"Turtle Knight Games" Mit Mut und Leidenschaft: Weiterstädter Spiele-Studio für Entwicklerpreis nominiert
Am Dienstagabend wird der Deutsche Entwicklerpreis verliehen. Unter den Nominierten ist das kleine Independent-Studio "Turtle Knight Games" aus Südhessen. Das erhofft sich durch die Nominierung mehr Aufmerksamkeit - auch von der Politik.
Eduard Dobermann ist ein optimistischer Mensch. Das muss man annehmen, denn er hat im südhessischen Weiterstadt (Darmstadt-Dieburg) vor einiger Zeit ein kleines Entwicklerstudio für Computerspiele gegründet. Ein mutiger Schritt angesichts der handfesten Krise, in der die Videospiele-Branche samt Massenentlassungen und Studiosterben aktuell steckt.
"Turtle Knight Games" heißt das Independent-Studio des 35-Jährigen, in dem er mit aktuell zwei weiteren Mitarbeitern an der Entwicklung von Videospielen arbeitet. Eines davon wurde jetzt für den Deutschen Entwicklerpreis nominiert, der am Dienstagabend in Köln verliehen wird. Dort werden – anders als bei anderen Auszeichnungen – explizit die Entwickler und nicht alleine die Spiele ausgezeichnet.
Fußball, Action und Jump’n’Run
Das Spiel, mit dem Dobermann und seine Mitarbeiter ins Rennen gehen, nennt sich "Footgun:Underground". Dabei handelt es sich um eine anspruchsvolle Mischung aus Fußball, Action und Jump’n’Run. Mit dem Ball am Fuß kämpft sich der Charakter durch ein gefährliches Untergrund-Labyrinth voller Monster und Fallen. Der Ball dient dabei als Waffe, mit dem die Gegner abgeschossen werden müssen.
Nominiert ist "Footgun" in der Kategorie Casual Games, also leicht zugängliche Spiele. Die Jury lobt das Spiel für sein "erfrischendes Spielkonzept" und seine "innovative Mischung aus Breakout, Fußball und Jump’n’Run". Der Retro-Look verleihe dem Spiel Charme, gleichzeitig biete es einen hohen Wiederspielwert: "Leicht zu erlernen, aber schwer zu meistern."
Der Autor dieses Artikels kann das nach mehreren Stunden bester Unterhaltung und einer mit Ach und Krach durchlaufenen ersten Stufe bestätigen.
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"Eine große Ehre"
"Für mich ist die Nominierung eine große Ehre" freut sich Dobermann. Wie groß seine Gewinnchancen sind, vermag er nicht zu sagen. "Das war mein erstes größeres Spiel. Es hat sehr viel Spaß gemacht, es zu entwickeln, aber es ist jetzt nicht das beste Spiel der Welt." Wäre dem so, gäbe es für die Entwickler ja nichts mehr zu tun: "Dann könnte ich jetzt aufhören."
Ans Aufhören denkt Dobermann aber ganz und gar nicht. Zu viel Spaß mache ihm das Kreieren von kleinen Spielen. "Im Gegensatz zu den großen Blockbustern kann man seiner Fantasie und seinen Ideen beim Entwickeln von Independent-Spielen freien Lauf lassen", sagt er. Das mache auch die Faszination von Independent-Spielen aus. "Die großen Studios müssen Erwartungen erfüllen. Ich kann Spieler überraschen und auch mal Dinge ausprobieren."
Nominierung als "Qualitätsstempel"
Die Nominierung verleihe der eigenen Arbeit eine Art "Qualitätsstempel" und gebe einen Hinweis darauf, dass der Weg, den er mit der Gründung des Studios eingeschlagen hat, nicht in die komplett falsche Richtung führt.
Denn der Weg zu "Footgun" und der Nominierung zum Entwicklerpreis war nicht immer einfach oder von Optimismus geprägt, erzählt Dobermann. Schon bei der Gründung von "Turtle Knight Games" vor dreieinhalb Jahren war ihm klar, dass das Geld in der Branche nicht mehr auf der Straße liegt.
"Habe meine Ersparnisse reingepumpt"
Warum Dobermann diesen Schritt dennoch gegangen ist? "In erster Linie natürlich, weil ich selbst gerne spiele und mich Games schon immer fasziniert haben", sagt der studierte Informatiker. "Mit Anfang 30 war ich dann in so einer Art verfrühten Midlife-Crisis. Mein Job als Softwareentwickler hat mich nicht mehr richtig ausgefüllt. Ich wollte auch beruflich etwas haben, für das es sich lohnt, morgens aufzustehen."
Etwas, für das er Leidenschaft entwickeln kann, und das seien nun einmal Videospiele. Nach intensiven Gesprächen mit seiner Frau habe er sich dann entschieden, den Schritt zu wagen und "Turtle Knight Games" zu gründen.
Anfangs habe er das Studio parallel zu seinem Job betrieben, ohne genau zu wissen, wie man so etwas macht. "Die Anfangszeit war geprägt von ganz viel Ausprobieren", erinnert er sich. "Ich habe da auch meine Ersparnisse reingepumpt."
Vor etwa zweieinhalb Jahren hat Dobermann dann alles auf die Karte Spieleentwicklung gesetzt und sich mit seiner ganzen Zeit und Kraft dem Studio gewidmet. Das Risiko ist ihm bewusst: "Ich habe Familie, zwei Kinder und ein Haus. Da muss ich irgendwann auch Geld verdienen."
Dobermann: Spielebranche zu wenig beachtet
Eine Wette auf die Zukunft, deren Ausgang noch immer offen ist. Denn auch wenn er für "Footgun" von vielen Seiten Lob und Zuspruch erhält, sei der finanzielle Erfolg bislang ausgeblieben. "Es verkauft sich nicht so, wie erhofft", muss Dobermann zugeben.
Aktuell finanziert sich "Turtle Knight Games" zu großen Teilen aus Fördermitteln des Landes. Dafür muss sich Dobermann mit jedem Projekt neu bewerben, in diesem Jahr wurde ihm der Höchstbetrag von 50.000 Euro gewährt. Insgesamt wurden sechs Projekte aus Hessen mit insgesamt 280.000 Euro unterstützt, wie das Wirtschaftsministerium mitteilte.
Viel zu wenig, wie Dobermann findet. "Im Vergleich zu anderen Kulturbranchen wie Film oder Theater wird die Spielebranche kaum beachtet." Bekäme er auf kurze Sicht keine Förderung mehr, müsste er sein Studio wahrscheinlich dicht machen.
Nächstes Projekt als Schritt nach vorne
Trotz des bislang ausbleibenden finanziellen Lohns habe sich die Entwicklung von "Footgun" dennoch gelohnt. "Wir haben als Studio bewiesen, dass wir Projekte abschließen können. Die Nominierung zeigt dazu, dass unsere Arbeit auch Qualität hat." Alles, was Aufmerksamkeit generiert, nimmt Dobermann gerne mit. "Kleine Spiele, wie ich sie entwickele, gehen sonst unter."
Davon erhofft sich Dobermann einen Schub für das nächste Spiel, das sich schon mitten in der Entwicklung befindet. "Kinpath" soll es heißen und handelt von einer Froschfamilie, die Abenteuer erlebt. Wann es erscheint, ist allerdings noch unklar. Es soll aber der nächste große Schritt Richtung Ziel sein, das Studio auf eigene, stabile Beine zu stellen. "Da bin ich ganz optimistisch."