Frankfurter Gedenken an Nazi-Opfer 20 Jahre Stolpersteine: Mahnmale in der Nachbarschaft
Fast 2.000 Stolpersteine gibt es in Frankfurt – zehn mal zehn Zentimeter große Messingplatten, die an Opfer der Nazi-Diktatur erinnern. Vor 20 Jahren wurde das erste dieser Mini-Mahnmale in Frankfurt verlegt.
Stolpersteine heißen sie, doch eine Unfallgefahr stellen die kleinen Kunstwerke, mit denen an die Opfer der Nazi-Diktatur erinnert wird, nicht dar. Die zehn mal zehn Zentimeter großen Messingplatten werden vielmehr auf einem Betonsockel angegossen und dann ebenerdig in das Straßenpflaster beziehungsweise in den Gehweg-Belag eingelassen.
Entwickelt hat die Stolpersteine der Künstler Gunter Demnig. 1992 verlegte er die ersten Steine. Damals noch illegal, vor dem historischen Rathaus in Köln. Inzwischen finden sich die Mini-Mahnmale für Jüdinnen und Juden, Sinti und Roma und andere Verfolgte an den Orten, an denen sie zuletzt gelebt haben. In die Messing-Oberfläche sind ihre Namen und biografische Daten eingeschlagen.
Die Initiative, Stolpersteine auch in Frankfurt zu verlegen, kam im Jahr 2003 von Bürgerinnen und Bürgern aus dem Stadtteil Nordend. Sie hatten von Demnigs Kunstprojekt in der Zeitung gelesen und beschlossen, dass es solche Steine unbedingt auch in Frankfurt geben müsse.
1.950 Stolpersteine in Frankfurt
Heute gibt es in Frankfurt einen Verein, der sich um die Verlegung und Pflege von rund 1.950 Stolpersteinen kümmert. Die Mitglieder der "Initiative Stolpersteine Frankfurt" arbeiten ehrenamtlich, so wie Maureen van Meerendonk.
Als "Stein-Putzpatin" schrubbt sie bis zu 220 der Messingplatten in Bornheim, im Ostend und im Bahnhofsviertel - zwei Mal im Jahr. Sie kommt mit dem Fahrrad, in einer Tasche hat sie ihre Utensilien dabei: eine Wasserflasche, Metall-Putzmittel und diverse Lappen, Tücher und Schwämme.
"Erst mal wird der Stein sauber gemacht von Dreck, dann mit Wasser eingesprüht. Dann nehme ich das Putzmittel für Metall, reib' den schön ein und am Schluss wird nochmal mit Wasser nachgespült und trockengewischt", beschreibt sie die Arbeit.
Demut beim Niederknien
"Für mich hat es etwas Demütiges, vor diesem Stein zu knien und ihn zu putzen", sagt Maureen van Meerendonk. Die Tatsache, dass die Steine auf dem Boden liegen, quasi mit Füßen getreten werden, hat der Idee von Gunter Demnig auch Kritik eingebracht.
Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München, ist eine der vehementesten Gegnerinnen. In München gibt es Stolpersteine deshalb nur auf privaten Grundstücken, die Stadt selbst hat eine andere Form von Gedenktafeln gewählt.
Postives Echo in Frankfurt
In Frankfurt sei das Projekt dagegen bei Stadt und Jüdischer Gemeinde sehr positiv aufgenommen worden, erinnert sich Martin Dill von der Initiative Stolpersteine. Salomon Korn, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde und damals Vizepräsident im Zentralrat der Juden, habe sich für das Projekt ausgesprochen.
Die Stadt selbst unterstützt das ehrenamtliche Projekt nicht finanziell, aber bereitet die entsprechenden Abschnitte bei Neu-Verlegungen technisch vor.
Viele Steine bleiben ungeputzt
Maureen van Meerendonk ist seit acht Jahren bei der Initiative. Sie sagt: "Ich finde es ganz wichtig, dass man sich als Deutscher mit der Geschichte auskennt und beschäftigt und auch aktiv was macht."
Der wachsende Antisemitismus und der Krieg in Nahost, das alles entsetze sie. Umso wichtiger sei es, "dass noch mehr Menschen in Frankfurt aktiv werden, nicht einfach nur vorbeilaufen, sondern auch etwas unternehmen."
Es gebe in Frankfurt viele Steine, die gar nicht geputzt würden. Van Meerendonk wünscht sich, dass beispielsweise Schulklassen dabei mitmachen. Oder, noch besser: "Dass die Leute, die in den Häusern wohnen, vor denen Stolpersteine sind, diese auch putzen."
Sendung: hr-info, 30.11.2023, 13:15 Uhr
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