Freiwilliger Polizeidienst Warum dieser Pensionär mit Pfefferspray und Handy auf Streife geht

Der Freiwillige Polizeidienst soll den öffentlichen Raum sicherer machen. Gewerkschafter kritisieren: Das sollten Profis übernehmen und keine Hilfskräfte. Das Innenministerium sieht darin dennoch ein Erfolgsmodell und bildet weiter Anwärter aus. Wir haben mit einem gesprochen.

Freiwilliger Polizeidienst
Peter König hat sich für den Freiwilligen Polizeidienst ausbilden lassen und geht künftig in Osthessen auf Streife. Bild © Jörn Perske (hr)
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Des Geldes wegen geht Peter König seiner neuen Tätigkeit sicher nicht nach. Sieben Euro pro Stunde - und damit deutlich unter Mindestlohn (12 Euro) - bekommt der Mann aus Fulda künftig, wenn er als Hilfspolizist in Osthessen unterwegs ist. Königs Auftrag: Er soll als Freund und Helfer zum besseren Sicherheitsempfinden der Bevölkerung beitragen. Dafür geht er Streife, zum Beispiel in der Innenstadt und in Parks.

Das Geld spielt für König keine Rolle. "Für mich ein Ehrenamt - die Aufwandsentschädigung ist unwichtig. Ich habe eine gute Pension", sagt der ehemalige Zollbeamte und Bundeswehrsoldat. "Der Staat hat mir viel gegeben. Jetzt will ich etwas zurückgeben. Und meine Frau ist froh, wenn ich beschäftigt bin", sagt er mit einem Lächeln.

König hat sich - wie sechs weitere Frauen und Männer - für den Freiwilligen Polizeidienst gemeldet und in diesem Jahr ausbilden lassen. Am Freitag bekam er im Polizeipräsidium Osthessen seinen Dienstausweis ausgehändigt. Nun kann er seiner neuen "Berufung" nachgehen. Er sei stolz darauf, sagte er.

Rund 400 Helfer in über 100 Kommunen

Den Freiwilligen Polizeidienst gibt es seit mehr als 20 Jahren in Hessen. An einem Pilotprojekt beteiligten sich um die Jahrtausendwende vier Kommunen, darunter Fulda. Seitdem ist die Zahl der Hilfspolizisten stetig gestiegen. Rund 400 Menschen engagieren sich in mehr als 100 Kommunen, wie das Innenministerium in Wiesbaden mitteilte.

Doch das gesamte Konzepte wirft - neben der mickrigen Aufwandsentschädigung - Fragen auf. Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) kritisierte: Wo Polizei draufstehe, sollte auch Polizei drin sein. "Bürger in eine Uniform zu stecken und Streife laufen zulassen, ist keine Lösung." So sei der Personalmangel bei der Polizei nicht zu beheben.

Die Gewerkschaft betonte: Polizeiliche Aufgaben sollten von Profis erfüllt werden. Mit den Hilfspolizisten werde der Bevölkerung Sicherheit vorgegaukelt, aber nicht erhöht.

Bevölkerung profitiert von Helfern laut Studien

Das Ministerium sieht das anders: Der Freiwillige Polizeidienst sei "ein wesentlicher Baustein zur Stärkung des Sicherheitsgefühls der Bevölkerung". Auch der Sprecher des Polizeipräsidiums Osthessen ist davon überzeugt, dass die Hilfspolizisten einen Beitrag in der Sicherheitsstruktur leisten und das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung erhöhen.

Aktuelle Studien zum Effekt und Nutzen des Dienstes gibt es allerdings nicht. Die letzten Untersuchungen wurden vor rund zehn Jahren und früher unternommen. Daraus liest das Innenministerium Positives. Fazit: Seit Einführung zeige sich in Hessen in mehreren Studien, dass die Bevölkerung den Freiwilligen Polizeidienst akzeptiere und "als Stärkung des eigenen Sicherheitsgefühls wahrnimmt".

