Nachtragshaushalt sieht Kürzungen vor Weniger Geld für Hochschulen: Hessenweite Proteste

Rund 34 Millionen Euro weniger Geld für die Hochschulen – das war eines der Ergebnisse des Nachtragshaushalts 2024. Beschäftigte und Studierende fürchten weitere Einschnitte. Hessenweit haben etwa 1.000 Menschen dagegen demonstriert.

Demonstrierende in Darmstadt mit DGB-Fahnen.
Protestzug in Darmstadt Bild © Uwe Gerritz (hr)
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Studierende und Uni-Beschäftigte protestieren gegen Kürzungen

Frauen protestieren
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"Für gute Bildung in diesem Land, Beschäftigte, Studis Hand in Hand." Das war einer der Slogans, die am Donnerstag durch die Darmstädter Innenstadt hallten, gerufen von rund 500 Studierenden und Beschäftigten der TU Darmstadt (TUD) als Protest gegen Kürzungen bei der Hochschulförderung durch die Landesregierung.

Rund 1.000 Demonstrierende in mehreren Städten

Nicht nur in Darmstadt gingen sie auf die Straße, weitere Demonstrationen und Kundgebungen fanden zeitgleich in anderen Städten statt. In Marburg und Frankfurt protestierten jeweils 200, in Kassel 100 Menschen.

"Das ist eine klare Botschaft an die Landesregierung: Die Studierenden und Hochschulbeschäftigten nehmen Kürzungen bei Bildung und Wissenschaft nicht hin, sie wehren sich gemeinsam", erklärte Gabriel Nyc, der bei Verdi Hessen für Hochschulen zuständig ist.

Kundgebungen in großen Städten

In Darmstadt starteten die Protestierenden ihre Demonstration am Karolinenplatz, wo sie sich um 12 Uhr versammelten und zum Friedensplatz marschierten. Von dort ging es nach einer Kundgebung weiter zum Ludwigsplatz, wo die Veranstaltung endete.

Demonstrierende an der Frankfurter Goethe Uni halten Plakate in die Luft.
Demonstrierende an der Frankfurter Goethe Uni. Bild © Luisa Schneider (hr)

"Ich bin hier, weil Bildung ein wichtiges Gut ist, das für alle zugänglich sein soll", sagte Studentin Fiona Beyermann. "Es wird einfach zu wenig in Bildung und zuviel in Rüstung investiert." Der Auszubildende Niklas Freitag ergänzte: "Vor dem Hintergrund der Inflation versuchen wir, dafür zu sorgen, dass die Leute ein normales Leben führen können."

34 Millionen Euro weniger für Hochschulen

Vergangenen Donnerstag hatte der Landtag mit den Stimmen der schwarz-roten Regierungskoalition den Nachtragshaushalt 2024 von Finanzminister Alexander Lorz (CDU) in dritter Lesung verabschiedet. Der neue Etat sieht deutlich weniger Geld für Hessens Hochschulen vor als der ursprüngliche Haushalt. Die Konferenz Hessischer Universitätspräsidien (KHU) beziffert die Differenz auf 34 Millionen Euro.

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Was den Hochschulen und Gewerkschaften aber wirklich Sorge macht, sind die kommenden Haushalte. "Allein die Tarifsteigerungen bringen ab 2025 Mehrkosten von 100 Millionen Euro im Jahr", heißt es in einer Pressemitteilung der Uni-Präsidien. "Diese Summe entspricht etwa 1.250 Stellen, die bislang nicht finanziert sind." Die Forderung lautet deshalb: 100 Millionen Euro mehr im kommenden Jahr und eine jährliche Steigerung von mindestens vier Prozent.

"Die Sorge an den Hochschulen ist groß, dass die Kürzungen zu Stellensperren, Schließung ganzer Abteilungen, weniger Leistungen in Forschung und Lehre führt", berichtete Mathis Heinrich vom Personalrat der Uni Marburg. Und Ludwiga Ellermeier-Block, Personalrätin an der TUD, sagte: "Wir fürchten, dass befristete Stellen nicht in unbefristete übergehen, dass Stellen wegfallen und die Arbeitsbelastung für die verbleibenden Kräfte weiter zunimmt."

Minister Gremmels: "Müssen gemeinsam im Dialog bleiben"

Neben Gewerkschafts- und Studierendenvertretern sprach auch Wissenschaftsminister Timon Gremmels (SPD) zu den Protestierenden. Er war wegen eines Termins auf seiner Sommertour zufällig in Darmstadt und stellte sich dem Protest. Verdi-Sprecher Daniel Behruzi zollte ihm dafür Respekt.

