Brunnen und kühle Orte Was Hessens Städte gegen Überhitzung unternehmen

Die Sommer werden immer heißer, besonders in den großen Städten wird es immer unangenehmer. Viele hessische Kommunen wollen dagegenhalten - mit verschiedenen Konzepten. Ein Überblick.

Ein Mann mit Hund plantscht in einem Brunnen auf dem Frankfurter Opernplatz.
Brunnen helfen bei der Abkühlung an heißen Sommertagen. Bild © Imago Images
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Die Hitzebelastung in Hessens Städten nimmt zu. Insbesondere seit Ende der 1980er Jahre hat sich die mittlere Sommertemperatur im Bundesland nach Angaben des Hessischen Landesamts für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) deutlich erhöht. "Es treten immer häufiger warme und sehr warme Sommer auf, und die heutzutage relativ kühlen Sommer sind im langjährigen Vergleich immer noch wärmer als mittlere Sommer in früheren Jahrzehnten", erklärte eine Sprecherin der Behörde.

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Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) warnte zuletzt, dass viele Städte ihre Bewohner nicht mehr vor extrem hohen Temperaturen schützen können, weil die Versiegelung der Flächen durch Bebauung und Verkehr zu hoch ist und weiter zunimmt. Sie erteilte deshalb insbesondere Frankfurt und Rüsselsheim die "rote Karte". Deutlich besser schnitten in dem Hitze-Ranking Bad Homburg und Marburg ab.

Welche konkreten Maßnahmen die Städte bisher ergriffen haben, um das hitzebedingte Gesundheitsrisiko der Bevölkerung zu senken und die Infrastruktur zu schützen, ist unterschiedlich. Die dpa hat eine Umfrage unter den Städten in Hessen gemacht - das sind die Ergebnisse:

Frankfurt schützt Infrastruktur und Bevölkerung

Im erwähnten Hitze-Ranking der Deutschen Umwelthilfe schnitt Frankfurt wegen der hohen Flächenversiegelung besonders schlecht ab. Es gibt also noch einiges zu tun, dennoch wurden bereits Maßnahmen gegen Überhitzung umgesetzt.

So werden exponierte Bahnschienen schon seit einigen Jahren mit weißer Farbe lackiert, um die Temperatur der Gleise zu senken. An heißen Sommertagen wurden nach Angaben der Stadtwerke Verkehrsgesellschaft Frankfurt am Main (VGF) an einigen Gleisen bis zu 60 Grad gemessen. Dadurch komme es zu Spannungen, sogenannten Gleisverdrückungen, die schlimmstenfalls zu einer Entgleisung von Zügen führen könnten. "Wir sind ebenso dazu übergegangen, Schaltkästen weiß zu streichen, da die Sonne auch die dort verbaute Technik erheblich aufheizt", erklärte ein VGF-Sprecher. 

Auch die Bevölkerung soll vor den Auswirkungen von Hitze auf die Gesundheit geschützt werden. Eine Sprecherin des Gesundheitsamts verweist auf eine interaktive Kühle-Orte-Karte für die Frankfurter Innenstadt. Sie zeigt jene Plätze an, an denen sich Abkühlung finden lässt. Seit diesem Jahr gebe es auch eine Hitze-Webseite, auf der weitere Informationen zu finden sind. 

Weiße Bahnschienen auch in Kassel

Die Kasseler Verkehrs-Gesellschaft (KVG) macht es wie in Frankfurt. Auch dort gibt es seit diesem Sommer weiße Bahnschienen, weil sich die Gleise in den längeren und heißer werdenden Sommern immer öfter verziehen. Die Folgen seien Verspätungen von Bahnen, weil sie über diese Stellen nur langsam fahren könnten. "Im schlimmsten Fall muss wegen der stark verformten Strecke der Betrieb eingestellt werden." 

In Kassel baut das Straßenverkehrsamt nach eigenen Angaben bereits seit Jahren aufgehellte Asphaltdecken ein und senkt dadurch die Temperatur an der Fahrbahnoberfläche um bis zu acht Grad. "Dies kommt zudem auch unserer Straßeninfrastruktur entgegen, da wir dadurch die Standfestigkeit der Asphaltschichten erhöhen und damit die Spurrillenbildung vermindern", erklärte ein Sprecher. 

Auch der Telefondienst Sonnenschirm ist in diesem Jahr in Kassel wieder aufgespannt. Dabei informiert der Seniorenbeirat der Stadt für den Service angemeldete Seniorinnen und Senioren kostenlos telefonisch über aktuelle Hitzewarnungen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) für Kassel. Zudem wird die Stadt dem Sprecher zufolge in diesem Jahr fünf Trinkwasserbrunnen aufstellen, in den drei Folgejahren sollen weitere entstehen.

