"Cowboys und Indianer"-Ausstellung in Gelnhausen Ist der wahre Karl May ein Hesse?

Eine Ausstellung in Gelnhausen nimmt den Mythos Wilder Westen kritisch unter die Lupe und stellt einen Mann vor, der der hessische Karl May hätte werden können.

Exponate der "Cowboys und Indianer"-Ausstellung in Gelnhausen.
Exponate der "Cowboys und Indianer"-Ausstellung in Gelnhausen. Bild © Tanja Küchle, hr
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Geschichten aus den Weiten der Prärie, Helden wie Sitting Bull und Buffalo Bill, Winnetou und Old Shatterhand beflügelten seit dem späten 19. Jahrhundert die Fantasie der Menschen in Europa. Kinder spielten "Cowboy und Indianer" und verkleideten sich an Fasching so. Es war eine klischeehafte Sehnsucht nach Freiheit und Abenteuer, denn das wahre Bild Amerikas spiegelten diese Geschichten nicht wider.

Wie aber kam diese Begeisterung für den Wilden Westen nach Deutschland? Und warum haben wir heute einen anderen Blick darauf? Diesen Fragen widmet sich die Sonderausstellung "Cowboys und Indianer - Der Wilde Westen im Kinderzimmer" im Mitmach-Museum Gelnhausen.

"Der Begriff Indianer ist natürlich falsch"

Exponate der "Cowboys und Indianer"-Ausstellung in Gelnhausen.
Brettspiele in der Gelnhäuser Ausstellung Bild © Tanja Küchle, hr

"Bei Cowboy und Indianer steht der Begriff kulturelle Aneignung im Raum", so Kuratorin Simone Grünwald. "Aber eigentlich geht es hier um eine kulturelle Auseinandersetzung."

Man wolle zeigen, dass die Faszination aus einer kindlichen Harmlosigkeit entstanden sei. Die Ausstellung solle in erster Linie Spaß machen und den Kindern zeigen, womit ihre Eltern oder Großeltern gespielt haben. Denn heute sind solche Spiele und Bücher weitgehend aus den Kinderzimmern verschwunden.

"Schön wäre, wenn die Leute beim Rausgehen sich ein bisschen gedanklich damit beschäftigen, welche Einstellung sie dazu haben", so die Kuratorin und stellt klar: "Der Begriff Indianer ist natürlich falsch, allein schon historisch gesehen. Deswegen setzen wir ihn auch in Anführungszeichen."

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Das versteht man unter kultureller Aneignung

Kurz erklärt: Es geht um weiße Menschen, die sich mit kulturellen Elementen nicht-weißer Menschen schmücken, damit Geld verdienen oder sich damit verkleiden. Und das alles, ohne sich damit zu beschäftigen, dass diese Kostüme für Menschen stehen, die unter anderem früher verfolgt, versklavt oder ausgerottet wurden - die Native Americans in den USA zum Beispiel oder afrikanische Völker wie die Herero und Nama in Namibia.

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Wild-West-Shows, Romane, Filme

Großen Einfluss auf die deutsche Wild-West-Begeisterung hatte Buffalo Bill mit seinen Shows, mit denen er Ende des 19. Jahrhunderts zweimal durch das Deutsche Reich tourte. Über Nacht entstand ein regelrechter Fankult um Cowboys und die Native Americans. Gleichzeitig erschienen Karl Mays Abenteuergeschichten von Winnetou und Old Shatterhand und trafen den Geschmack der Zeit. 

Und schon 1903 kam der erste Western ins Kino. Bis in die 1970er Jahre hielt der Hype an, seitdem gibt es ein Umdenken. Die Glorifizierung der Westernhelden weicht einer Aufklärung über die Vertreibung der nordamerikanischen Ureinwohner durch europäische Einwanderer.

Ist der wahre Karl May ein Hesse?

Die Ausstellung in Gelnhausen nimmt sich aber auch eines Mannes aus Hessen an, der als Vorbild für Karl May und dessen Wild-West-Romane gelten kann: dem 1806 in Kassel geborenen Friedrich Armand Strubberg. Zwischen 1826 und 1854 lebte er in den USA.

Dort arbeitete er als Tabak-Vertreter, studierte Medizin und war Kolonialdirektor einer Plantage in Texas, bevor er sich als Landarzt niederließ. Wegen eines medizinischen Notfalls kehrte er in seine Heimatstadt zurück und begann mit dem Schreiben.

Zwischen 1858 und 1878 veröffentlichte Strubberg teils pseudo-autobiographische Abenteuerromane, romantisierende Reisebeschreibungen und Jugenderzählungen, die größtenteils im Südwesten der heutigen Vereinigten Staaten spielen.

"Er hat also definitiv vor Karl May geschrieben und kann mit dem Pfund wuchern, dass er wirklich dort war", betont Kuratorin Simone Grünwald. "Er weiß, wovon er schreibt. Seine Geschichten sind nicht erdacht wie die von May."

Strubbergs Bücher als kritische Werkedition

Hohe Auflagen und eine größere Bekanntheit blieben Friedrich Armand Strubberg aber verwehrt. Das ist auch der Grund, warum seine Bücher viele Jahre so gut wie nicht zu erhalten waren. Seit 2010 erscheint jedoch mit der sogenannten "Marburger Ausgabe" eine auf 20 Bände angelegte kritische Werkedition.

Laut Simone Grünwald hat Strubberg in seinen Werken eine fast schon moderne Auffassung gegenüber den Native Americans. Er zeige Verständnis für deren Kampf gegen die Siedler und äußere Kritik am System der Sklaverei.

1885 zog er von Kassel nach Altenhasslau - heute zu Linsengericht (Main-Kinzig) gehörend - wo er am 3. April 1889 starb. Ein Grund mehr, Friedrich Armand Strubberg in der Gelnhäuser Ausstellung zu würdigen.

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Infos zur Ausstellung

Die Sonderausstellung "Cowboys und Indianer - Der Wilde Westen im Kinderzimmer" ist vom 9. März bis zum 12. Mai im Mitmach-Museum in der ehemaligen Augustaschule Gelnhausen zu sehen.   

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Sendung: hr2-kultur am Nachmittag, 08.03.2024, 17.45 Uhr

Redaktion: Lars Schmidt

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Quelle: hessenschau.de