Eröffnung in Wiesbaden Das neue Museum Reinhard Ernst - eine Kathedrale für die Kunst
Nach rund acht Jahren Planungs- und Bauzeit öffnet das neue Museum Reinhard Ernst in Wiesbaden seine Türen. Das Team will Kunst für alle erfahrbar machen - und hat dafür sogar neue Anwendungen erfunden.
Dafür, dass in weniger als 72 Stunden sein Lebenstraum in Erfüllung geht, wirkt Reinhard Ernst erstaunlich gelassen. Er hat zu einer Pressekonferenz geladen, um das Museum vorzustellen, das seinen Namen trägt und das er der Stadt Wiesbaden geschenkt hat. Am Sonntag eröffnet es mit einem Tag der offenen Tür, am Dienstag geht es in den Regelbetrieb.
An vielen Ecken klopfen und bohren Handwerker, die Treppe muss noch abgeschliffen werden, in einigen Räumen riecht es nach frischer Farbe. Mittendrin gibt Ernst geduldig Interviews, posiert für Fotos. "Glücklich", antwortet er auf die oft wiederholte Frage, wie er sich fühle. Er sei so entspannt, dass er sein Redemanuskript zu Hause vergessen habe, witzelt er später auf der Pressekonferenz.
Es soll vor allem um Kinder und Familien gehen
Viel zu lang habe der Bau des Museums Reinhard Ernst (mre) gedauert, sagt er dann. Drei Jahre Planung, fünf Jahre Bauzeit seien zu viel gewesen. Doch er und der kürzlich verstorbene japanische Architekt des Museums, Fumihiko Maki, hätten schlicht jedes Detail genauestens diskutiert und geplant: "Es gibt hier keinen Abstellraum, keinen Türdrücker, nichts ohne Zweck", betont Ernst. Das Resultat: "Das schönste Museum, das Sie je gesehen haben."
Er freue sich, wenn am Sonntag viele Familien mit Kindern kommen, sagt Ernst. Denn vieles dreht sich um den Nachwuchs im neuen Museum: Der Vormittag wird Schulklassen vorbehalten sein. Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren haben freien Eintritt. Und: In einem Farblabor wird es Kunstvermittlungsworkshops geben.
"Hier können Kinder abstrakte Kunst kennenlernen", sagt Ernst weiter, "mir ist als Unternehmer aber vor allem wichtig, dass Kreativität gefördert wird." Er habe sich in diese Kunstrichtung verliebt, weil sie ihm die Möglichkeit gebe, zu sehen, was er will. Ein Porträt, wie das der Mona Lisa, sei ja recht konkret.
Bilder können nach Lieblingsfarbe sortiert werden
Museumsdirektor Oliver Kornhoff bezeichnet das mre als Startup-Museum, für das das Team vieles neu gedacht habe. Analoge und digitale Inhalte seien zum Beispiel neu verschränkt worden - so können Werke über Augmented Reality ergänzt oder online nach Lieblingsfarben sortiert werden. Über Projektionen können Kinder aus dem Farblabor heraus Teil einer Ausstellung werden.
Für einen Mediaguide habe das Team einige Features eigens neu erfunden, erklärt Kornhoff. Ein Beispiel: Die Besucher müssen keine QR-Codes scannen. Sie halten die Leihgeräte des Museums oder ihr eigenes Smartphone mit Museumsapp direkt auf das Kunstwerk. Dann bekommen sie Informationen vorgespielt.
Generell soll sich nach dem Willen des Museumsteams jeder in dem Haus wohlfühlen. "Dieses Gebäude gehört der Kunst, und die Kunst gehört allen", steht denn auch als Leitsatz des Ehepaars Ernst als Schriftzug im Museumsfoyer.
Bau wirkt gleichzeitig massiv und leicht
Das Foyer kann jeder betreten, ohne Eintritt zu bezahlen - eine Einladung der Ernsts an die Stadtgesellschaft, den Neubau zu besuchen, der gleichzeitig massiv und leicht wirkt.
Massiv durch die Würfelbauweise, leicht durch den Einsatz von viel Glas: Großflächige, bodentiefe Fenster vermitteln das Gefühl, direkt an der Straße, in der Stadt zu sein. Ein gläsernes Atrium in der Mitte des Gebäudes sorgt für Tageslicht.
Zunächst 60 der 1.000 Werke zu sehen
Die erste Präsentation des mre umfasst eine Auswahl von 60 der fast 1.000 Werke des Kunstsammlers Ernst, darunter Arbeiten von Friedel Dzubas, Frank Stella und Helen Frankenthaler. Etwa alle zwei Jahre soll die Dauerausstellung mit neuen Kunstwerken aus dieser Kollektion bestückt werden.
Raum und Werke sollen sich dabei gegenseitig verstärken, erläutert Kuratorin Lea Schäfer. In keinem der Ausstellungsräume verdeckt deswegen eine Säule die Wände, die überwiegend großformatigen Werke sind großzügig gehängt. Besonders spektakulär ist ein 14 Meter hoher, Kathedrale genannter Raum mit Oberlicht.
"Möchte am liebsten wieder Kunst sammeln"
Am Ende der Pressekonferenz wird Reinhard Ernst gefragt, was er denn nun mit seiner Zeit vorhabe, nachdem er die vergangenen Jahre durchgehend auf seiner Baustelle verbracht habe.
"Das Problem ist, dass ich viele Hobbys habe", sagt Ernst lächelnd. "Aber am liebsten möchte ich jetzt wieder Kunst sammeln."
Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 21.06.2024, 19.30 Uhr
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