Zu spät, zu voll, zu unsicher Neue Schulbusse im Werra-Meißner-Kreis sorgen für Frust
Was passiert, wenn der Bus zu spät oder gar nicht kommt, erleben Kinder und Eltern im Werra-Meißner-Kreis seit dem Fahrplanwechsel. Es hakt es an allen Ecken und Enden. Bisheriger Höhepunkt: eine offene Tür während der Fahrt.
Jeden Morgen läuft Isabell von Drach von ihrem Zuhause im Großalmeröder Ortsteil Rommerode 200 Meter bis zur nächsten Bushaltestelle. Von hier aus fährt die Zehnjährige mit der Linie 205 bis zu ihrer Schule in der Stadt im Werra-Meißner. Für die vier Kilometer Strecke hat der Bus laut Fahrplan sieben Minuten Zeit.
Kommt der Bus pünktlich? Passen alle Kinder rein? Diese Fragen bewegen die Schülerin jeden Morgen. Seit einem Vorfall vor gut einer Woche ist das Mädchen zusätzlich verunsichert: Eine der hinteren Türen war kaputt - sie ließ sich nicht mehr schließen. Der Busfahrer ist trotzdem gefahren: mit offener Tür, bei Kälte und mit einem Bus voller Kinder.
Lieber früher ausgestiegen
Sie habe das "gruselig gefunden", erinnert sich Isabell, denn "man kann da ja auch rausfallen". Die Fahrt hat ihr Kumpel Moritz auf Video festgehalten. Die Kinder entschieden wegen der kaputten Tür, früher auszusteigen und nach Hause zu laufen.
Bei vielen Eltern liegen die Nerven blank. Jeder Morgen, jede Fahrt zur Schule bedeutet für die Eltern Unsicherheit, manche orten ihr Kind per Handy und gucken, ob es auf dem Weg zu Schule ist. Wenn nicht, springen Väter oder Mütter häufig als spontanes Elterntaxi ein.
Isabells Mutter Claudia von Drach hat jeden Morgen nur einen Gedanken: "Klappt es oder klappt es nicht?" Vor allem montags sei der Bus häufig zu spät - deshalb wird Isabell an diesem Tag mit dem Auto gebracht. Aber nicht nur im Werra-Meißner-Kreis - auch in anderen hessischen Landkreisen gibt es immer wieder Ärger mit überfüllten und verspäteten Schulbussen.
Unterricht kann nicht pünktlich starten
Im Werra-Meißner-Kreis wird die Strecke seit dem Fahrplanwechsel am 10. Dezember von einem anderen Busanbieter als bisher bedient, nämlich die Bussparte der DB Regio. Bei der vorgeschriebenen europaweiten Ausschreibung erhielt das überregional agierende Unternehmen den Zuschlag und nicht der bisherige Busdienst aus der Region.
Vom Anbieterwechsel und den Folgen sind die Hälfte der 500 Schülerinnen und Schüler der Valentin-Traudt-Schule in Großalmerode betroffen. Für Schulleiter Christoph Matt ist eine verlässliche Busverbindung zwingend. Auch weil der Schulweg Teil der persönlichen Entwicklung von Schülerinnen und Schülern sei.
Dazu hätten die ständigen Verspätungen Auswirkungen auf den Beginn des Unterrichts. Häufig könne das, was geplant war, so nicht stattfinden - und so müsse man erst alten Stoff wiederholen statt mit etwas Neuem zu beginnen, bis die Klasse komplett sei, so Matt. Dazu führe der Trubel beim Schulweg zu einer Unsicherheit bei den Schülerinnen und Schülern, "die sie in den Unterricht reintragen".
Betreiber gelobt Besserung
Die Probleme sind beim Bus-Betreiber DB Regiobus Mitte bekannt. Man habe nach den ersten Anlaufschwierigkeiten nachgesteuert, um diese abzustellen, so eine Bahnsprecherin. Dazu seien einige Fahrer noch einmal nachgeschult worden. Doch die Aufnahme der neuen Buslinien sei gerade zu Beginn "eine Herausforderung für alle Beteiligten".
Auch beim NVV sind die Beschwerden von Eltern und Schule angekommen. Sprecherin Judith Féaux de Lacroix betonte, es sei selbstverständlich das Ziel, dass der Verkehr glatt laufe. Den Fahrplan habe man nach den ersten Meldungen aus der Schule nachjustiert. Eine Analyse der Daten zeige, dass sich die Situation weiter verbessere. Es gebe im Werra-Meißner-Kreis "kein flächendeckendes Chaos".
Busfahrer freigestellt
Anders sieht es Joachim Damen-Lux, der Kreiselternbeiratsvorsitzende und Schulelternbeiratsvorsitzende der VTS. Die Situation in der Schulkind-Beförderung im Werra-Meißner-Kreis sei "eine reine Katastrophe", sagt er. Den Vorfall mit der offenen Bustür hat der Kreiselternbeirat zur Strafanzeige gebracht - mit Folgen für den Fahrer.
Wie die Deutsche Bahn schriftlich mitteilt, habe der Busfahrer die Sicherheitseinrichtung im Fahrzeug "ohne Rücksprache mit der Leitstelle oder einer anderen verantwortlichen Person manuell überbrückt" und sei weitergefahren. Dies sei "ein schweres Vergehen und somit nicht hinnehmbar”, der Fahrer sei umgehend freigestellt worden und erhalte die Kündigung.
Übrigens ist es nicht das erste Mal, dass es im Werra-Meißner-Kreis mit dem Schulverkehr hakt. Auch 2015 und 2016 gab es Probleme mit einzelnen Busverbindungen, Schülerinnen und Schüler kamen zu spät zum Unterricht. Damals bediente noch das Busunternehmen aus der Region die Linien.
Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 30.1.2024, 19.30 Uhr
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