Niederlage für Blog von Ex-Bild-Chef Reichelt Landgericht Frankfurt stärkt Persönlichkeitsrechte von trans Frauen

Eine trans Frau darf im Blog von Ex-Bild-Chefredakteur Julian Reichelt nicht als Mann bezeichnet werden. Das hat das Frankfurter Landgericht entschieden.

Julian Reichelt beim Sportbusiness Kongress in Düsseldorf am 30.01.2020
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Die Journalistin und trans Frau Janka Kluge darf gemäß eines Urteils des Frankfurter Landgerichts vom Donnerstag nicht als Mann bezeichnet werden.

In einem Beitrag auf Pleiteticker.de, einem vom ehemaligen Bild-Chefredakteur Julian Reichelt verantworteten Blog der Rome Medien GmbH, hatte eine Autorin im Zusammenhang mit Kluge von einem "über 60-jährigen Mann" gesprochen.   

Gericht: "Mann" bewusst negativ gemeint

Dagegen wehrte sich Kluge - erfolgreich. Mitte März untersagte das Landgericht der Rome Medien GmbH diese Formulierung. Seitdem steht in dem Artikel "biologischer Mann", ein Ausdruck, der juristisch nicht angreifbar ist. Weil Reichelt zugleich Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung einlegte, musste der Fall neu verhandelt werden.  

Die Richterinnen begründeten ihr Urteil am Donnerstag damit, dass die Bezeichnung "Mann" in diesem Zusammenhang bewusst negativ gemeint gewesen sei. Das spreche Kluge die Identität ab und verletzte ihre Ehre.

Streit mit Doktorandin

In dem umstrittenen Blog-Eintrag geht es um eine Auseinandersetzung zwischen Janka Kluge und der Biologie-Doktorandin Marie-Luise Vollbrecht.

Aus Vollbrechts Sicht gibt es nur zwei Geschlechter, nämlich die biologischen. Als die Berliner Humboldt-Universität im vergangenen Jahr einen Vortrag Vollbrechts zu diesem Thema wegen drohender Proteste abgesagt hatte, entbrannte eine bundesweite Debatte.

In einem Rechtsstreit mit Vollbrecht erhielt Kluge schließlich finanzielle Hilfe von der staatlich geförderten Amadeu-Antonio-Stiftung, was in Reichelts Blog deutlich - und mit der beanstandeten Geschlechtsbezeichnung - kritisiert wurde:

"Anstatt eine junge Doktorandin zu unterstützen, die seit Monaten attackiert, auf offener Straße verfolgt und sogar körperlich angegriffen wird, unterstützt die Stiftung lieber einen über 60-jährigen Mann, der an der Spitze eines Lobby-Vereins steht und maßgeblich an dem Frauenhass beteiligt ist, dem Vollbrecht seit Monaten ausgesetzt ist", hieß es in der Ursprungsversion.   

"Nicht nett, aber sachlich"

Als "zugegeben nicht nett, aber sachlich" hat Reichelt-Anwalt Ben Irle in dem Prozess vor dem Landgericht die Formulierungen in dem Blog-Beitrag bezeichnet. Es handele sich dabei um Tatsachenbehauptungen.

Kluge sei bekennende trans Frau und Aktivistin. Sie stehe öffentlich zu ihrer Lebensgeschichte. Es sei niemals das Ansinnen gewesen, ihr Geschlecht in Frage zu stellen.

"Ich weiß, wie ich auf die Welt gekommen bin. Das lässt aber keinen Rückschluss darauf zu, wer ich bin", entgegnete Janka Kluge während der mündlichen Verhandlung im vergangenen Monat. Es sei der Alltag für trans Menschen, dass ihre Identität immer wieder in Abrede gestellt werde, sagte ihr Rechtsanwalt Jasper Prigge.

Rechtsstreit geht in nächste Instanz

Trotz des erneuten Urteils wird die rechtliche Auseinandersetzung wohl weitergehen. Reichelts Anwalt kündigte bereits während des Prozesses an, dass er die Entscheidung vor dem Oberlandesgericht Frankfurt anfechten werde.

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Warum schreiben wir "trans" klein?

Als trans Frau oder trans* Frau wird laut der Antidiskriminierungsstelle des Bundes eine Frau bezeichnet, deren Geschlechtsidentität weiblich ist, die bei der Geburt aber einen männlichen Geschlechtseintrag erhalten hat. Die Begriffe trans oder transgender werden als Adjektiv verwendet und deshalb klein geschrieben.

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Sendung: hr3, 06.07.2023, 17 Uhr

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Quelle: Heike Borufka (hr), hessenschau.de