175 Jahre Paulskirche Diese Revolutionärinnen und Revolutionäre sollten Sie kennen

Wer waren eigentlich die Menschen, die 1848 für eine neue demokratische Ordnung kämpften? Eine neue Buchreihe und eine Installation im Frankfurter Römer stellen zum Paulskirchenjubiläum einige Persönlichkeiten vor. Diese sechs stechen besonders hervor.

Zwei Männer und eine Frau aus historischen Gemälden
Carl Schurz, Emma Herwegh und Robert Blum (v.l.) stehen exemplarisch für die Demokraten der Paulskirchenversammlung. Bild © Nachlass Herwegh, Andreas Zimmermann Fotografie, Wikimedia, hr
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Der Märtyrer: Robert Blum (1807 - 1848)

Robert Blum wird am 10. November 1807 in Köln geboren. Seine Familie ist arm, sodass er schon früh arbeiten muss, um die Familie zu unterstützen. Seine Zeit als Gasthörer an der Universität Berlin bringt ihn mit bekannten Denkern zusammen, die sein politisches Weltbild prägen. 

Ab 1832 ist Blum als Theatersekretär in Leipzig tätig und wird zunehmend politisch und publizistisch aktiv. Er kämpft um Meinungs- und Pressefreiheit sowie für soziale Gerechtigkeit und eine geeinte Republik, prangert Justizverbrechen und das gesamte Gerichtswesen an.  

Bei einem Besuch des sächsischen Prinzen 1845 ist er es, der die aufgebrachten Menschen, die gegen den unbeliebten Monarchen demonstrieren, zur Besonnenheit ermahnt. Sein Einsatz macht ihn zum Wortführer der radikalen Demokraten und verschafft ihm landesweit Aufmerksamkeit. Noch im selben Jahr wird er in Leipzig zum Stadtverordneten gewählt und drei Jahre später in die Nationalversammlung nach Frankfurt geschickt, wo er sich als prominentester Führer der demokratischen Linken etabliert. 

Zitat
Ich sterbe für die Freiheit, für die ich gekämpft. Möge das Vaterland meiner eingedenk sein. Zitat von Letzte Worte Robert Blums
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Der Versuchung, sich im Oktober 1848 einem Aufstand in Wien anzuschließen, kann Blum nicht widerstehen. Doch der Aufstand wird niedergeschlagen und Blum wenige Tage später von kaisertreuen Truppen in Wien hingerichtet, obwohl er eigentlich als Abgeordneter Immunität genießen sollte.

Besonders Studenten, Arbeiter und Demokraten reagieren mit Empörung darauf. Seine Hinrichtung machte ihn zum Märtyrer einer ganzen Generation.

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Gedenken an Robert Blum

In Frankfurt ist eine Grundschule im Stadtteil Hoechst nach Robert Blum benannt. Gleichnamige Straßen gibt es in Frankfurt und Hanau. In Karben-Petterweil erinnert ein Gedenkstein an einen Auftritt Blums im Juli 1848.

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Die Kämpferin: Emma Charlotte Herwegh (1817 - 1904)

Emma Charlotte Siegmund wird am 10. Mai 1817 in Magdeburg geboren. Zwar genießt sie als Tochter einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie viele Privilegien, kritisiert trotzdem schon als junge Frau die höhere Gesellschaft, in der sie aufwächst, und die "Duckmäuser", die in ihr leben.  

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Mit 25 verlobt sie sich mit dem revolutionären Dichter Georg Herwegh, in den sie sich über seine Schriften "aus der Ferne" verliebt hatte. Wahrscheinlich ist es auch sie, die den Heiratsantrag stellt. "Sie war emanzipiert, ehe es diesen Gedanken überhaupt gab", meint die Schriftstellerin Elke Heidenreich. Als ihr Ehemann als "Aufwiegler" verbannt wird, geht Herwegh mit ihm ins Exil. Sie knüpft Kontakte zu revolutionären Kreisen und verstößt mit ihrem Auftreten gegen sämtliche Konventionen: Sie reitet, schießt, raucht und hält mitreißende Reden. 

Zitat
Es gibt Stunden, Tage, wo ich alles hingeben möchte, ein Mann zu sein. Alles, damit ich so auftreten könnte, wie’s die innere Stimme mich heischt und der Frauenrock mir verbietet. Zitat von Aus dem Mädchentagebuch von Emma Herwegh
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Als im Frühjahr 1848 die Revolution in Deutschland ausbricht, schließt sie sich als einzige Frau unter 850 Freiheitskämpfern der "Deutschen Demokratischen Legion" an, um die Badische Revolution zu unterstützen. Nach dem Scheitern der Revolution entgehen Emma und Georg Herwegh nur knapp dem Tod, indem sie sich als Bauernpaar verkleidet auf die Flucht begeben. Es folgen weitere Jahre im Exil. 

Ihren Ehemann, der 1875 an einer Lungenentzündung stirbt, überlebt Emma um beinahe 30 Jahre. Mit 86 Jahren stirbt Emma Herwegh in Paris. Ihr Traum von einem einheitlichen, freien und demokratischen Deutschland erfüllt sich nicht mehr zu ihren Lebzeiten.  

