Alle guten Dinge sind drei AnnenMayKantereit heizen Frankfurter Festhalle ein
Rau, rauer, Henning May. Am Mittwochabend ist der Sänger mit seiner Band AnnenMayKantereit in der ausverkauften Frankfurter Festhalle aufgetreten. Die Band spielte herausragend. Das Publikum wachte dagegen erst spät auf.
Um 21 Uhr öffnet sich der schwarze Vorhang unter lautem Beifall. Die Band betritt die Bühne der Festhalle und singt den ersten Song - exklusiv für Frankfurt. "Es tut gut, endlich hier zu sein. Frankfurt, wir haben gewartet", singt May dabei. Und ja, das hat die Band - und die Fans sowieso. Denn eigentlich sollte das Konzert bereits am 24. März stattfinden, danach wurde es auf den 18. April verlegt und schließlich auf den 6. September.
Dass die Band sich auf das langersehnte Konzert in Frankfurt freut, merkt man sofort. Die Band-Mitglieder strahlen bis über beide Ohren. Danach startet das eigentliche Konzert mit "Wohin du gehst". Als Henning May richtig loslegt, fragt man sich, woher dieser Mensch diese wahnsinnige Stimme hernimmt. Optisch ist er eher eine süße Grinsebacke, während die Stimme klingt wie von einem 60-jährigen Haudegen. Die Frankfurter Fans feuert er dabei an: Jetzt, wo das Konzert doch endlich stattfinden kann, sollen doch bitte alle alles geben.
Aufwachen, bitte
Das Publikum ist gut drauf. Wenn es da kein "aber" gäbe. Zwar hält es von Anfang an niemanden auf den Sitzplätzen, und auch auf den Rängen der Frankfurter Festhalle wird von Beginn an gestanden, jedoch brauchen die Fans eine gewisse Zeit, um richtig warmzuwerden.
Bei Songs wie "Oft gefragt" und "Pocahontas" wird zwar mal etwas mehr gefeiert und mitgesungen, doch zwischenzeitlich hat man das Gefühl, das Publikum schläft gleich ein. Mitgewippt wird immer, richtig lauthals mitgebrüllt aber nicht. Dabei ist das, was auf der Bühne abgeliefert wird, groß. Nicht nur Leadsänger Henning May performt herausragend, auch der Rest der Band ist wirklich gut drauf.
Und nicht nur das, AnnenMayKantereit hat gefühlt auch noch ein halbes Orchester mitgebracht. Geige, Trompete und Saxophon, alles ist live. Zeitweise sind bis zu zwölf andere Musiker und Musikerinnen mit auf der Bühne.
Bei "21,22,23" ist das Publikum dann endlich wach und feiert die Band, wie sie es an diesem Abend verdient hat. Es jubelt, schreit lauthals mit, klatscht und tanzt ausgelassen. Plötzlich scheint der Knoten geplatzt zu sein, denn alle darauffolgenden Songs werden durchweg gefeiert - und das so laut, dass man den Fans fast schon wieder verzeihen kann, dass sie zwischendurch für einige Songs nicht so richtig anwesend waren.
Keine Standard-Anekdoten
Die Band-Mitglieder wirken alle sehr sympathisch und auf dem Boden geblieben. Ihre Wertschätzung den anderen Musikern und Musikerinnen auf der Bühne gegenüber wird immer wieder deutlich. Sie stellen diese einzeln vor und überlassen ihnen zwischenzeitlich sogar mal kurz komplett die Bühne.
Doch so richtig nah kommt man den Band-Mitgliedern nicht. Es wird wenig mit dem Publikum geplaudert, und auch keine Anekdoten erzählt, die hinter den Kulissen passieren. Und das, obwohl die Jungs in ihren Songs ihr Inneres nach außen kehren - über Liebe, Gefühle und das Schmusen im Bett singen.
Aber sie sehen ihre Fans. Henning May stellt das auch unter Beweis. So freut er sich über eine Familie, die sich in den Armen liegt - oder das hübsche Pärchen auf dem ersten Rang, das im Partnerlook zum Konzert erschienen ist.
Passend zur zurückhaltenden Art, ist auch das schlichte Bühnenbild. Auf der Bühne stehen nur die Instrumente. Im Hintergrund ist ein schwarzer Molton gespannt, an dem bronzefarbene Stoffschals herunterhängen. Der einzige Hingucker, und damit auch ein deutliches Statement, ist die Regenbogenflagge, die am Klavier befestigt ist und für Vielfalt und Toleranz steht.
95 Minuten, bis der Vorhang fällt
Bei "3 Tage am Meer" hat sich die Frankfurter Festhalle schließlich in den besten Club Hessens verwandelt. Und genau nach diesem Song und somit am Höhepunkt der Stimmung, fällt der Vorhang für die Band das erste Mal. Natürlich wird dann noch einmal lauthals um Zugabe gerufen, was AnnenMayKantereit ihren Fans sofort erfüllen.
Zunächst betritt Henning May die Bühne alleine, spielt solo am Klavier den Hit "Barfuß am Klavier". Danach folgen ihm auch die anderen zwei Band-Mitglieder auf die Bühne, bringen May ein Kölsch mit und stoßen auf Frankfurt an. Dabei singen sie "Tommi", ein Liebeslied für ihre Heimatstadt Köln.
Um den letzten Song wird dann gezockt. Durch "Schnick Schnack Schnuck" wird entschieden, dass der Rausschmeißer "Ausgehen" ist und Henning May bittet darum, ein letztes Mal alles zu geben. Das machen die Fans in der Festhalle auch - bis nach 95 Minuten der Vorhang endgültig fällt.
Von der Kölner Fußgängerzone in Konzerthallen
AnnenMayKantereit ist eine deutsche Popband, die seit 2011 musikalisch unterwegs ist. Der etwas sperrige Name setzt sich aus den drei Nachnamen der Gründungsmitglieder der Band zusammen: Christopher Annen, Henning May und Severin Kantereit. Richtig bekannt wurde die Band 2014 mit dem Song "Wohin du gehst".
Was mit Straßenmusik auf Kölns Fußgängerzonen startete, füllt einige Jahre später ganze Konzerthallen, so auch - beim dritten Versuch - die Frankfurter Festhalle.