Comedian Modi Rosenfeld bei Jüdischen Kulturwochen "Juden müssen lachen können, um sich vom Schrecken in der Welt zu erholen"
Vor einem Monat hat die Terrororganisation Hamas Israel angegriffen - und zum Abschluss der Jüdischen Kulturwochen in Frankfurt begeistert der amerikanische Stand-up-Comedian Modi sein Publikum. Wie geht das zusammen?
"Das hier ist eine jüdische Veranstaltung, aber die gute Nachricht: Es ist KEIN Fundraising." Schallendes Gelächter - schon mit dem ersten Satz hat Modi Rosenfeld das Publikum im ausverkauften Frankfurter Ignaz-Bubis-Gemeindezentrum auf seiner Seite.
Der Amerikaner ist als Stand-up-Comedian groß geworden, eigentlich ist die Bar oder das kleine Theater sein Revier. Doch der 53-Jährige schafft es auch in dem großen Saal vor über 500 Leuten, sein Publikum zu packen.
Er bindet die Zuschauer mit Fragen ein (Hands up, wer musste während Covid seine Kinder im Homeschooling betreuen?), greift Zwischenrufe auf und wendet sich immer wieder mit launigen Erklärungen an einen Goj, einen Nicht-Juden, den er in der ersten Reihe identifiziert hat.
Kulturwochen überschattet von Krieg
Dass der Komiker trotz seines guten Rufs in den USA an diesem Abend auf ein so dankbares Publikum trifft, war nicht unbedingt zu erwarten. Der Krieg in Israel hatte auch die am 22. Oktober begonnen Jüdischen Kulturwochen in Frankfurt überschattet. Manche Veranstaltungen, etwa der Auftritt des Jerusalem Great Synagogue Choir, mussten abgesagt werden.
"Eigentlich ist mir gerade nicht nach Comedy", erzählt eine dunkelhaarige Frau vor der Vorstellung. Aber sie habe die Karten geschenkt bekommen und ihre Tochter, die in Tel Aviv lebt, habe ihr die Show wärmstens empfohlen. "Jetzt bin ich gespannt, ob ich auf Englisch alles verstehe".
Freudige Erwartung, ernste Gespräche
Im Saal ist ein bunt gemischtes Publikum, viele zwischen 30 und 50 Jahren, manche Männer tragen Kippas. Es herrscht eine familiäre Stimmung, Küsschen und Umarmungen werden ausgetauscht. Freudige Erwartung liegt in der Luft, doch viele Gespräche werden ernst, wenn es um das alles beherrschende Thema geht.
Eine Frau ist fassungslos über die empathielosen Reaktionen, die die Bilder von verbrannten Babys bei ihren Kolleginnen auslösten, und ein junger Mann erzählt aufgebracht von einer Auseinandersetzung in der Uni: "Ich verstehe nicht, wie jemand, der ein Stipendium für die Uni bekommt, so dumm sein kann."
"Das Leben geht weiter, wenn auch anders"
Den scheinbaren Widerspruch, angesichts der Ereignisse in Israel einen Comedian als Abschluss und Höhepunkt der Jüdischen Woche zu präsentieren, greift Marc Grünbaum, Vorstandsmitglied der Jüdischen Gemeinde, in seiner kurzen Begrüßung auf.
Die Veranstaltung sei "ein Zeichen, dass das Leben weiter geht, wenn auch anders." Die Bilder in den Köpfen würden nicht verschwinden, aber an diesem Abend könne man den Zusammenhalt einer starken Gemeinschaft spüren.
Vom Inverstmentbanker zum Comedian
Dieser Gedanke zieht sich auch durch das Programm von Mordechai "Modi" Rosenbaum. Er ist selbst in Israel geboren, wanderte als Kind mit den Eltern nach New York aus. Nach einer Karriere als Investmentbanker wechselte er ins Comedy-Fach.
In seinem Programm erzählt er viele Anekdoten, die jüdische sozialisierte Menschen teilten. Zum Beispiel die anfangs erwähnten Fundraising-Aktionen, die es auch unter strengsten Corona-Beschränkungen noch gegeben habe - dann eben als Zoom-Meeting.
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Whoop versus watch
Oder ein obessives Interesse an Beerdigungen. Auch beim Begräbnis der 96-jährigen Oma könne man davon ausgehen, dass immer wieder die Frage komme: Wie ist sie gestorben? Modis Antwortvorschläge: Ihr Fallschirm hatte sich nicht geöffnet. Oder: Sie ist bei der Geburt gestorben.
Auch seine eigene Ehe mit einem jüngeren Mann nimmt er aufs Korn. Der sei ein Millenial, da würden manchmal Generationenunterschiede deutlich. "He's got a Whoop, I've got a watch." Die Fitnessuhr am Handgelenk des Jüngeren sage ihm nicht die Zeit, sondern, ob es ihm gut geht. "Ich schaue dagegen auf meine goldene Rolex und weiß, dass es mir gut geht."
Großer Körpereinsatz
Modis Scherze sind unpolitisch, auch wenn es beispielsweise um die Unterschiede zwischen Moslems, Christen und Juden geht. Erstere nähmen jeden Konvertiten dankbar auf, während der jüdische Rabbi sich mit verschränkten Armen hinstelle und sage: Du nicht. Diesen oft gehörten Scherz spielt Modi mit so großem Körpereinsatz, dass sein Publikum tobt vor Lachen.
Rosenfeld selbst ist beeindruckt, wie begeistert das Publikum seine Show aufnimmt. "Ich sehe backstage, wie die Leute ihre Smartphones auf Nachrichten checken. Dann beginnt die Show, sie lachen anderthalb Stunden, und dann geht wieder der erste Blick aufs Handy, auf die Nachrichten." "Insane" sei das, verrückt.
Am Ende die israelische Nationalhymne
Trotzdem findet er: "Die Menschen müssen lachen können, um sich vom Schrecken in der Welt zu erholen". Sein Programm hat er nach den Ereignissen des 7. Oktober kaum geändert, bis auf einen Punkt: Ganz am Ende bittet Modi das Publikum, sich zu erheben, und die israelische Nationalhymne HaTikwa erklingt. Ein beeindruckender Schlusspunkt eines ausgelassenen Abends.