Nach Antisemitismus-Vorwurf Messe soll Frankfurt-Konzert von Roger Waters absagen

Roger Waters soll nicht in Frankfurt auftreten dürfen. Nach einer langen Debatte um das geplante Konzert wegen Antisemitismus-Vorwürfen hat sich nach dem Land Hessen nun auch die Stadt für eine Absage ausgesprochen. Sie will entsprechende Schritte in die Wege leiten.

Roger Waters, Pink Floyd
Musiker und Pink-Floyd-Mitbegründer Roger Waters Bild © picture-alliance/dpa
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Seit Monaten wurde diskutiert, am Freitag hat der Magistrat der Stadt Frankfurt nun eine Entscheidung getroffen: Ein für den 28. Mai geplantes Konzert des Pink-Floyd-Mitbegründers Roger Waters in der Frankfurter Festhalle soll abgesagt werden. Grund dafür sind Antisemitismus-Vorwürfe gegen den Musiker.

Waters gelte als einer der "reichweitenstärksten Antisemiten der Welt", hieß es in einer Mitteilung von Freitag. Der Magistrat der Stadt und die Landesregierung hätten sich auf die Absage verständigt, teilte die Stadt am Freitag mit.

Eine entsprechende Anweisung sei am Freitag beschlossen worden und gehe per Gesellschafterbeschluss an die Messe-Geschäftsführung. Die Kündigung solle "unverzüglich aus wichtigem Grund außerordentlich" erfolgen.

Landespolitik erhöhte Druck

Das Land Hessen hatte sich bereits Anfang Februar für eine Absage ausgesprochen und der Stadt Frankfurt einen gemeinsamen Beschluss zur Absage vorgeschlagen.

Hessens Finanzminister Michael Boddenberg (CDU) und die weiteren Aufsichtsratsmitglieder der Messe, Innenminister Peter Beuth (CDU) und Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne), unterstützten den Vorschlag eines Gesellschafterbeschlusses, hieß es in einer Mitteilung des Landes.

Das Land ist mit 40 Prozent, die Stadt mit 60 Prozent an der Messe Frankfurt beteiligt. Diese vermietet die Festhalle. Gemeinsam könnten Land und Stadt durch einen Gesellschafterbeschluss die Messe anweisen, den mit dem Veranstalter des Konzerts geschlossenen Vertrag zu kündigen.

"Es geht nicht um juristische Auseinandersetzung"

Ein Sprecher der Messe sagte auf hr-Nachfrage, die Messe werde, wenn sie die schriftliche Anweisung der Gesellschafter bekommt, die Schritte für eine Absage in die Wege leiten. Der Konzertveranstalter war am Freitagmittag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Die Stadt werde sehen, wie der Veranstalter nach der Kündigung reagiere, sagte Nargess Eskandari-Gründerg, Frankfurts kommissarische Oberbürgermeisterin (Grüne), dem hr. "Uns geht es nicht um eine juristische Auseinandersetzung, sondern um eine klare Haltung."

Frankfurt sei eine Wiege der Demokratie und der Menschenrechte. Deswegen sei es wichtig, "ganz klar und deutlich ein Signal zu setzen".

Heftiger Widerstand gegen Festhallen-Konzert

Gegen das geplante Roger Waters-Konzert regt sich seit Monaten heftiger Widerstand. Hintergrund sind zahlreiche Aussagen Waters', die von Kritikern als antisemitisch eingestuft werden.

Auch die drei aussichtsreichsten Frankfurter OB-Kandidaten Uwe Becker (CDU), Mike Josef (SPD) und Manuela Rottmann (Grüne) hatten sich zuvor für eine Absage des Konzerts ausgesprochen.

"Waters ist ein schlimmes Beispiel für aggressiven, israelbezogenen Antisemitismus, und er sollte daher in Hessen keine künstlerische Plattform erhalten", sagte Uwe Becker (CDU), der auch Antisemitismusbeauftragter der Landesregierung ist.

Auch andere Städte wollen Konzerte absagen

Im Rahmen der Tour "Roger Waters - This is not a drill" sind im Mai insgesamt fünf Konzerte in Deutschland geplant. Forderungen nach einer Absage gibt es auch in Berlin, München und Köln.

In Frankfurt hatte der Stadt zufolge auch der Ort des Auftritts für Aufregung gesorgt: "In den Tagen nach der Pogromnacht 1938 wurden 3.000 jüdische Männer aus Frankfurt und dem Rhein-Main-Gebiet in die Festhalle gebracht, misshandelt und später in Konzentrationslager deportiert", teilte die Stadt mit. Daran erinnere eine Gedenktafel. Deswegen habe sich der Magistrat gefordert gesehen, ein Zeichen zu setzen.

Die Jüdische Gemeinde Frankfurt begrüßte die Entscheidung des Magistrats. Die Absage sei der einzig richtige Beschluss und zeige klar, dass in Frankfurt kein Platz für Antisemitismus sei. "Wir sind heute besonders stolz auf unser Frankfurt", hieß es in einer Mitteilung. Auch die Deutsch-Israelische Gesellschaft begrüßte die Absage, wie ihr Präsident Volker Beck (Grüne) via Twitter mitteilte.

Der Zentralrat der Juden unterstützte die Entscheidung ebenfalls. "Der Beschluss der Stadt Frankfurt und des Landes Hessen zeigt, dass Antisemitismus in Kunst und Kultur nicht geduldet werden muss", sagte der Vorsitzende Josef Schuster. "Sie muss ein Zeichen an alle anderen Veranstaltungsorte der Deutschland-Tour von Roger Waters sein!"

Der Vorwurf: Antisemitisch und israelfeindlich

Der Mitbegründer der Kultband Pink Floyd war in der Vergangenheit immer wieder mit antisemitischen und israelfeindlichen Aktionen in Erscheinung getreten. Unter anderem gilt er als Unterstützer der BDS-Bewegung (Boycott, Divestment, Sanctions).

Die Kampagne zielt auf die politische, wirtschaftliche und kulturelle Isolation des Staates Israel ab, um - so die Selbstbeschreibung - die Besetzung arabischen Landes zu beenden. Kritiker werfen der Kampagne vor, das Existenzrecht Israels infrage zu stellen.

Waters selbst hat in der Vergangenheit immer wieder Künstlerinnen und Künstler aufgefordert, nicht in Israel aufzutreten. In Interviews verglich er den Staat Israel mit dem NS-Regime und dem Apartheidstaat in Südafrika. Auf vergangenen Konzerten ließ Waters zudem Ballons in Schweineform aufsteigen, auf denen ein Davidstern abgebildet war.

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Sendung: hr1, 24.02.2023, 15.20 Uhr

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Quelle: hessenschau.de, Danijel Majic, Celine Schäfer, Frank Angermund, dpa/lhe