestört: Gürbüz warf in ihrer Rede der Stadt zum Beispiel vor, den Anschlag zu nutzen, um Millionen zu kassieren, mit denen Defizite ausgeglichen würden. Dass engagierte Stadtpolitikerinnen und Stadtpolitiker solch einen Vorwurf nicht unkommentiert im Raum stehen lassen wollen, ist nachvollziehbar.

Eine simple Richtigstellung hätte ausgereicht.

Koalition reagiert unangemessen

Doch die Koalition beschwert sich über die Rede, die "mit wahrheitswidrigen Aussagen gespickt" ist, verzichtet in ihrer Pressemitteilung aber gänzlich auf Beispiele, Belege und Erklärungen. Stattdessen veröffentlicht sie private Informationen über Gürbüz' beantragte deutsche Staatsbürgerschaft – als ob nicht ohnehin schon genug des Privatesten der Hinterbliebenen öffentlich wäre. Eine unsouveräne und unangemessene Reaktion.

Dass es deutlich besser geht, zeigt nun Oberbürgermeister Kaminsky. Erneut. Schon bei der Gedenkveranstaltung reagierte er in seiner Rede spontan kurz und sachlich auf Gürbüz' Worte. Am Montagabend ergriff er zudem in der Stadtverordnetenversammlung das Wort, griff Falschaussagen der kritisierten Rede auf und stellte sie richtig.

Kaminsky nimmt Luft raus

Dem Oberbürgermeister gelang es dabei außerdem, zu differenzieren: Es sei klar, dass Emiş Gürbüz nicht im Namen aller Angehörigen gesprochen habe. Und dass es sehr wohl auch in Zukunft Gedenkveranstaltungen geben werde – nur eben kleiner. Dass diese Entscheidung keine Reaktion auf die kritisierte Rede, sondern schon länger klar sei.

Mit deutlichen, aber einfachen Worten nimmt Kaminsky Luft aus der Debatte. Etwas, das den Sprecherinnen und Sprechern der Regierungskoalition, der er auch angehört, nicht gelang. Kaminsky schloss seine Rede am Montag mit den Worten: "Für mich ist die Angelegenheit mit heute Abend erledigt." Seine Kolleginnen und Kollegen hätten sich ein Beispiel an ihm nehmen sollen.

Sendung: hr INFO,

Quelle: hessenschau.de