"Ich verstehe Ihre Demonstration als Rückenwind für gute Bildung und gute Arbeitsbedingungen an unseren Hochschulen", sagte der Minister. "Wir müssen gemeinsam im Dialog bleiben und uns um eine auskömmliche Hochschulpolitik kümmern", versuchte er Einigkeit mit den Demonstrierenden herzustellen.

Grüne kritisieren Wohnungsförderung "Hessengeld"

Er habe sich nach seinem Amtsantritt für weitere Stellenentfristungen und bessere Bezahlung studentischer Hilfskräfte stark gemacht, betonte Gremmels. Immerhin bekämen die Hochschulen im Vergleich zum Vorjahr noch immer rund 70 Millionen Euro mehr. Die Rahmenbedingungen seien aber schwierig.

Die grüne Landtagsabgeordnete Hildegard Förster-Heldmann widersprach. "Es ist nicht notwendig, bei der Bildung zu sparen", sagte sie. Sie verwies auf das sogenannte Hessengeld, eine Förderung von 10.000 Euro für den Kauf einer selbst genutzten Immobile. "Das ist ein reines Wahlkampfversprechen für gut Situierte."

Buh-Rufe für Weiß, Beifall für Wissler

Den Unmut des Publikums zog sich Gremmels' Parteikollege, der SPD-Landtagsabgeordnete Marius Weiß, mit seiner Rede zu. "Wir sind in Hessen nicht für Rüstung und Gewehre zuständig", konterte er entsprechende Aufschriften auf Transparenten.

Wer die Kürzungen bei den Hochschuletats nicht wolle, müsse sagen, woher das Geld kommen soll, sagte Weiß. Dann müsse man Einschnitte bei Lehrern, Justiz oder Polizei machen. Dafür wurde er ausgebuht, vereinzelt gab es "Lügner"-Rufe.

Viel Beifall erntete dagegen die Rede der Linken-Bundesvorsitzenden Janine Wissler. "Hier fehlt der politische Wille, das ist das Problem", sagte sie. Die Kürzungen seien eine "Sauerei gegen die Beschäftigten die soviel leisten." Man solle lieber reiche Erben vernünftig besteuern, anstatt die Menschen gegeneinander auszuspielen

Demokratie stützen, Fachkräftemangel entgegenwirken

Ein Argument der Kritiker ist auch , dass Bildung ein wichtiger Stützpfeiler der zunehmend unter Druck geratenden Demokratie sei. "An Bildung spart man nicht, gerade in der jetzigen Situation", hatte Verdi-Mann Nyc schon im Vorfeld der Demo gesagt. Eine breite Bildung sei eine wichtige Voraussetzung für die Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen, erklärte auch Studierendenvertreter Niklas Beick.

Proteste gegen Hochschulkürzungen in Kassel
100 Menschen haben in Kassel gegen Kürzungen der hessischen Hochschuletats demonstriert Bild © hr/Daniela Möllenkamp

Tobias Cepok, Referent der GEW für Hochschule und Forschung beim Landesverband Hessen, warnte außerdem vor den wirtschaftlichen Folgen eines unterfinanzierten Hochschulwesens. "Wenn die Hochschulen weniger Geld ausgeben können, hat das auch Auswirkungen auf die Standorte."

Angesichts des Fachkräftemangels sei es außerdem das falsche Signal, bei denen zu kürzen, die diese Fachkräfte ausbildeten, seien es nun Ärzte oder Lehrkräfte. "Wenn die Qualität der Ausbildung sich verschlechtert oder weniger Leute studieren, trägt das zum Fachkräftemangel bei", so Cepok.

Weichen für kommenden Hochschulpakt jetzt stellen

Den Studierenden und Hochschul-Beschäftigten geht es darum, jetzt die Weichen für den richtungsweisenden Hochschulpakt 2026-2030 zu stellen, über den demnächst zwischen den Hochschulen und der Landesregierung verhandelt wird. Dafür wollten sie mit ihrem Protest ein klares Zeichen setzen.

"Unsere Erwartung wäre, dass in Zukunft ein bisschen mehr Flexibilität reinkommt, dass zumindest die Lohnsteigerungen abgedeckt sind", sagte Nyc. Mit dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst sei der Aufbau unbefristeter Beschäftigungen vereinbart worden. "Das wollen wir auch im Hochschulpakt wiederfinden." Und Student Beick ergänzte: "Wir erwarten von Herrn Gremmels, dass er sich gegen den Finanzminister durchsetzt."

Weitere Informationen

Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 18.07.2024, 19.30 Uhr

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Quelle: hessenschau.de