Aktuelle Infektionswelle Kliniken und Ärzte verlangen wieder Masken
Herbstzeit, Erkältungszeit: Aktuell steigen die Corona-Infektionszahlen und auch andere Atemwegserkrankungen mehren sich. Hausärzte fordern zum Maskentragen auf und wollen die Krankschreibung per Telefon wieder einführen. Einige Kliniken gehen noch weiter.
Draußen ist es nass und kühl, die Wartezimmer hessischer Arztpraxen sind voller hustender und schniefender Menschen. Auch die Kliniken registrieren eine steigende Zahl von Atemwegsinfektionen. Der Hausärzteverband appelliert deswegen an Patientinnen und Patienten, beim Arztbesuch freiwillig eine Maske zu tragen.
Zwar gebe es keine flächendeckende Maskenpflicht mehr, eine Maske zu tragen schütze aber die Patienten selbst und auch die Praxisteams. "Die Wirksamkeit von Masken zeigte sich während der Corona-Pandemie und ist inzwischen auch wissenschaftlich belegt", teilte der Hausärzteverband Hessen mit.
Vereinzelt wieder Maskenpflicht
Weiter gehen einige Kliniken in Hessen. Das Uniklinikum Gießen und Marburg (UKGM) hat bestehende Regelungen jüngst noch einmal verschärft: Es hat am Standort Marburg eine Maskenpflicht für Besucher, Patienten und Begleiter sowie Klinikmitarbeiter, die Kontakt zu Patienten haben, eingeführt. Zudem wurde die Anzahl der Besuchenden pro Patient auf täglich eine Person pro Stunde begrenzt.
In der Uniklinik Frankfurt besteht eine generelle Maskenpflicht in der Patientenversorgung. Diese diene dem Patientenschutz, insbesondere aber dazu, "umfangreiche Personalausfälle zu vermeiden und so kontinuierlich eine vollumfängliche Patientenversorgung gewährleisten zu können", schreibt die Klinik auf Anfrage.
Klinik: Beobachten Entwicklung genau
Am Klinikum Frankfurt Höchst müssen Besuchende FFP2-Masken tragen, am Klinikum Darmstadt ist die Maskenpflicht "auf gefährdete Bereiche" wie die Onkologie oder die Intensivstation beschränkt. Das Haus beobachte die Entwicklung der Fallzahlen genau und bespreche sich wöchentlich, teilt die Klinik mit. Eine generelle Maskenpflicht werde eingeführt, wenn es zu vermehrten Infektionsfällen und schweren Verläufen auch auf anderen Stationen komme.
Genau beobachten, je nach örtlicher Infektionslage entscheiden - das empfiehlt auch die Hessische Krankenhausgesellschaft: "Mit der nötigen Weitsicht, aber auch mit dem entsprechenden Verantwortungsbewusstsein und der Notwendigkeit sollte auf eine Maskenpflicht wieder verwiesen werden", schreibt sie auf Anfrage.
Kaum schwere Corona-Fälle
Die Kliniken verzeichnen dabei durchaus eine steigende Zahl von Patientinnen und Patienten mit einer SARS-CoV-2-Infektion, wobei darunter kaum schwere Fälle seien, wie etwa die Uniklinik Frankfurt berichtet.
Das spiegelt sich auch im so genannten ARE-Wochenbericht des Robert-Koch-Instituts (RKI) wider. Dieser fasst die derzeit zirkulierenden akuten Atemwegserkrankungen zusammen. Demnach machen den Menschen auch Rhinoviren sowie vereinzelt Parainfluenza, Adenoviren sowie RSV zu schaffen.
Nicht genug Erkenntnisse zu neuer Variante JN.1
Wie groß die aktuelle Corona-Welle ist, ist nicht mehr genau auszumachen, da kaum noch getestet werde, sagt der Frankfurter Virologe Martin Stürmer. Er verweist auf die SentiSurv-Studie aus Rheinland-Pfalz, bei der rund 10.000 Teilnehmende regelmäßig unabhängig von Symptomen auf Corona getestet werden. Hier liege die Inzidenz pro 100.000 Einwohner derzeit bei durchschnittlich 1.900.
Aufgrund vergangener Infektionswellen und der Impfungen sei das Immunsystem vieler Menschen auf das Virus eingestellt, so dass es weit weniger schwere Verläufe als in den vergangenen Jahren gebe, sagt Stürmer. Bislang hätten Forschende kaum Hinweise darauf, dass die aktuell zirkulierende Corona-Variante "Pirola" besonders gefährlich sei. Was die jüngst entdeckte Variante JN.1 angehe, gebe es noch nicht genug Erkenntnisse.
Praxen führen Infektionssprechstunden ein
Die Hauptlast der Infektionswelle tragen derzeit die Hausärzte, weiß Stürmer: "Wenn die Patienten mit Schniefnasen nebeneinander im Wartezimmer sitzen, dann gehen die Infektionen rum", sagt er.
Deswegen hätten viele hausärztliche Praxen vermehrt wieder Infektionssprechstunden eingeführt, schreibt die Kassenärztliche Vereinigung Hessen auf Anfrage. Maskentragen werde auf freiwilliger Basis vermehrt gefordert.
Verband: Telefon-Krankschreibung wieder einführen
Der Hausärzteverband fordert außerdem, die telefonische Krankschreibung für in den Praxen bekannte Patientinnen und Patienten kurzfristig wieder einzuführen. Das Verfahren habe sich bewährt. Die Möglichkeit, sich telefonisch krankschreiben zu lassen, war während der Corona-Krise eingeführt worden. Die Regelung war nach mehrmaliger Verlängerung am 1. April 2023 ausgelaufen.
Im Juni dieses Jahres hatte die Ampel-Koalition beschlossen, die Telefon-Krankschreibung wieder in die Regelversorgung aufzunehmen, allerdings erst ab März 2024.
"Können mit Infektion gut umgehen"
Martin Stürmer empfiehlt gefährdeten Menschen weiter die Impfung gegen Corona, sie sei auch bei den aktuell zirkulierenden Varianten wirksam. Auch für eine Grippeimpfung sei es nicht zu spät. Gefährdete Personen sollten sich außerdem überlegen, in geschlossenen Räumen eine Maske zu tragen.
Eine generelle Empfehlung zum Maskentragen in geschlossenen Räumen ist seiner Einschätzung nach nicht mehr unbedingt nötig: "Die meisten von uns können mit der Infektion inzwischen gut umgehen."