Neubau in Marburg Ein Kühlschrank für die Kunstgeschichte

Das Deutsche Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte bezieht nach vier Jahren Bauzeit sein neues Gebäude in Marburg. Um empfindliche Materialien zu schützen, ist ein Teil des Neubaus ganzjährig kühl. Das Archiv bot Hollywood bereits Inspirationen für einen Film.

Rund 25 Millionen Euro hat der Neubau in Marburg gekostet.
Rund 25 Millionen Euro hat der Neubau in Marburg gekostet. Bild © picture-alliance/dpa
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Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte bezieht Neubau in Marburg

Dokuzentrum
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Das Deutsche Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte (DDK) zieht nach vier Jahren Bauzeit in seinen Neubau in Marburg nahe des Alten Botanischen Gartens und der Oberstadt. Mit rund 2,6 Millionen Aufnahmen ist das Dokumentationszentrum, auch Bildarchiv Foto Marburg genannt, nach eigenen Angaben eines der größten Bildarchive zur europäischen Kunst und Architektur. 

Sein Auftrag: "Kunstgeschichtliche Dokumentarfotografien anzufertigen, zu sammeln, zu pflegen und in möglichst guter Qualität an die Wissenschaft und die breite Öffentlichkeit zu vermitteln". Jährlich wächst der Sammlungsbestand des Bildarchivs um durchschnittlich 30.000 Aufnahmen.

25 Millionen Euro für den Neubau

Das DDK wird von der Philipps-Universität Marburg getragen. Bislang waren die Mitarbeiter auf mehrere Standorte über die Stadt verteilt. Jetzt stehen ihnen auf vier Etagen rund 2.500 Quadratmeter zur Verfügung. Bund und Land haben in den Bau jeweils knapp zehn Millionen Euro investiert. Die Gesamtkosten belaufen sich auf rund 25 Millionen Euro.

Das Herz des Neubaus sind 821 Quadratmeter Archivfläche, hermetisch einpackt in 80 Zentimeter dicke Wände. Noch sind die Räume leer - das Archiv von seinem bisherigen Standort hierher umzuziehen, wird noch etwa ein halbes Jahr dauern. Danach sei alles "auf dem neuesten Stand der Technik an einem Ort", sagte der Direktor des Zentrums, Hubert Locher. 

Minister: "Bildgedächtnis für kommende Generationen"

Hessens Wissenschaftsminister Timon Gremmels (SPD) hob bei der offiziellen Einweihung des Neubaus am Montag die Bedeutung des Dokumentationszentrums hervor.

Es handele sich um eine Forschungseinrichtung, die dafür sorge, dass "unser nationales und internationales Bildgedächtnis mit der Überlieferung kultur- und kunsthistorischer Dokumentarfotografien nicht nur für andere Institutionen, sondern auch für kommende Generationen dauerhaft gesichert und erhalten wird".

Ein Kühlschrank für empfindliche Negative

In technischer Hinsicht besonders aufwendig ist der gegliederte Archivbereich: Im sogenannten Zugangsarchiv, in dem neue Bestände ankommen, hat es konstant 20 Grad. Im ruhenden Archiv sind es sieben Grad, um die empfindlichen Materialien - vor allem Fotonegative - vor chemischem Zerfall zu schützen.

Dazwischen liegt das Arbeitsarchiv mit zwölf Grad. Hier wird mit den Archivmaterialien gearbeitet. Wenn Stücke aus dem ruhenden Archiv kommen, müssen sie schrittweise einige Zeit akklimatisieren.

Archiv war Stoff für Hollywood-Film

Gegründet wurde die Forschungs- und Serviceeinrichtung 1913 von dem Kunsthistoriker Richard Hamann. Eine wichtige Rolle spielte das Archiv im Zweiten Weltkrieg. Der Hollywoodfilm "Monuments Men" (2014) mit George Clooney und Matt Damon greift diese Geschichte auf. In einem Wettlauf gegen die Zeit versucht ein Team von Kunsthistorikern, bedeutende Kunstschätze vor den Nazis in Sicherheit zu bringen. 

Die wahre Geschichte dahinter: Der amerikanische Kunstschutzoffizier Walker Hancock inspizierte 1945 Marburg auf der Suche nach Nazi-Raubgut. Zur Sicherung dieser Objekte richtete die amerikanische Militärregierung im Marburger Staatsarchiv eine Sammelstelle ein. 

Die "Monuments Men" sollten Kulturgüter, die von deutschen Einheiten aus den besetzten Ländern geraubt worden waren, zusammentragen und sie ihren ursprünglichen Besitzern wieder aushändigen.

Analoges Material, digitale Arbeit

Heute zählt das DDK etwa 55 Mitarbeiter, die teils in Projekten, teils im Service tätig sind. Sie nehmen Anfragen von Wissenschaftlern oder Verlagen, aber auch von Privatpersonen entgegen, suchen die gewünschten Bilder heraus und lassen Digitalisate anfertigen.

In der Dokumentation werden der vorhandene Bestand und Neuzugänge erfasst, das heißt, die Mitarbeiter recherchieren Infos über die Objekte und erfassen die Daten für die Datenbank. In der Restaurierung werden historische Abzüge und empfindliche Negative bearbeitet. In der Fotoabteilung werden neue digitale Aufnahmen erstellt sowie bearbeitet und die analogen historischen Bestände digitalisiert.

Der größte Teil des Archivs sei bereits digital erfasst und frei online zugänglich, sagt Direktor Locher. Allerdings wachsen auch hier die Ansprüche, sodass früher gescannte Bilder mit besserer Auflösung erneut bearbeitet werden müssen. "Wir haben analoges Material aus mehr als 100 Jahren, agieren aber heute komplett im Digitalen", betont Locher Professor für Geschichte und Theorie der Bildmedien.

Weitere Informationen

Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 22.07.2024, 19.30 Uhr

Redaktion: Sophia Averesch

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Quelle: dpa/lhe