Bundesweites Pilotprojekt Gießener Verein will mit neuen Ideen gegen sexualisierte Gewalt kämpfen
Seit drei Jahrzehnten hilft die Gießener Beratungsstelle "Wildwasser" Menschen, die von sexuellem Missbrauch betroffen sind. Jetzt testet der Verein in einem Pilotprojekt, wie Kinder und Jugendliche besser geschützt werden können.
Mit einem deutschlandweit einmaligen Projekt will die Gießener Beratungsstelle "Wildwasser" neue Methoden ergründen, um Kinder und Jugendliche besser vor sexualisierter Gewalt zu schützen.
Dazu plant die Beratungsstelle am 4. November im Stadtteil Kleinlinden einen Bürgerrat. Es ist nach Angaben der Beratungsstelle der erste Rat überhaupt zu diesem Thema. Eingeladen sind Menschen, die mit Kindern zu tun haben, etwa Lehrerinnen und Lehrer und Menschen aus Sportvereinen, aber auch interessierte Privatleute.
"Schwierig, ins Gespräch zu kommen"
Ein Ziel sei es, Handlungsmöglichkeiten rund um dieses sensible Thema zu erarbeiten: "Was könnte ich tun, wenn ich von einem betroffenen Kind oder einem Jugendlichen erfahre? Das ist für viele Menschen sehr unangenehm, und das macht es immer schwierig, zu diesem Thema ins Gespräch zu kommen", erklärt Julia Birnthaler, Mitarbeiterin des Vereins.
Außerdem möchte der Verein wissen, ob er mit seiner bisherigen Präventionsarbeit die richtigen Zielgruppen anspricht und die richtigen Medien nutzt. "Was müssen wir in unserer Arbeit wie tun, damit wir mit den Menschen ins Gespräch kommen?", fasst Birnthaler zusammen. Nicht zuletzt will der Verein herausfinden, was diese Art der Beteiligung zur Lösungsfindung beitragen kann.
Um einen sicheren Rahmen zu schaffen, in dem die Beteiligten offen sprechen können, tagt der Rat nicht öffentlich. Am Ende sollen die Ergebnisse an andere Beratungsstellen oder Kommunen bundesweit gehen, sagt Birnthaler.
Ergebnisse gehen auch an Bundesbeauftragte
"Wildwasser" existiert seit rund drei Jahrzehnten und ist nach eigenen Angaben eng mit anderen Stellen wie der Jugendhilfe, Schulen oder der Polizei vernetzt. Der Verein berät und unterstützt Betroffene von sexualisierter Gewalt, arbeitet aber auch mit Jugendlichen zusammen, die selbst übergriffig sind. Studien zufolge ist in Deutschland jedes zehnte Kind von sexualisierter Gewalt betroffen.
Initiator des Projekts ist das Bundesfamilienministerium. Die Ergebnisse des Rats sollen daher auch auch an Kerstin Claus übergeben werden, der Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs der Bundesregierung.
Sendung: hr4, die hessenschau in Mittelhessen, 02.11.2023, 12.30 Uhr
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