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Bücherreihe "Bibliothek der frühen Demokratinnen und Demokraten"

Zum 175. Jubiläum des Revolutionsjahres 1848 bringt der KiWi-Verlag in Zusammenarbeit mit der Stadt Frankfurt eine "Bibliothek der frühen Demokratinnen und Demokraten" heraus, die Schriften, Biografien, Gedanken und Geschichten der damals Beteiligten zusammenbringt. Die Reihe Edition Paulskirche stellt insgesamt 14 Persönlichkeiten vor, die in den beiden Revolutionsjahren eine Rolle gespielt haben. Die ersten fünf Bände sind bereits erschienen, weitere sollen folgen.

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Der spätere US-Minister: Carl Schurz (1829 - 1906)

Carl Schurz kommt am 2. März 1829 in Erftstadt zur Welt. Wegen der finanziellen Lage seiner Familie kann er das Gymnasium nicht abschließen, sondern erlangt das Abitur durch Vorbereitung im Selbststudium. Er schreibt sich an der Universität Bonn ein, wirkt bei der Gründung der Bonner Zeitung mit und unterstützt den "Demokratischen Verein".

1849 flieht Schurz aus der preußischen Gefangenschaft, in die er durch seine Beteiligung an revolutionären Kämpfen für die deutsche Verfassung der Paulskirche geraten war, und flieht nach England. Drei Jahre später folgt die Auswanderung nach Amerika. Dort bemüht er sich intensiv, die englische Sprache zu lernen und knüpft Kontakte in politischen Kreisen. Er war der erste gebürtige Deutsche, der Mitglied des Senates der Vereinigten Staaten wurde. In den 1860er Jahren kämpft er im Bürgerkrieg in der Unionsarmee. 

Unter Präsident Rutherford B. Hayes zum Innenminister ernannt und damit auf dem Höhepunkt seiner politischen Laufbahn, bekämpft Schurz die Misswirtschaft der Parteien und bemüht sich um eine assimilierende Politik gegenüber der indigenen Bevölkerung. In den letzten 20 Jahren seines Lebens widmet er sich vor allem schriftstellerischen Tätigkeiten und ist Chefredakteur verschiedener Zeitungen. Am 14. Mai 1906 verstirbt Carl Schurz in New York. 

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Gedenken an Carl Schurz

In Frankfurt erinnern die Carl-Schurz-Siedlung im Westend und ein Gymnasium in Sachsenhausen an ihn. In Bad Vilbel, Langen, Gießen und Fulda sind Straßen nach Schurz benannt.

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Clotilde Koch, Louise Zimmermann, Henriette Zobel

In der Nationalversammlung selbst waren nur Männer als Delegierte vertreten, aber das Interesse der Frauen war so groß, dass die Damengalerie ausgebaut werden musste. Auch in den Salons und auf den Straßen waren viele Frauen für die Demokratiebewegung und Frauenrechte engagiert. Drei Beispiele in akustischen Porträts.

Clotilde Koch-Gontard (1813-1869)

Als Mutter und Ehefrau eines erfolgreichen Unternehmers war zunächst Repräsentation ihre wichtigste Aufgabe. Doch eine Begegnung von Heinrich von Gagern politisiert die Frankfurterin Clotilde Koch-Gontard. Für die Parlamentarier der Paulskirche unterhält sie einen politischen Salon und gilt bald als die "Parlamentsmutter". Von März bis Dezember 1848 ist sie fast täglich im Parlament und dokumentiert die Sitzungen.

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Henriette Zobel (1813-um 1865)

Die Tochter eines Bäckermeisters aus Frankfurt-Oberrad verfolgt regelmäßig auf der Besuchergalerie die Debatten. Wie viele andere ist sie empört über den Verlauf des Schleswig-Holsteinischen Kriegs, fühlt die demokratischen Ideale verraten. Bei gewaltsamen Protesten in Frankfurt kommen zwei der Verantwortlichen ums Leben. Henriette, die mit ihrem Regenschirm auf einen General losgegangen sein soll, wird für den Tod mitverantwortlich gemacht. Die zwölf Jahre Haft, die sie daraufhin absitzen muss, werden von vielen Beobachtern als Exempel empfunden.

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Louise Zimmermann (1804-1879)

Die Pfarrersfrau begleitete ihren Mann, einen Professor und Parlamentsabgeordneten, nach Frankfurt. Sie führte ein Revolutionstagebuch, die erste Beschreibung des Geschehens aus der Sicht einer Frau.

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Anm. d. Red.: Eine frühere Version des Audios zu Louise Zimmermann enthielt einen inhaltlichen Fehler zu Zimmermanns Herkunft. Wir haben die Stelle entsprechend korrigiert.

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Ausstellung "Revolutionär:innen" im Kaisersaal

An viele unbekannte Protagonistinnen der Demokratiebewegung erinnert auch eine Installation im Kaisersaal des Frankfurter Römers. Dort hat das Frauenreferat der Stadt die Bilder der Kaiser und Könige mit Portraits von 48 Frauen verhängt. Sie waren Streiterinnen für politische Teilhabe und stammten aus allen Schichten der Gesellschaft.

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Sendung: hr2-kultur, 15.05.2023, 08:00 Uhr

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Quelle: Alexandra Müller-Schmieg, hessenschau.de