Immer weniger Steuereinnahmen Bistum Mainz verkauft massenhaft Immobilien
Das Bistum Mainz besitzt rund 1.700 Immobilien. Knapp die Hälfte davon soll bis 2030 verkauft werden. Das betrifft auch Kirchen, Gemeindehäuser und Pfarrämter in Hessen.
Wer in Bad Orb (Main-Kinzig) dem lieben Gott ein Stückchen näherkommen will, kann das gut in der ehemaligen katholischen Kirche St. Michael tun. Die nämlich wird aktuell zu einer Boulderhalle umfunktioniert. Ist der Umbau abgeschlossen, wird man knapp vier Meter an den Kletterwänden emporkraxeln können.
Weil die Kirche leer stand, kauften zwei Unternehmer dem Bistum Fulda das Gebäude ab und hoffen nun drauf, dass fortan Boulder-Fans aus ganz Hessen nach Bad Orb pilgern.
Eine solch spektakuläre Profanierung, also Entweihung und Umfunktionierung einer Kirche, steht beim Bistum Mainz aktuell nicht an. Doch auch das Bistum Mainz, dessen Gemeinden zu gut drei Vierteln auf hessischem Boden liegen, wird Gebäude veräußern müssen.
Aus 300 Pfarrhäusern werden 46
"Es ist in allen katholischen Diözesen und auch den evangelischen Landeskirchen so, dass man merkt, dass uns die Kleider zu groß sind", sagt Pressesprecher Tobias Blum. Im Falle des Bistums Mainz bedeutet das: Rund die Hälfte der 1.700 Immobilien soll verkauft werden.
"In erster Linie betrifft das Pfarrhäuser und Gemeindesäle", sagt Blum. Im Zuge des "pastoralen Weges", einer Art Neuausrichtung der Organisation des Bistums, werden die bisher etwa 300 pastoralen Einheiten zu nur noch 46 zusammengelegt.
"Wenn aus über 300 Pfarreien aktuell 46 werden, dann stellt sich natürlich die Frage, was man mit den überzähligen Pfarrhäusern macht." Da das aber ein dezentraler Prozess sei, bei dem die Gemeinden für sich entscheiden, welche Immobilie verkauft wird, sei auch nicht zu beziffern, wie viele Kirchengebäude in Hessen demnächst auf den Markt kommen.
Weniger Mitglieder = weniger Einnahmen
Grund für die Sparmaßnahmen sind schwindende Einnahmen der Kirchen. Die Zahl der Gemeindemitglieder sinkt Jahr für Jahr, 2022 traten mit über 31.000 so viele Hessen wie nie zuvor aus der katholischen Kirche aus, 2023 waren es über 26.000.
"Weniger Gemeindemitglieder bedeuten weniger Kirchensteuereinnahmen, und das bedeutet weniger Geld für die Erhaltung von Gebäuden", so Blum. "Es gibt keine Landeskirche, ob katholisch oder evangelisch, in der das nicht ein aktuelles Thema ist."
50 Millionen Euro Einsparungen pro Jahr
Bei der Finanzplanung sei man "an einem Punkt, der eine andere, weitreichendere Vorgehensweise erforderlich macht", hieß es entsprechend vor wenigen Tagen im Wirtschafts- und Investitionsplan des Bistums Mainz für 2025.
Zwar habe man bereits in den vergangenen fünf Jahren gespart und für Einsparungen sensibilisiert. In einem zweiten Schritt müsse es nun aber "durch Reduktion von Leistungen, Verkauf von Immobilien und Absenkung der fixen Kosten" zu weiteren Einsparungen kommen. Schon im Jahresbericht 2023 hieß es, dass man für einen soliden Haushalt schrittweise rund 25 Prozent der Ausgaben einsparen müsse, bis zum Jahr 2030 bedeuten das mindestens 50 Millionen Euro pro Jahr.
Mit den Sparmaßnahmen steht das Bistum Mainz nicht allein da, 2023 zeigte eine von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und des katholischen Verbands der Diözesen Deutschlands (VDD) in Auftrag gegebene Studie, dass sich beide Kirchen in den nächsten Jahrzehnten von etwa 40.000 Immobilien werden trennen müssen, rund ein Drittel des Gesamtbestandes.
Zehn Prozent der Kirchen betroffen
Immerhin: Kirchen sollen nur im Ausnahmefall aufgegeben werden, Einsparungen anders als bei Pfarrheimen oder anderen Gebäuden zunächst über eingeschränkte Nutzung erreicht werden. Zumal gerade hier der Prozess für die Gemeinde besonders schmerzhaft sein könne.
"Wir gehen davon aus, dass selbst wenn wir die Hälfte der Gebäude abgeben, nur etwa zehn Prozent der Kirchengebäude geschlossen oder abgegeben werden", sagt Blum. Eine gute Nachricht für hessische Kirchgänger, eine weniger gute für Boulder-Fans oder andere potentielle Immobilienkäufer.