Bundes-Programm "Zero" fördert Nachhaltigkeit Drei Beispiele, wie hessische Theaterproduktionen nachhaltiger werden
Viele Kulturinstitutionen setzen sich mit den Klimaveränderungen auseinander. Nicht nur künstlerisch, sondern auch ganz praktisch. Drei Beispiele, wie das konkret aussehen kann - und welche Rolle dabei das Publikum spielt.
In den Büroräumen des Frankfurter Mousonturms kleben Sticker über den Lichtschaltern, um die Mitarbeitenden daran zu erinnern, das Licht wieder auszuschalten.
Zwar ein kleiner Beitrag, aber insgesamt liegt in Theatern ein großes Potenzial, den eigenen CO2-Ausstoß zu reduzieren, findet die Bundes-Kulturstiftung. Mit ihrem Programm “Zero” unterstützt sie Spielstätten bei der Umsetzung nachhaltiger Projekte.
Den CO2-Verbrauch auf der Bühne reduzieren
Das Stadttheater Gießen ist schon zum zweiten Mal bei der Initiative dabei. In der Bühnentechnik sei man mit LED-Licht und Laserbeamern statt stromfressender Scheinwerfer schon gut aufgestellt, findet Patrick Schimanski, Leiter des Forums Nachhaltigkeit und zuständig für digitale Prozesse am Stadttheater.
Ähnliches gilt für den Kulissenbau. Für eine Produktion wurde eine modulare Wandbauweise entwickelt, die auch über die Inszenierung hinaus weiterverwendet werden kann. "Damit spart man natürlich ganz viel an Grundmaterialen: Holz, Metall, Stoff und so weiter“, sagt Schimanski.
Für die Produktion "Fifty Degrees of Now", die vom Fonds Zero in der vergangenen Spielzeit gefördert wurde, hatte das Stadttheater Gießen einen CO2-Abdruck von 9,2 Tonnen errechnet. Der wurde laut Schimanski daraufhin über den Kauf von CO2-Zertifikaten ausgeglichen.
Einsparpotenzial im Fundus
Ein weiterer Punkt, an dem das Stadttheater Gießen ansetzt, ist der Fundus. Schon beim Einkauf achte man auf langlebige oder nachhaltige Stoffe. Zudem schaue man, ob Kostüme wiederverwendet werden könnten, sagt Schimanski.
Auf der Wiederverwendbarkeit liegt auch der Fokus bei dem Projekt, mit dem sich die Gießener dieses Jahr an der Initiative der Bundeskultur-Stiftung beteiligen. Dafür sollen die Bestände des Theaters digitalisiert und eine einheitliche Datenbank geschaffen werden, auf die auch andere Häuser Zugriff hätten.
Im Kleinen funktioniert das bereits beim Frankfurter Mousonturm. Dort kooperiere man heute schon mit dem Schauspiel Frankfurt, erzählt Katja Armknecht, Produktionsleitung für das Projekt “Future is now“ am Mousonturm.
Wichtiger Faktor: Künstler und ihre Anreise
Ein Bereich, der den Mousonturm besonders beschäftigt, ist die Anreise von Künstlerinnen und Künstlern aus dem Ausland. Die Co-Intendantin und Geschäftsführerin Anna Wagner betont die Wichtigkeit dieser internationalen Zusammenarbeit für das Haus.
"Wir haben schon seit Jahrzehnten mit Künstlerinnen und Menschen engen Kontakt, die im sogenannten globalen Süden leben", erklärt sie. Deren Perspektiven seien dem Haus wichtig, denn seit vielen Jahren seien diese Menschen stärker vom Klima und Extrem-Klima-Situationen betroffen. “Für uns ist der Zusammenhang zwischen der Klimagerechtigkeit und einer sozialen Gerechtigkeit zentral“, sagt Wagner.
Mit Hilfe von Video-Konferenzen versuche man deshalb, Langstreckenflüge zu vermeiden und trotzdem eine künstlerische Mitarbeit im Team zu ermöglichen.
Auf Tournee - mit dem Zug
Internationale Koproduktionen sind auch eine besondere Herausforderung für das Kindertheater Grüne Soße in Frankfurt, wie aktuell mit einem Theater im schottischen Edinburgh.
Auch dieses Projekt wird vom Fonds Zero gefördert. Das ambitionierte Ziel: Eine visuelle Performance zu entwickeln, mit der man auch auf Tournee gehen kann – und zwar mit dem Zug.
Dramaturg und Theaterpädagoge Ossian Hain versteht Nachhaltigkeit als kreative Herausforderung und versucht, sich davon nicht begrenzen zu lassen: "Wir als Kinder- und Jugendtheater haben da eine zusätzliche Verantwortung“, betont er die Wichtigkeit des Themas.
Größter Posten: Anreise des Publikums
Den größten Posten in der CO2-Bilanz der Theater macht aber ausgerechnet ein Aspekt aus, bei dem der Einfluss der Häuser überschaubar ist: die Anreise des Publikums.
Katja Armknecht vom Frankfurter Mousonturm verweist auf die Fahrradparkplätze, die das Haus ermöglicht habe und setzt auf die Bereitschaft des Publikums: "Wir hoffen, dass die öffentlichen Verkehrsmittel weiterhin stärker genutzt werden."
Etwas, worauf auch gern Patrick Schimanski pochen würde. Das sei in Gießen aber gar nicht so einfach. Immerhin: Zu ausgewählten Vorstellungen verkehrt der sogenannte Theaterbus, der sein Publikum in Nachbarstädten wie Lich und Hungen einsammelt – und nach der Vorstellung auch wieder nach Hause bringt.