Sehnsucht und Hoffnung im Gefängnis Weihnachten hinter Gittern: "Emotionalste Zeit des Jahres"

Weihnachten ist für viele eine Zeit der Familie und Geborgenheit – für Inhaftierte in hessischen Gefängnissen wird die besinnliche Zeit aber oft zur Belastung. In der Frauen-JVA Frankfurt-Preungesheim wird versucht, den Insassinnen etwas Trost und Wärme zu geben.

Ein Weihnachtsbaum steht auf dem Flur von einem Gefängnis.
Ein Weihnachtsbaum steht auf dem Flur eines Gefängnisses (Symbolbild). Bild © picture alliance/dpa | Friso Gentsch
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Weihnachten – die Zeit der Familie, der Liebe, der Besinnlichkeit. Aber für die rund 3.000 Häftlinge in hessischen Gefängnissen kann gerade diese Zeit zur emotionalen Zerreißprobe werden.

"Prinzipiell ist Weihnachten sowohl für inhaftierte Männer wie Frauen die hoch emotionalste Zeit im Jahr", erklärte Christiane Weber-Lehr, katholische Gefängnisseelsorgerin in der Frauen-JVA Frankfurt-Preungesheim. Viele hätten Familie und eigene Kinder. Dann sei das Vermissen natürlich besonders schmerzlich. 

Adventszeit hinter Gittern: Briefe, Plätzchen und Gebete

Zur Adventszeit werden demnach etwa mehr Briefe geschrieben und Bilder gemalt. Auch Plätzchenbacken gehöre dazu. Die Besucherliste sei voll. "Es ist eine sehr gefühlsbetonte Zeit", so Weber-Lehr.

Außerdem spielen Gottesdienste an Heiligabend und den Feiertagen eine wichtige Rolle, um Emotionen aufzufangen und einen Ort für Besinnung zu schaffen, wie die Seelsorgerin erklärte. "Die meisten Frauen, so unterschiedlich sie sind, wollen gerne beten."

Kleine Gesten mit großer Wirkung

Jedes Jahr packen die Seelsorgerinnen und Seelsorger Päckchen für die Insassinnen. Mit der kleinen Geste wollen sie zeigen: Ihr seid nicht vergessen. "Besonders gefragt hier im Gefängnis sind Kaffee, Zucker und Tabak. Dann packen wir noch ein bisschen Schokolade rein und ein paar Nüsschen und so Sachen."

Eine Frau steht vor den Mauern eines Gefängnisses.
Die Gefängnisseelsorgerin Christiane Weber-Lehr steht vor den Mauern der Justizvollzuganstalt in Frankfurt-Preungesheim. Bild © picture alliance/dpa | Boris Roessler

Neben Weber-Lehr arbeiten noch eine evangelische Seelsorgerin sowie ein Pfarrer in dem Gefängnis. Außerdem gibt es eine muslimische Betreuerin und mehrere Psychologen, Pädagogen sowie Sozialarbeitende.

"Jede Tat hat ihre Geschichte"

250 Frauen sitzen derzeit in der Haftanstalt ein, einige mit ihren kleinen Kindern. "Im Gefängnis sieht man ein Abbild der Gesellschaft", erklärt Weber-Lehr. Die Gründe für ihre Haft reichen von Diebstahl über Drogenschmuggel bis hin zu Mord.

"Jede Tat hat ihre Geschichte", sagt Weber-Lehr. Sie wolle nicht ausschließen, dass es so etwas wie das Böse gebe, aber oft handele es sich auch um ein tragisches Schicksal. "Hinter jeder Tat steht ein Mensch, und der muss und will gesehen werden."

"Ich fühle mich wohl hier drin"

Für Weber-Lehr ist ihr Arbeitsplatz hinter Mauern und Stacheldraht zu einer Berufung geworden. Ursprünglich wollte die 61-Jährige "nicht in den Knast", wie sie selbst sagt. Doch dann habe sie darüber nachgedacht und zugesagt.

Mittlerweile schätze sie die Möglichkeit, mit Menschen in schwierigen Lebenssituationen zu arbeiten. "Ich weiß nicht, ob ich das sagen darf, aber ich fühle mich wohl hier drin."

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Weniger Häftlinge in Hessen

Die Zahl der Häftlinge in Hessen ist in den vergangenen 20 Jahren deutlich gesunken. Aus Daten des Statistischen Landesamtes geht hervor: Zum Stichtag am 31. März 2024 saßen 3.000 Erwachsene und Jugendliche in Gefängnissen - 2004 waren es knapp 3.950 Menschen, ein Rückgang von etwa 25 Prozent.

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Zu ihrer Arbeit gehören Einzelgespräche, der Austausch in größeren Gruppen und die Organisation von Gottesdiensten. Manchmal wolle eine Frau aber auch nur in den Arm genommen werden. Solche Momente seien vor allem während der Corona-Pandemie, als alle Besuche gestrichen wurden, häufiger vorgekommen. "Da hatte ich echt Tränen in den Augen", erzählt die Seelsorgerin.

Hilfe für Zeit nach der Haft

Internetzugang und Handys gebe es nicht. Den Frauen stehe aber eine monatliche Telefonzeit von etwa zwei Stunden zu. In der Regel dürften sie einmal im Monat für eine Stunde Besuch bekommen. Es gebe Arbeitsmöglichkeiten, etwa in der Großküche oder der Wäscherei.

Die ersten Wochen der Haft seien oft die schwersten. "Da spricht man vom sogenannten Haftschock", erklärt Weber-Lehr. Einsamkeit und Verzweiflung seien groß, das Leben draußen scheine unerreichbar fern. Aber auch kurz vor der Entlassung könne es zu einer enormen Unsicherheit kommen. 

Die Gedanken an das Leben nach den Mauern, an Job- und Wohnungssuche oder den Verlust sozialer Kontakte, machten vielen Angst. Hier greife der Verein Gefangenenhilfe ein, der seit 1950 ehemalige Häftlinge unterstützt. Er soll bei der Rückkehr ins Leben helfen, Perspektiven aufzeigen und kleine Hilfen geben, die den Alltag erleichtern.

Sinnfrage nicht nötig

Die Sinnfrage stelle sich bei ihrer Arbeit nicht, findet Weber-Lehr: "Wenn ich sehe, wie sich die Frauen in der Haft entwickeln, zu sich selbst finden und bestenfalls draußen ein neues stabiles Leben anfangen können, dann ist das sehr erfüllend."

Mit manchen habe sie nach deren Entlassung anfangs noch Kontakt. Aber, so sagt Weber-Lehr: "Sie müssen auch ins eigene Leben entlassen werden."

Redaktion: Emal Atif

Sendung: hr3,

Quelle: hessenschau.de, dpa/lhe