Christopher Street Day Wie ein "Junge vom Dorf" beim Frankfurter CSD eine Familie fand
Am Wochenende werden in Frankfurt wieder tausende Menschen auf dem Christopher Street Day erwartet. Unter ihnen wird auch Max Klink sein - zum ersten Mal als Teil des Orga-Teams. Dabei wusste er lange nicht mal, was das Wort "schwul" bedeutet.
An seinen ersten Christopher Street Day (CSD) erinnert sich Max Klink noch genau: Mit der besten Freundin habe er sich vor etwa sieben Jahren in den Zug gesetzt, um aus seinem kleinen Heimatdorf Wilsenroth (Limburg-Weilburg) zur großen Pride-Demonstration nach Frankfurt zu fahren.
In der Großstadt sieht "der Junge aus dem Dorf", wie er sich selbst rückblickend bezeichnet, zum ersten Mal die farbenfrohe, feiernde und demonstrierende Menschenmasse. "Es war unbeschreiblich schön, auch die Zeit danach", sagt der heute 24-jährige Klink.
Farbenfrohe Menschenmasse bestärkt in eigener Sexualität
Auf dem Dorf habe er in der Kindheit und Jugend keine queeren Vorbilder gehabt. Als er irgendwann merkte, dass er sich weniger für Mädchen interessierte als die anderen Jungs in der Mittelstufe, habe er zunächst nicht einmal gewusst, was der Begriff "schwul" bedeutet. Lange habe er sich allein gefühlt und Angst gehabt, jemand würde "das große Geheimnis" erfahren.
Jahre später zu sehen, wie sich die Menschen auf dem CSD in Frankfurt frei bewegen und sich so zeigen, wie sie sind, habe ihn bestärkt - obwohl er zu diesem Zeitpunkt schon längst offen schwul lebte. Er habe sich "so viel wohler" mit seiner eigenen Sexualität gefühlt und gemerkt: "Das sollte gar kein Problem mehr sein, und das war an diesem Tag auch kein Problem für uns alle, einfach eine schöne Zeit dort zu haben."
Heute organisiert Klink den CSD mit
Weitere knapp sieben Jahre später ist Max Klink nun selbst Teil des Orga-Teams für den Frankfurter CSD. Seit Monaten laufen die Vorbereitungen und regelmäßigen Treffen der Gruppe. Am Donnerstag beginnt das Rahmenprogramm, am Samstag folgt als Höhepunkt der Demonstrationszug durch die Stadt.
Aus einem alten Pappkarton hat Klink für den Demo-Zug schon ein Schild gebastelt. "Wir sind extrem", steht darauf in schwarzer Schrift, darunter in roter Schrift: "liebevoll!!!" Es ist das diesjährige Motto des Frankfurter CSD.
Motto als Reaktion auf Repressionen in Russland
Was dahinter steckt? Im November 2023 erklärte der Oberste Gerichtshof Russlands die internationale LGBTQ+-Community als "extremistisch" und schränkte damit die Rechte schwuler, lesbischer und anderer queerer Menschen in dem Land weiter massiv ein. "Wir haben uns das jetzt zu eigen gemacht und umgedreht, indem wir sagen: Ja, wir sind extrem - aber nicht, wie ihr denkt, sondern wir sind extrem liebevoll", erklärt Max Klink.
Nicht nur in den Ländern, in denen schwule, lesbische, bisexuelle, trans oder andere queere Menschen noch keine Rechte hätten, sei der Kampf der LGBTQ*+-Community weiter wichtig, betont der mittlerweile fertig ausgebildete Immobilienkaufmann. Auch in Frankfurt müssten die Rechte queerer Menschen weiter gefestigt werden.
Queerfeindliche Aussagen im Klassenzimmer
Dass sei ihm während seiner Zeit an der Berufsschule noch eindringlicher vor Augen geführt worden, als er es in seinem Heimatort erlebt hatte. "Während der Ausbildung hatte ich das erste Mal in meinem Umfeld Leute, die wirklich sehr konservative Ansichten im typischen Stammtisch-Sprech von sich gegeben haben", sagt Klink.
Einmal sei etwa das damalige Transsexuellengesetz Thema im Politikunterricht gewesen. "Da sind sehr schlimme und krasse Aussagen gemacht worden, gegen die ich dann natürlich was gesagt habe", erinnert er sich. "Die Reaktion war nur Gelächter in der Klasse. Ich wurde nicht für voll genommen."
Klink: "Ich brauchte einen Ausgleich, etwas Positives"
Die Tage an der Berufsschule hätten ihn runtergezogen, traurig gemacht und frustriert. "Ich brauchte einen Ausgleich, irgendwas Positives, wo ich etwas für die Community tue." Passend kam da der Aufruf des Frankfurter CSD-Teams, das Unterstützung suchte.
Klink schloss sich dem Team an, ging zu den monatlichen Treffen, kümmert sich nun um den Social-Media-Auftritt des Vereins, den er mittlerweile als "eine große Familie" bezeichnet. Am Samstag wird er dann zum ersten Mal statt in seinem üblichen, bauchfreien Party-CSD-Outfit dann im Orga-Shirt beim Demonstrationszug dabei sein.
Fröhlich durch die Straßen ziehen und für queere Rechte kämpfen
Wenn er über den CSD spricht, betont Klink immer wieder, dass es eine Demonstration sei - nicht etwa eine Parade, auch wenn viel gefeiert werde. Schließlich sei der Ursprung des CSD der Kampf um Rechte der queeren Community.
Und darum gehe es noch immer: "Fröhlich durch die Straßen zu ziehen, sein Schild hochzuhalten und für Sichtbarkeit und Rechte - die eigenen, oder die der anderen - zu kämpfen."