Ausstellung im Historischen Museum So könnte das Eschenheimer Tor in Frankfurt auch aussehen
Fußgänger, Radfahrer und Autos kommen sich dort regelmäßig in die Quere: Das Eschenheimer Tor in Frankfurt gilt als eine der verkehrsreichsten Kreuzungen der Stadt. Das Historische Museum zeigt in seiner neuen Ausstellung, wie der Ort ohne Autos aussehen könnte.
Im ersten Moment ist es laut. Es wird gehupt, Motoren röhren. Dann fliegt plötzlich alles aus dem Bild, was auf die eine oder andere Art für den Lärm verantwortlich ist: Autos, Straßen, Ampeln, Baustellenzäune. An ihrer Stelle wachsen Grünflächen und Fußgängerwege, Vögel zwitschern in Bäumen, Menschen sitzen auf Parkbänken. Nur eins bleibt gleich: der Eschenheimer Turm.
Das, was Künstler Jan Kamensky in seiner Animation aus dem Verkehrsknotenpunkt rund um den Turm in Frankfurt gemacht hat, nennt er "Visual Utopia" – eine visuelle Utopie. Für das Projekt sucht er sich stark befahrene Plätze in den Städten dieser Welt und gestaltet sie um.
"Das sind Unorte"
In den kurzen Clips, die zu seinem künstlerischen Schwerpunkt geworden sind, hat der Kommunikationsdesigner schon so einige Städte umgekrempelt: von Hamburg über London und Lissabon bis zur indonesischen Hauptstadt Jakarta.
"Das sind eigentlich Unorte", sagt Kamensky. "Orte, die von Autos dominiert sind und an denen sich Menschen nicht gerne aufhalten." Mit seinen Visualisierungen wolle er genau das Gegenteil schaffen: Orte, die zum Verweilen einladen – selbst dann, wenn man gar keine Zeit dafür habe.
Ein audiovisuelles Erlebnis
Die Idee dafür hat Kamensky während der Corona-Pandemie entwickelt. "Die Straßen waren in dieser Zeit so leer", sagt der Hamburger Künstler. "Das war für mich wie eine Leinwand, die ich gestalten konnte mit meinen Utopien."
Am Anfang seien das noch statische Vorher-Nachher-Bilder gewesen, "irgendwann wurden Animationen daraus". Es gehe aber nicht nur darum, etwas zu sehen, sagt Kamensky. Ganz entscheidend sei auch die Geräuschkulisse seiner Visualisierungen.
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"Am Anfang ist es Lärm und Krach, dann wird es harmonisch und wohltuend auch für das Ohr." So wolle er den Faktor Lärmbelästigung verdeutlichen, der mit dem Verkehrschaos einhergehe.
Zeitreise durch Frankfurt
Mit Frankfurt hat Kamensky sich auf Bitte des Historischen Museums befasst. Die Utopie, die er für das Eschenheimer Tor geschaffen hat, ist Teil einer Ausstellung zur Geschichte der Mobilität in der Stadt.
Gemeinsam mit dem Team vom Museum habe er sich in einem ersten Schritt am Eschenheimer Tor getroffen und den Platz auf sich wirken lassen. "Der Ort ist perfekt, um so eine Utopie zu zeigen", meint Kamensky.
Nicht nur, weil die Stadt an vielen Stellen einen Blick von oben zulasse, sondern auch, weil die Geschichte des Turms – einst ein Stadttor der spätmittelalterlichen Stadtbefestigung – so weit zurückreiche.
"Das Ambiente ist besonders, weil ich hier alle möglichen Zeiten zeigen kann: das Mittelalter, die Gründerzeit, die 1960er Jahre mit dem Gebäude der Detektei Tudor", erklärt der Designer. "Und dann kommt die Skyline von Frankfurt, die komplette Neuzeit. Das vereint sich an diesem Ort sehr toll."
Das Ziel: eine neue Perspektive
Zukunftsentwürfe wolle er mit seinen Utopien aber nicht liefern, betont Kamensky. "Ich möchte viel mehr mit einer Lupe auf die Gegenwart gucken als mit einem Fernrohr in die Zukunft." Es gehe ihm nicht darum vorzugeben, wie Frankfurt sein zu habe, sondern darum, den öffentlichen Raum wertzuschätzen.
"Ich möchte einladen, neue Erzählungen zu entwickeln über die Stadt der Zukunft", so der Künstler. "Wie könnte eine Stadt sein, wie wollen wir zusammenleben?" Eine Antwort auf diese Frage hat er für sich selbst schon gefunden: Statt mit dem Auto ist er hauptsächlich zu Fuß und mit dem Fahrrad unterwegs.