250 Jahre "Werther" in Wetzlar Warum Volker Bouffier Goethe zu Elektro-Musik liest
Volker Bouffier, Elektro und Goethe: Das kommt wohl nur im Werther-Jubiläumsjahr in Wetzlar zusammen. Neben zahlreichen Veranstaltungen und ungewöhnlicher Musik gibt es auch hundert goldene Goethe-Skulpturen zu kaufen.
Wetzlar feiert Geburtstag: Vor 250 Jahren erschien Johann Wolfgang von Goethes "Die Leiden des jungen Werther". Weil Goethe den dramatischen Briefroman nach einem lebensverändernden Sommer in Wetzlar geschrieben hatte, dreht sich dort dieses Jahr alles um den jungen Werther, Lotte und ihre tragische Geschichte.
Neben zahlreichen Veranstaltungen sorgt auch ein ungewöhnliches Liedprojekt für Gesprächsstoff: Zum Jubiläum hat der Wetzlarer Elektro-Musiker Thomas Albertsen, der sich auch Globotom nennt, Werther-Textzeilen vertont – mit Unterstützung von Ex-Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU).
Angebote mit KI und Kostüm
Digital und international - so soll Goethes Werther im Wetzlarer Jubiläumsjahr präsentiert werden. Die Stadt feiert es noch bis zum 26. Januar 2025 mit einem umfangreichen Kulturprogramm.
Geplant sind zahlreiche Vorträge, Aufführungen und Ausstellungen. Darunter sind auch Kostümführungen, Angebote für Kinder und digitale Formate.
In Kooperation mit der Technischen Hochschule Mittelhessen wurde beispielsweise ein humanoider Roboter mit Künstlicher Intelligenz bespielt und mit Werther-Kostüm versehen. Ein Werther-Avatar soll zudem als virtuelle Erscheinung Besucherinnen und Besucher an verschiedenen Stationen begrüßen und sie in seine Leiden einweihen.
"Werther ins Jetzt katapultieren"
Verantwortlich für das Kulturprogramm sind Anja Eichler und Georg Weigand. Sie meinen: Die Inhalte des Briefromans sind weiterhin aktuell und zeitlos. "Wir versuchen, den Werther in die Jetztzeit zu katapultieren", sagt Eichler, die Leiterin der Städtischen Museen Wetzlar.
Man wolle mit dem Jubiläumsjahr dazu einladen, den Roman und die Weisheiten darin neu zu entdecken – auch dann, wenn man Werther vielleicht in der Schule weniger gern gelesen habe.
Weigand meint, viele Themen aus dem Roman würden junge Menschen auch heute noch kennen, etwa unerfüllte Liebe, Unzufriedenheit mit der Gesellschaft oder Naturverbundenheit. "Heute würde man Werther wahrscheinlich manisch verliebt nennen oder einen Nerd", sagt er.
"Volker Bouffier hat doch auch 'ne geile Stimme"
Aber wie kam es eigentlich zu der ungewöhnlichen Elektro-Kollaboration von Thomas Albertsen alias Globotom und Volker Bouffier? Albertsen erzählt: Er sei inspiriert gewesen vom Rilke-Projekt des Produzentenduos Schönherz & Fleer. Dabei lesen Prominente wie Ben Becker und Nina Hagen Texte des Lyrikers Rainer Maria Rilke zu atmosphärischer Musik.
"Ben Becker konnte ich mir nicht leisten", erzählt Albertsen lachend. "Da hab ich mir gedacht: Volker Bouffier – der hat doch auch 'ne geile Stimme."
Aufnahme in einer halben Stunde gelaufen
Über einen CDU-Politiker in seiner Nachbarschaft habe er dann tatsächlich Kontakt zu Bouffier bekommen. "Ich habe ihm einfach eine WhatsApp geschrieben und er hat sofort ja gesagt."
Kurz darauf habe es ein Treffen in Bouffiers Kanzlei in Gießen gegeben, da habe er einfach direkt die Aufnahme gemacht – am Konferenztisch mit dem Handy. "Nach einer halben Stunde war alles im Kasten", berichtet Albertsen.
Zwei Rentner am Konferenztisch
Mit Hessens langjährigem Ministerpräsidenten habe er sich übrigens auch gut unterhalten – über den Ruhestand und über Musik, erzählt der 63-jährige Independent-Musiker, der früher im Hauptberuf Reisejournalist war. Der 72-jährige Bouffier habe erzählt: Er möge Janis Joplin und Mozart.
"Da kann ich zwar nicht mithalten, aber ich finde, das hat Stil." Er selbst habe sich für die Unterlegung der Werther-Texte dann stilistisch für "Ambient Post-Rock" entschieden, wie er sagt. "Ich fand, das passt – wegen der Tragik."
Sendung: hr4, die hessenschau für Mittelhessen, 11.06.23, 15.30 Uhr
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