Campus Bockenheim Aktivisten besetzen leerstehende Bibliothek von Uni Frankfurt
"Lasst uns für eine bedürfnisorientierte, selbstverwaltete Nutzung im Sinne der Anwohnenden kämpfen!" Mit diesem Vorsatz sind Aktivistinnen und Aktivisten in die alte Kunstgeschichte-Bibliothek der Goethe-Uni eingedrungen. Sie machen Stadt und Land Vorwürfe wegen des Leerstands.
Die frühere Bibliothek des Fachbereichs Kunstgeschichte auf dem Campus Bockenheim der Goethe-Universität in Frankfurt ist ein grauer Kasten mit gezacktem Dach und wenigen Fenstern. Seit 2022 steht sie leer. Aus Sicht des Kollektivs Utopie Formen ist das viel zu lang. Aktivisten der Gruppe besetzten das Gebäude am Samstagnachmittag.
Laut Goethe-Universität drangen etwa 15 Menschen in das Gebäude ein. Warum sie es taten, verbreiteten die Aktivisten auf Instagram: "Obwohl es zahlreiche Nutzungskonzepte von verschiedenen Initiativen gibt, steht das Gebäude nun seit mehr als 2 Jahren leer und verfällt."
Die Gruppe kritisierte den Leerstand als "verantwortungslosen Umgang des Landes Hessen" als Eigentümer mit Räumen, die durchaus genutzt werden könnten. Dem Kollektiv Utopie Formen schwebt "eine bedürfnisorientierte, selbstverwaltete Nutzung" vor.
Musik, Kleidertauschmarkt, Nachbarschaftstreff
Weil es im für gewöhnlich teuer vermarkteten Frankfurt zu wenige Räume für kreative und solidarische Zwecke gebe, solle die leerstehende Uni-Teilbibliothek in den kommenden Tagen oder Wochen eben dazu dienen: Alle Frankfurterinnen und Frankfurter seien willkommen, es soll Musik-Angebote geben, einen Kleidertauschmarkt, die Möglichkeit eines Nachbarschaftstreff, wie Aktivisten der Frankfurter Rundschau (FR) sagten.
Da weder die Stadt Frankfurt noch das Land Hessen den seit etwa 20 Jahren geplanten Kulturcampus am alten Uni-Standort vorantrieben, habe man das nun "selbst in die Hand genommen", so das Kollektiv. "Unser Ziel ist es, die Bürokratie zu überwinden, die den Prozess auf dem Kulturcampus aufhält. Wir wollen Leerstand überwinden und kulturelle Räume erweitern", sagte ein Sprecher der FR.
Universität stellt Ultimatum
Die Goethe-Universität betonte am Sonntag, eine baldige Übergabe des Gebäudes an die Stadt liege auch in ihrem Interesse. Die dem Land Hessen gehörenden Gebäude auf dem Gelände des geplanten Kulturcampus könne die Uni "mit Blick auf die geplante künftige Verwendung schon seit langem nicht mehr nutzen, muss aber für die Verwaltung und Sicherung Geld ausgeben, das ihr für ihre eigentlichen Aufgaben in Lehre und Forschung fehlt."
Die Uni-Leitung bot den Besetzern an, über das Thema zu sprechen, auch wenn der Ball in Sachen Kulturcampus bei Land und Stadt liege. Allerdings müssten die Aktivisten zuvor das Gebäude freiwillig verlassen.
Schließlich sei die Universität momentan haftbar für eventuelle Schäden. "Eine widerrechtliche Besetzung kann daher nicht geduldet werden." Die Uni stellte der Besetzer-Gruppe ein Ultimatum bis Sonntagabend 21 Uhr, um das Gebäude zu verlassen. Ansonsten sei man "rechtlich verpflichtet, es räumen zu lassen" und werde einen Strafantrag stellen.
Polizei beobachtet Lage
Die Polizei hatte bereits am Samstag Beamte zum Campus Bockenheim geschickt, nachdem sie von der Besetzung erfahren hatte. Diese hätten das Gebäude "gesichert" und sollten zunächst "die Lage beobachten", sagte ein Sprecher dem hr. Der Eigentümer müsse entscheiden, ob er Anzeige erstatten wolle.
Im vergangenen Jahr hatten Aktivisten die ehemalige Dondorf-Druckerei in unmittelbarere Nähe des Uni-Campus Bockenheim besetzt. Die Stadt wollte dem Max-Planck-Institut das Gelände überlassen, das Bestandsgebäude sollte abgerissen werden. Aufgrund des Protests gab das Forschungsinstitut den Plan auf. Als Zwischennutzerin soll die Schirn Kunsthalle einziehen, deren Räume zwischen Dom und Römer demnächst saniert werden.