Tausende nach Semesterstart noch auf der Suche Wohnraum-Mangel wird Studierende noch monatelang stressen

Suchst du noch oder wohnst du schon? Eine Unterkunft zu finden, ist für viele Studierende auch nach dem Semesterstart das Top-Thema. Immerhin: Obwohl Wohnheimplätze und allgemein bezahlbare Wohnungen hart umkämpft sind, gibt es Möglichkeiten.

Aushang mit der Aufschrift: "Suche bezahlbare Wohnung"
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Der Wohnraum-Mangel für Studierende in Hessen hat Daniel Rohr-Pombo schon Nerven gekostet. Der 18-Jährige wollte die Suche nach einem Zimmer an seinem Studienort Marburg entspannt angehen. "Doch dann wurde es mit zunehmendem Zeitdruck stressig", berichtet der Wiesbadener.

Mehr als 60 Bewerbungen schrieb Rohr-Pombo, er stand oft in langen Schlangen bei Besichtigungen. Er bekam viele Absagen und häufig gar keine Antworten auf schriftliche Anfragen.

Dabei hat der Studienanfänger keine hohen Ansprüche, wie er betont: "Zimmer, ordentliches Bad, kleine Küche - reicht." Hauptsache, kein Schimmel in der Bude. "Da hat man schon einiges gesehen." Nach sechs Wochen intensiver Suche hatte Rohr-Pombo dann Erfolg und eine Bleibe in Marburg. Dort studiert er Soziologie und Philosophie. Sein Resümee bei der Suche: "Man braucht Motivation und auch Glück."

Lange Wartelisten und Not-Unterkünfte

Erfahrungen wie Daniel Rohr-Pombo haben zum begonnenen Semester viele Studierende in Hessen gemacht. In einigen Städten ist der Wohnraum-Mangel massiv, wie eine stichprobenartige Umfrage von hessenschau.de ergab. Die Wartelisten der Studierendenwerke sind lang. In Frankfurt fehlen mindestens 3.100 Unterkünfte, in Darmstadt 2.370, in Kassel 500, in Fulda 360 und in Marburg 100.

Wohnraum-Mangel für Studierende in Marburg
Über Wohnraum-Mangel für Studierende in Marburg weiß auch Erstsemester Daniel Rohr-Pombo einiges zu berichten. Bild © Alexander Gottschalk (hr)

Wer nichts vor Ort bekommt, kann vorübergehend in eine Not-Unterkunft. Allein in der Uni-Stadt Marburg mit ihren über 21.000 Studierenden gibt es rund 50 davon, wie Franziska Busch vom Studierendenwerk sagt. Sie befinden sich etwa in Gemeinschaftsräumen von Wohnheimen.

Weil die Nachfrage nach einem Bett und einem Dach über dem Kopf immens sei, werde es noch Wochen dauern, bis alle Studierenden mit einer Unterkunft versorgt seien, schätzt Busch. Mit einer Entspannung des Marktes rechnet sie erst im Januar. Ähnlich war die Situation im vorigen Jahr.

Lage laut Studie drastisch verschlechtert

Angesichts gestiegener Immatrikulationszahlen nach den Corona-Jahren hat sich die Lage zugespitzt. Denn nun suchen wieder mehr Menschen nach einer Wohnung, einem WG- oder einem Studentenwohnheim-Zimmer.

Die Situation auf dem Wohnungsmarkt habe sich für Studierende drastisch verschlechtert, heißt es im Studentenwohnreport 2023. Die Autoren untersuchten die Probleme bei der Suche und die Kosten in 38 Hochschulstädten bundesweit. Fazit: Das Angebot ist rar, Mieten und Nebenkosten sind zudem gestiegen.

Für vergleichbare Wohnungen und WG-Zimmer in den Städten müssen die Bewerber demnach in Frankfurt am tiefsten in die Tasche greifen. Für eine 30-Quadratmeter-Wohnung oder ein 20 Quadratmeter großes WG-Zimmer in Uni-Nähe müssen Studenten der Goethe-Uni oder der University of Applied Sciences fast 700 beziehungsweise fast 500 Euro aufbringen.

