"Schwarzmarkt boomt" Viele Shisha-Bars stehen vor der Pleite – und kaufen illegalen Tabak

Rund 20 Prozent der Shisha-Bars in Frankfurt könnten in diesem Jahr Pleite gehen, schätzt ein Insider. Grund ist auch eine neue Vorschrift für Verpackungsgrößen. Viele Betreiber kaufen Tabak jetzt auf dem Schwarzmarkt – ein Risiko für die Gesundheit.

Ein Mann raucht in einem Café eine Wasserpfeife
Seit einer neuen Verpackungsvorschrift müssen die Gäste in Shishabars häufig mehr Geld für eine Wasserpfeife hinlegen. Bild © picture-alliance/dpa (Archiv)
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Für Betreiber von Shisha-Bars laufen die Geschäfte nicht gut. "In Frankfurt werden 20 Prozent der Bars schließen", schätzt Miran Kececi (Name geändert) mit Blick auf dieses Jahr. Er ist Geschäftsführer einer Shisha-Bar in Frankfurt. Hier qualmt es vor allem vor Ärger.

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Ungesund wie Zigaretten

Das Gefährdungspotential einer Shisha-Session liegt zwischen einer und 50 Zigaretten. Zum Teil erzeugen die Wasserpfeifen ein Vielfaches an Schadstoffen. Die Giftstoffe greifen Zellen im Mund- und Rachenraum an, die Atmung erlahmt und ebenso der Kreislauf. Unzählige Stoffe sind im Rauch enthalten, viele davon gelten als krebserregend.

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Grund sei auch eine neue Vorschrift, die seit Juli den Verkauf großer Verpackungen verbietet. Die Nachfrage nach den erlaubten kleinen 25-Gramm-Verpackungen ist gering, da sie relativ teuer sind.

Kececi heißt in Wirklichkeit anders und auch der Name seiner Shisha-Bar soll nicht veröffentlicht werden. Denn viele Betreiber haben Angst durch die Berichterstattung zur Zielscheibe von Polizei und Zoll zu werden. Es werde so lange gesucht, bis etwas gefunden werde. "Man fühlt sich schikaniert und belästigt, obwohl wir uns an alle Richtlinien halten", sagt Kececi.

Vorwurf Steuerhinterziehung

Immer wieder geht der Zoll gegen Shisha-Bars vor. Der Vorwurf: Steuerhinterziehung. Mit der neuen Vorschrift will der Bund dagegen vorgehen. Üblicherweise kauften die Bars große Dosen, aus denen sie dann kleine Portionen in Shisha-Köpfe füllten. Das allerdings wäre in den meisten Fällen Steuerhinterziehung, denn beim Verkauf in Portionen führen sie weniger Steuern ab als sie es müssten.

Die neue Vorschrift verbannt seit Juli 2023 die üblichen 200- und 1.000-Gramm-Packungen vom Markt. Es sind nur noch Größen von maximal 25 Gramm erlaubt, deren Inhalt für einen Shisha-Kopf reicht. Dazu verteuerte eine Steuererhöhung die Ware bereits im vergangenen Jahr.

In der Kasseler Innenstadt betreibt Cynthia Wagner die Shisha-Bar Lux. Vor der Gesetzesänderung hat sie für 200 Gramm Tabak 17,90 Euro bezahlt, erklärt Wagner. Die gleiche Menge in den nun vorgeschriebenen 25-Gramm-Verpackungen koste jetzt 32 Euro. "Wer will denn noch rausgehen und Shisha rauchen, wenn der Preis so hochgeht", sagt Wagner. Noch habe sie die Preise aber nicht an ihre Kunden weitergegeben.

19 Euro pro Wasserpfeife

In Frankfurt hat Kececi den Preis für eine Wasserpfeife in seiner Bar seit Juli um zwei Euro auf 17 Euro erhöht und sagt, er wolle weitere zwei Euro aufschlagen. Die neuen Verpackungen seien nicht nur teurer, sondern auch aufwendiger in der Vorbereitung. Dazu komme unglaublich viel Verpackungsmüll.