Helfer mit wenig Befugnissen

In der Praxis zeigen die jüngsten Erfahrungen laut Ministerium: Die Hilfspolizisten würden als "kompetente Ansprechpartner" geschätzt. Zu erkennen sind sie an der blauen Uniform mit der Aufschrift "Freiwilliger Polizeidienst".

Doch Neuzugang Peter König weiß auch: "Meine Eingriffsbefugnisse sind begrenzt." Er könne Platzverweise aussprechen. Etwa wenn es irgendwo Stress gibt und Streithähne zu trennen sind. Oder wenn Gaffer bei Notfällen eine Menschentraube bilden - dann kann er sie anweisen, den Einsatzorten zu verlassen und nicht zu stören.

Die wichtigste Aufgabe eines Hilfspolizisten ist es aber, den Bürgerinnen und Bürgern als Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen. Er soll Präsenz zeigen, sicherheitsrelevante Situationen erkennen und die Vollzugspolizei schnell informieren. Wenn nötig soll er selbst (Erste) Hilfe leisten.

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Befugnisse im freiwilligen Poizeidienst

Die Befugnisse im Freiwilligen Polizeidienst sind zum Beispiel:

  • Befragung und Auskunftspflicht
  • Erhebung personenbezogener Daten
  • Identitätsfeststellung und Prüfung von Berechtigungsscheinen (zum Beispiel von Straßenmusikern)
  • Sonderrechte nach der Straßenverkehrsordnung
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Die Einsatzgebiete sind Innenstadtbereiche, Bahnhofsvorplätze, Fußgängerzonen, aber auch an Schulen und in Wohngebieten, sowie bei Veranstaltungen, Festen und Märkten.

Bevor König zum Einsatz kommt, musste er eine rund 50 Stunden umfassende Ausbildung absolvieren. Auf dem Stundenplan standen unter anderem die Themen Recht, taktisches Verhalten, psychologische Grundlagen und Erste Hilfe. Eine Pistole führt König nicht mit. Zur Selbstverteidigung hat er ein Pfefferspray bekommen. Und ein Handy, um im Notfall Hilfe zu rufen.

Empathie ist gefragt

Während der Ausbildung hat der Fuldaer Koordinator des Freiwilligen Polizeidienstes, Özcan Yilmaz, darauf geachtet, dass die Anwärter zur Polizei passen. "Sie müssen sich so verhalten, wie es unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung entspricht." Sie sollen im Einsatz auch Empathie für ihre Mitmenschen entwickeln können. "Menschen, die impulsiv sind und draufhauen wollen, sind nicht geeignet für den Dienst", sagte König.

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Özcan Yilmaz koordiniert den Freiwilligen Polizeidienst im Präsidium Osthessen in Fulda. Bild © Jörn Perske (hr)

Für Koordinator Yilmaz sind die freiwilligen Helfer eine Ergänzung bei der Polizei und dienen als Entlastung. Wo Freiwilliger Helfer zur Verfügung stehen, können sich die Beamten anderen Aufgaben bei der Strafverfolgung und Prävention widmen, wie Yilmaz sagte.

König freut sich auf die Aufgabe: "Ich bin gern unter Menschen und möchte zur Sicherheit meinen kleinen Beitrag leisten." Wie lange der 64-Jährige noch tätig sein darf? Bis er 70 Jahre alt ist. Dann muss der pensionierte Zollbeamte diesen Job laut Reglement aufgeben - und endgültig in den Ruhestand gehen.

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Voraussetzungen für den Freiwilligen Polizeidienst

Unabhängig von der Staatsangehörigkeit kann sich bewerben, wer

  • mindestens 18 Jahre alt ist (Bewerbungen bis zum 65. Lebensjahr)
  • gesundheitlich fähig ist, die Aufgaben zu erfüllen
  • einen Schulabschluss oder eine abgeschlossene Berufsausbildung hat
  • die deutsche Sprache in Wort und Schrift beherrscht
  • mit seiner Gesamtpersönlichkeit der Polizei geeignet erscheint
  • zu keiner Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen verurteilt wurde      
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Sendung: hr4, 14.12.2023, 12.30 Uhr

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Quelle: hessenschau.de