Auch Darmstadt mit der Technischen Universität oder der Hochschule Darmstadt ist unter den Top Ten. Dort sind es rund 570 beziehungsweise 420 Euro, die Studierende für die oben genannten Beispielunterkünfte ausgeben müssen.

Wenn die Armutsgrenze näher rückt

Die gestiegenen Kosten bereiten dem Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) in Marburg Sorgen. "Über 30 Prozent der Studierenden leben unter der statistischen Armutsgrenze. Wenn Studierende nicht mehr als 25 Prozent ihres Einkommens für Miete zahlen wollen, dann dürfte die Miete eigentlich nicht über 240 bis 260 Euro liegen. Und das ist eigentlich fast nirgendwo mehr der Fall", sagt eine Sprecherin des Marburger AStA.

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Das Studierendenwerk in Darmstadt gibt Suchenden den Tipp, den Radius zu vergrößern. "Viele wollen nahe an der Uni wohnen. Die Nachfrage in Darmstadt ist deswegen riesengroß." Kein Wunder bei mehr als 40.000 Studierenden in der Stadt. Das Werk empfiehlt daher: Auch in der Peripherie und Orten wie Griesheim oder Weiterstadt im Landkreis Darmstadt-Dieburg gebe es Optionen. "Das sind zumutbare Entfernungen. Und verkehrlich gut angebunden ist man dort auch."

In Kassel bietet sich ein ähnliches Bild. "Insbesondere im direkten Umfeld der Hochschul-Standorte fehlen bezahlbare Ein- und Zwei-Zimmer-Wohnungen ebenso wie WG-taugliche größere Wohnungen", bilanziert das dortige Studierendenwerk.

Appell an Landesregierung

Die Studierendenwerke in Hessen appellieren an die Landtagsparteien, die Belange der Studierenden stärker in den Blick zu nehmen. Das gelte besonders für die anstehenden Koalitionsverhandlungen einer neuen Landesregierung.

Ihre Forderung: Das Land und die Kommunen sollen den Werken kostenlos Grundstücke zur Verfügung stellen, damit neue Wohnheime gebaut werden können.

Der AStA in Frankfurt kritisiert: Über das Studierendenwerk erhielten nur etwa fünf Prozent der Studierenden an den Standorten Frankfurt, Offenbach, Rüsselsheim und Wiesbaden einen Wohnheimplatz. Das Ziel des Landes Hessen liege aber bei zehn Prozent.

Daher müsse rasch eine Verdoppelung der Plätze im Rhein-Main-Gebiet her, fordert der AStA. Besonders im Rhein-Main-Gebiet ist die Konkurrenz groß. Denn Berufspendler suchen nach ähnlichen Mietobjekten wie Studierende.

Bedarf lange unterschätzt

Zur Ursache für den Wohnraum-Mangel gibt das Studierendenwerk Frankfurt zur Auskunft: "Der Bedarf wurde viele Jahrzehnte lang unterschätzt, und die Neubauförderung hat bis heute nicht den notwendigen Stellenwert. Es fehlen weiterhin Grundstücke und Zuschüsse für weitere Wohnheime." 4.000 zusätzliche preisgünstige Wohnheimplätze seien im Rhein-Main-Gebiet nötig, so die Einschätzung.

Das Land Hessen hat dabei nach eigenen Angaben die Wohnheimquote bereits stark verbessert. Seit dem Jahr 2013 seien knapp 2.600 neue und vom Land geförderte Wohnheimplätze geschaffen worden. Doch das ist den Studierendenwerken viel zu wenig.

Weitere Informationen

Keine Bude: Was tun?

Auf den Internetseiten der Studierendenwerke in Frankfurt, DarmstadtGießenKassel und Marburg gibt es Informationen für die Suche nach einer Unterkunft. Bei den meisten gibt es wie etwa in Gießen auch wissenswerte Fragen & Antworten. Zudem gibt es noch Wohnungsbörsen.

Ende der weiteren Informationen

Quelle: hessenschau.de/Stefanie Küster/Uwe Gerritz, Alexander Gottschalk, dpa/lhe