"Die Magie der Straße" Leica-Ausstellung in Wetzlar zeigt Ikonen der Straßenfotografie

Im Ernst Leitz Museum in Wetzlar sind derzeit herausragende Bilder der Straßenfotografie zu sehen. Mit der Ausstellung "Die Magie der Straße" feiert das Museum die erste Kleinfilmkamera Leica 1. Diese ging vor 100 Jahren in Produktion - und revolutionierte die Fotografie.

Eine ältere Dame im Pelzmantel steht auf einer Straße, um sie herum stehen Menschen, im Mund hat sie einen 10-Dollar-Geldschein. Sie ist blond, hat kurze, gepflegte Haare und trägt Perlenohringe. Hinter ihr ist der Ausschnitt eines gelben Schulbusses zu sehen, wie er in den USA genutzt wird.
New York, USA 1992 (Aus: Die Magie der Straße. Meisterwerke der Street Photography) Bild © Jeff Mermelstein

Klein, leicht - eine Revolution: 1925 präsentierte der Unternehmer Ernst Leitz II der Öffentlichkeit eine neue Kamera. Leica 1 sollte sie heißen, bald in Serie gehen und die Fotografie revolutionieren.

Audiobeitrag
Bild © picture-alliance/dpa (Archiv)| zur Audio-Einzelseite
Ende des Audiobeitrags

Denn: Anders als die bis dahin gebräuchlichen schweren Platten- oder Rollfilmkameras, wog die Leica 1 handliche 400 Gramm und passte bequem in jede Tasche.

Um diese neue Kamera der Welt vorzustellen, war Leitz II im März 1925 aus Wetzlar zur Frühjahrsmesse nach Leipzig gereist, in deren Rahmen die "Messeausstellung Kino, Foto, Optik und Feinmechanik" stattfand.

Schwarz-Weiß-Foto. Ein Mann mittleren Alters sitzt im Kittel an einem Schreibtisch mit Fotoapparaten.
Der Erfinder der Leica-Kleinbildkamera, Oskar Barnack, an seinem Schreibtisch (undatiertes Archivbild). Bild © picture-alliance/dpa (Archiv) /Leica Werke

Feier des 100. Jubiläums mit Ausstellungen

Seit diesem Moment konnte jede(r) Schnappschüsse machen. Und so wurde die Kamera, obwohl sie schon damals das 1,5-fache eines durchschnittlichen Monatslohns kostete, ein Verkaufshit.

In den Jahren und Jahrzehnten danach erblickten verschiedene Fotografie-Genres das Licht der Welt oder erlebten einen ungeahnten Aufwind.

Anlass für das Ernst Leitz Museum in Wetzlar, die Leica 1 gleich mit einer Serie von Ausstellungen zu feiern. Mit der aktuellen Schau "Die Magie der Straße" rückt das Museum die Straßenfotografie ins Zentrum.

Zu sehen sind erstmals ausschließlich Bilder aus dem Leica-Archiv. Über 100 Werke von rund 50 Fotografinnen und Fotografen aus aller Welt haben Kuratorin Karin Rehn-Kaufmann und ihr Team zusammengetragen.

Kuratorin: "Es sind authentische Bilder"

"Es sind authentische Bilder", erklärt die Kuratorin - Bilder, bei denen der Fotograf meist als Beobachter im Hintergrund stehe. Thematisch sei die Straßenfotografie breit aufgestellt, es gehe auch um gesellschaftliche Themen.

Oft hätten Vertreterinnen und Vertreter der Street Photography übersehene Milieus oder nur marginalisiert wahrgenommene Menschen empathisch präsentiert.

Bildergalerie
Ende der Bildergalerie

Gezeigt werden Bilder bekannter Namen wie des Franzosen Henri Cartier-Bresson (1908 – 20024), der Belgierin Martine Franck (1938 – 2012) oder des Amerikaners Joel Meyerowitz (geb. 1938), "wirkliche Ikonen der Fotografie", betont Rehn-Kaufmann.

Zu entdecken gibt es außerdem unbekanntere Fotografinnen und Fotografen wie den Engländer Matt Stuart oder die Berlinerin Julia Baier, die beide zur Ausstellungseröffnung am Donnerstagabend angereist waren. Von diesen könne auch die Handy-Generation noch einiges lernen, sagte Rehn-Kaufmann.

Ausgestellte Fotografien ragen aus der Bilderflut

"Die Bilderflut von Handys ist enorm, gerade, was die Street Photography angeht", erklärte sie. Doch in der Ausstellung sei zu sehen, dass der spezielle Blick und die Präzision der Fotografen sowie die Technik der Kamera es schafften, herausragende Bilder zu kreieren, "die den Moment noch einmal in eine andere Richtung zu lenken".

Bildkomposition auch bei Schnappschüssen entscheidend

Matt Stuart arbeitet seit 1996 als Fotograf weltweit, unter anderem für die britische Zeitung "The Guardian". Er habe erst nach einer Weile verstanden, dass er das "eine" Foto nicht durch ein einmaliges Drücken des Auslösers schieße, sondern durch zig Versuche, indem er eine ganze Serie aufnehme, erklärte er augenzwinkernd. Dort versteckten sich dann häufig kleine Schätze, die er erst beim Durchschauen entdecke.

Sie finde oft Bilder, die sie mit bloßen Augen auf den ersten Blick nicht entdeckt hätte, ergänzte Julia Baier, die unter anderem für die "taz" arbeitet. Denn auch bei Schnappschüssen komme es am Ende auf die Bildkomposition an: Wo stehen etwa die Personen, wo schauen sie hin, wie sieht der Hintergrund aus? Wie ist das Spiel von Licht und Schatten?

Alltagsgeschichten, Straßenszenen und Architektur

Die Ausstellung "Magie der Straße" ist voll solcher herausragender Kompositionen: Zu sehen sind Alltagsgeschichten, Straßenszenen und auch Architektur aus Amerika, Italien, Frankreich, Indien und vielen Ländern mehr. Die Botschaft lautet: "Die Geschichte der Straßenfotografie ist noch lange nicht auserzählt."

Weitere Informationen

"100 Jahre Leica: Zeugin eines Jahrhunderts"

"Die Magie der Straße", bis 1. Juni
"Das gute Bild", bis 1. Juni
beide im Ernst Leitz Museum
Am Leitz-Park 6, 35578 Wetzlar

"Im Dialog. Ein fotografisches Gespräch zwischen Walter Vogel und Franziska Stünkel"
Leica Galerie
Großer Hirschgraben 15, 60311 Frankfurt

Weitere Ausstellungen finden weltweit statt. Den Höhepunkt der Feierlichkeiten bildet nach Angaben von Leica die Jubiläumswoche am Unternehmensstandort in Wetzlar ab dem 25. Juni, dann wird eine Ausstellung des brasilianischen Fotografen Sebastião Salgado eröffnet, der in Wetzlar erwartet wird. 

Ende der weiteren Informationen

Redaktion: Katrin Kimpel

Sendung: hr2 kultur,

Quelle: hessenschau.de