Ausstellung "Pilze" in Bad Homburg Sechs Fakten aus der geheimnisvollen Welt der Pilze
Pilze sind Überlebenskünstler und herrschen über unbekannte Welten: Eine neue Ausstellung im Sinclair-Haus in Bad Homburg zeigt, wie wichtig die geheimnisvollen Organismen für Mensch und Natur sind.
Im Museum Sinclair-Haus in Bad Homburg dreht sich bis zum 9. Februar 2025 alles um das Thema Pilze. Eine neue Ausstellung geht künstlerisch Fragen nach, wie: Wie leben Pilze? Was hat ihre Existenz mit unserer zu tun? Was können wir von Pilzen lernen?
Anlass für hessenschau.de, mit dem Biologen Marco Thines zu sprechen. Er ist Präsident der Deutschen Gesellschaft für Mykologie und Professor am Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiKF) der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung und der Goethe-Universität und nennt sechs wissenswerte Fakten über Pilze.
Pilze sind Herrscher verborgener Welten
Pilze bevölkern eine riesige verborgene Welt, die noch nicht erforscht ist, sagt Marco Thines. Während 90 Prozent der Pflanzenwelt erforscht seien, seien 90 Prozent aller Pilzarten unerforscht und dementsprechend unbekannt. "Man kann hier mitten in Deutschland einen Teelöffel Gartenerde nehmen und das auf eine Petrischale ausbringen und man findet darin neue Arten von Pilzen", erläutert Thines.
Der schiere Artenreichtum der Pilze sei erstaunlich. Es gebe mindestens fünfmal so viele Pilzarten, wie es Pflanzenarten gebe. Allein für Deutschland heißt das: Es gibt deutlich mehr Pilzarten als Pflanzenarten und Wirbeltiere zusammen.
Pilze sind unerlässlich fürs Ökosystem
Pilze sind neben Pflanzen und Tieren die dritte Säule in jedem Ökosystem. Sie wurden lange zu den Pflanzen gezählt, bilden aber eine eigene Gruppe. Es sind diejenigen Organismen, die unter anderem dafür sorgen, dass abgestorbene Pflanzenreste abgebaut und dem Kreislauf des Lebens wieder zugeführt werden, erklärt Marco Thines.
Eine große Rolle spielten sie vor allem bei komplexeren Stoffen wie Holz oder auch anderen größeren Abfallprodukten. "Ohne Pilze würde im Wald das Holz meterhoch liegen."
Pilze sind enger mit Tieren als mit Pflanzen verwandt
Nach heutigen Erkenntnissen sind Pilze eher mit Tieren als mit Pflanzen verwandt, sagt der Forscher weiter, sie hätten sogar einen gemeinsamen evolutionären Ursprung: Es habe irgendwann, vermutlich im Meer, einen Organismus gegeben, der die Form eines Spermiums hatte und aus dem sich über die Jahrmillionen die Linien der Pilze und der Tiere entwickelt hätten. Getrennt hätten sich die Linien wahrscheinlich vor etwa 700 oder 800 Millionen Jahren.
Pilze sind Organismen der Extreme
Pilze können riesig oder winzig klein sein. Ein Pilz im amerikanischen Bundesstaat Oregon gilt sogar als der größte Organismus der Welt: Das Netzwerk des Pilzes mit dem Namen Hallimasch erstreckt sich über eine Fläche von neun Quadratkilometern – das sind rund 1.200 Fußballfelder.
Forscher wie Marco Thines schätzen, dass der Riesenpilz vor rund 8.500 Jahren anfing zu wachsen und inzwischen 400.000 Kilogramm schwer sein könnte. Der Pilz habe sich vermutlich deswegen so weit ausdehnen können, weil er lange keine Konkurrenz hatte, sagt Thines.
Es gebe dagegen auch winzige Pilze oder Pilz-Verwandte, etwa so genannte Mikrosporidien. Das sind einzellige, intrazelluläre Parasiten, die vor allem Tiere, aber auch Menschen befallen können.
Pilze sind geschickte Überlebenskünstler
Eine wissenschaftliche Hypothese, die sein Team darlegen und weiterverfolgen konnte, ist, dass es Pilze über Wirtsprünge schaffen, über sehr lange Zeiträume zu existieren, sagt Thines. Denn: Normalerweise würden in der Evolution über die Zeit alle Parasiten ausgemerzt, die für einen Wirt schlecht seien.
"Aber tatsächlich schaffen es Pilze, obwohl sie nur mit dem Wirt zusammenleben können, immer wieder neue Wirte zu erschließen und mit ihnen zu interagieren."
Aber: Könnten Pilze uns Menschen steuern?
Pilze und die menschliche Entwicklung sind eng miteinander verwoben, weiß Marco Thines, etwa in der Medizin. Aber: Dass Pilze Menschen befallen und wie willenlose Zombies steuern, wie im Computerspiel und der Serie "The Last of Us", das sei schlecht möglich.
"Pilze verursachen in der Regel eine sehr, sehr starke Abwehrreaktion beim Menschen", erklärt der Forscher. "Es muss erst einmal die Immunabwehr geschwächt sein, um eine Pilzinfektion zu ermöglichen." Generell seien Menschen durch ihre hohe Körpertemperatur relativ gut geschützt – zumindest vor vielen Pilzen. Es gebe eine Reihe von Pilzen, deren Infektion tödlich sein könne.
In "The Last of Us" gehe es um den Pilz Cordyceps, der im echten Leben Insekten fernsteuern kann. Der Mensch sei aber wesentlich komplexer, sodass das nicht ohne Weiteres übertragbar sei. "Es ist extrem unwahrscheinlich, dass das – sage ich mal – in den nächsten paar hunderttausend Jahren auftritt. Aber man weiß natürlich nie", fasst Thines schmunzelnd zusammen.