Zahlen belegen den Umsatzeinbruch in Deutschlands Shisha-Branche. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes sank das Gewicht des versteuerten Wasserpfeifentabaks in den ersten zehn Monaten 2023 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 16 Prozent auf 688 Tonnen.

Shisha bei Schülern unbeliebter

Dazu kommt: Vor allem bei den Jüngeren wird die Shisha unbeliebter. Erlaubt ist es Minderjährigen sowieso nicht. Zwar haben laut Jahresbericht für Drogentrends in Frankfurt 2022 immerhin rund ein Drittel der Schüler in der Stadt im Alter von 15 bis 18 Jahren wenigstens einmal an der Wasserpfeife gezogen. Doch das sind zehn Prozent weniger als im Jahr zuvor und der niedrigste jemals gemessene Wert.

Dabei gelten die Shisha-Bars als "safe spaces" – vor allem für Jugendliche mit Migrationshintergrund. "Das sind Orte, wo sie sicher sein können, dass sie immer willkommen sind", sagt der Soziologe Bernd Werse vom Centre for Drug Research an der Frankfurter Goethe-Uni. Anders als bei vielen Clubs, würden die Heranwachsenden von den Shisha-Bars nicht abgewiesen.

Existenzängste verleiteten viele Shishabar-Betreiber dazu, Tabak steuerfrei und in großen Packungen auf dem Schwarzmarkt zu kaufen, sagt Kececi. "Die sehen das als einzigen Weg aus der Krise." Der Bundesverband Wasserpfeifentabak schätzt, dass illegaler Tabak mittlerweile einen Marktanteil von rund 80 Prozent hat.

"Wie ein Koks-Taxi"

Verkauft wird der illegale Tabak über Gruppen auf WhatsApp, Facebook oder Telegram. "Der Schwarzmarkt ist dabei leider sehr kreativ aufgestellt", sagt Folke Rega, Geschäftsführer des Bundesverbandes. Das funktioniere bereits seit den Corona-Lockdowns so. In Frankfurt seien ihm Fälle bekannt, in denen der Tabak dann "wie von einem Koks-Taxi" ausgeliefert werde.

Die Folgen können schlecht für die Gesundheit sein. Der unversteuerte Tabak wird oft in unhygienischen Zuständen in Kellern und Garagen hergestellt, teilt das Zollfahndungsamt Frankfurt mit. In beschlagnahmtem Tabak sei bereits Mäusekot festgestellt worden.

Boomt der Schwarzmarkt?

Für Kriminelle ist laut Rega der Handel mit dem Wasserpfeifentabak attraktiver als der mit Kokain geworden. Nicht nur weil die Gewinne höher seien. "Sie haben ein deutlich geringeres Strafmaß zu erwarten, wenn sie aufgegriffen werden."

Ein verdreckter Raum mit mehreren weißen Kanistern, Gaskartuschen und schwarzen Wannen mit Tabak
Bei einer Durchsuchung einer Untergrundfabrik stellte das Zollfahndungsamt Frankfurt 2022 über 400 Kilo illegalen Wasserpfeifentabak sicher. Bild © Zollfahndungsamt Frankfurt

Boomt der Schwarzmarkt tatsächlich? Für die Generalzolldirektion in Bonn ist keine Verstärkung der Aktivitäten mit illegal hergestelltem Shishatabak erkennbar. Das liege aber möglicherweise auch daran, dass seit der neuen Verpackungsordnung nicht ausreichend kontrolliert werde, vermutet Rega.

Das Zollfahndungsamt Frankfurt teilt mit, die Jagd auf unversteuerten Tabak habe einen hohen Stellenwert. Aktuelle Zahlen können die hessischen Behörden für 2023 noch nicht vorlegen.

"Das ist eine Wettbewerbsverzerrung", sagt Kececi über Konkurrenten, die mit dem günstigen Schwarzmarkttabak eine höhere Marge erzielen. Er selbst habe aber außer der Bar noch andere wirtschaftliche Standbeine. Denn aktuell gelte: "Glücklich wird man mit einer Shisha-Bar nur noch als Hobby."

Quelle: hessenschau.de