Cooler Stadtplan in Gießen

In Gießen finden sich nach Angaben der Stadt die DWD-Hitzewarnungen aktuell auf allen ÖPNV-Infotafeln der Stadt und neuerdings zusätzlich in der Fußgängerzone auf zwei Info-Stelen. Ein roter Button weist demnach auf die Hitzewarnung hin. Bei Handkontakt öffnet sich eine Infoseite mit weiteren Informationen. Zudem wird bei einer akuten Hitzewarnung auch ein deutlicher Warnhinweis auf der Webseite der Stadt angezeigt.

Außerdem verschafft ein Stadtplan Abkühlung. Er weist unter anderem Schwimmbäder sowie kühle Parkanlagen, Spielplätze und Rückzugsgebäude aus. Auch Wasserstellen und Refill-Stationen, an denen man kostenlos Leitungswasser abfüllen kann, zeigt die Karte.

Screenshot: Cooler Stadtplan Gießen
Ein "Cooler Stadtplan" im Internet weist den Weg zu Orten der Abkühlung in Gießen. Bild © picture-alliance/dpa

Trinkwasserbrunnen und gratis Auffüllstationen in Hanau

Eine Auswahl an kühlen, grünen und schattigen Orten in der City hat auch die Stadt Hanau zusammengestellt. Dazu gehört beispielsweise ein großer Grünstreifen entlang der Kinzig, die durch das Stadtgebiet fließt, aber auch kleinere Anlagen und Parks sind darauf verzeichnet. Außerdem gibt es eine Übersicht mit kühlen Rückzugsräumen etwa am Rathaus, am Kinocenter Kinopolis und im Kulturforum.

Refill-Stationen gibt es überall dort, wo blaue Refill-Aufkleber am Fenster oder der Eingangstür darauf hinweisen - in Geschäften, Ämtern, Büros und Restaurants. Neu in diesem Jahr ist der erste öffentliche Trinkwasserbrunnen. Er liegt in einem schattigen Bereich am Rand des zentralen Freiheitsplatzes und soll in Kürze in Betrieb gehen.

Hitzeaktionsplan in Darmstadt

Gleich vier öffentliche Trinkwasserbrunnen gibt es Darmstadt, drei weitere sollen bis Ende des Jahres hinzukommen. Zudem wurde auch dort ein Netz mit Refill-Stationen aufgebaut. Alle teilnehmenden Geschäfte in der Innenstadt sind an einem Logo an der Eingangstür zu erkennen. In den nächsten Wochen soll nach Angaben der Stadtverwaltung ebenfalls eine Kühle-Orte-Karte veröffentlicht werden.

Die Stadt veröffentlichte Anfang Juli einen Hitzeaktionsplan. Er richtet sich an besonders gefährdete Gruppen wie Ältere, Obdachlose, Schwangere und Kleinkinder und gibt Tipps zum richtigen Verhalten in Hitzephasen.

Wasserspiele in Offenbach

In Offenbachs Innenstadt sorgt ab dem 8. August wie schon im Vorjahr ein Wasserspiel auf dem Aliceplatz für Abkühlung an heißen Tagen. Auf hundert Quadratmetern Fläche sind nach Angaben der Stadt 1.024 Düsen installiert, die Wasserfontänen mit bis zu vier Metern Höhe erzeugen. Abends leuchtet das Feld in verschiedenen Farben. Die Wasserqualität wird jeden Morgen vor Inbetriebnahme vom Stadtservice geprüft.

Städtetag fordert mehr Unterstützung

Der Hessische Städtetag forderte mehr Hilfe für die Kommunen bei der Umsetzung weiterer Hitzeschutzmaßnahmen. Da die Kommunen finanziell unterschiedlich aufgestellt seien, könnten sie nicht jede grundsätzlich sinnvolle Maßnahme umsetzen und müssten mit den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten umgehen. "Die Städte können nicht jede bauliche Situation auflösen", teilte der kommunale Spitzenverband mit. Das Land sei gefordert, diese zusätzliche Aufgabe bei der finanziellen Ausstattung der Kommunen zu berücksichtigen.

Zur Vorsorge sei es erforderlich, das Klima bei der strategischen Planung der Entwicklung einer Stadt zu berücksichtigen, erklärte der Städtetag. "Eine Maßnahme ist es dabei etwa, Frischluftkanäle offen zu halten, um die Möglichkeit der natürlichen Kühlung nicht auszuschließen." Die entsprechenden Maßnahmen seien neben neuen Bauvorhaben auch bei bestehenden Flächen zu ergreifen und in ihrer Bedeutung genauso wichtig wie eine Sanierung. "Dabei sind die Städte jedoch auf den öffentlichen Raum beschränkt." 

Auch die Bürger könnten zur Vorsorge beitragen, indem sie ihre Grundstücke möglichst mit Grünpflanzen versehen, die entsprechend resistent seien und Schatten spendeten.

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Redaktion: Nicolas Herold

Sendung: hr INFO,

Quelle: hessenschau.de, dpa/lhe