Nach Antisemitismus-Diskussion Zweiter Anlauf: documenta findet neue Findungskommission

Der Aufsichtsrat der documenta in Kassel hat eine neue Findungskommission ernannt. Der erste Versuch, eine solche Kommission zu bilden, endete in einem Fiasko.

Collage von vier Frauen und zwei Männern
Die neue Findungskommission der documenta 16 (im Uhrzeigersinn): Yilmaz Dziewior, N'Goné Fall, Mami Kataoka, Gridthiya Gaweewong, Sergio Edelsztein und Yasmil Raymond Bild © Angkrit Ajchariyasophon, Ito Akinori, F. Diouf, Albi Serfaty, Falko Alexander, picture alliance, Collage: hessenschau.de
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Im zweiten Anlauf hat die Weltkunstausstellung documenta eine neue Findungskommission für die Schau im Jahr 2027 berufen. Auf Vorschlag der Geschäftsführung habe der Aufsichtsrat sechs herausragende internationale Expertinnen und Experten der zeitgenössischen Kunst einstimmig benannt, teilte die documenta am Dienstag in Kassel mit.

Nachdem die documenta 15 von Antisemitismus-Vorwürfen gegen die Kuratoren überschattet war, war die Verantwortung der vorgeschalteten Findungskommission diskutiert worden.

Sie hat die Aufgabe, Persönlichkeiten der zeitgenössischen Kunst einzuladen, sich mit einem Konzept um die Künstlerische Leitung der documenta zu bewerben und aus den präsentierten Einreichungen das vielversprechendste Format für die Umsetzung auszuwählen.

Genauer Blick auf Findungskommission

Umso genauer wurde daher auf die Findungskommission für die documenta 16 geschaut. Die erste - ebenfalls ein Team aus sechs internationalen Expertinnen und Experten - wurde im März 2023 vorgestellt.

Damals hieß es, die Mitglieder stünden "sowohl mit ihren unterschiedlichen künstlerischen, kuratorischen und kulturtheoretischen Hintergründen als auch als Persönlichkeiten gemeinsam für die Modernität, die Internationalität und die Vielfalt der documenta".

Doch die Kommission kam gar nicht dazu, ihre Arbeit aufzunehmen. Nach dem Rückzug eines israelischen Mitglieds und einer Diskussion um Antisemitismus-Vorwürfe gegen ein weiteres Mitglied trat das gesamte Gremium im November 2023 zurück. Im Anschluss verordnete sich die documenta-Führung eine grundlegende Überarbeitung der Organisationsstruktur.

"Hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein"

In der Pressemitteilung zur neuen Findungskommission betont documenta-Geschäftsführer Andreas Hoffmann die Expertise und vielfältigen Hintergründe des neuen Teams. Es zeige dankenswerterweise "ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein für die zeitgenössische Kunst und die documenta in dieser ganz besonderen Zeit".

Ob mit der Berufung der neuen Kommission auch der bislang kommunizierte Termin für die d16 (12. Juni - 19. September 2027) zu halten sein wird, dazu wollte sich der Hoffmann nicht äußern. Auf hr-Anfrage ließ er erklären: "Wie die Gesellschafter verschiedentlich betont haben, steht der Zeitplan nicht an allererster Stelle, sondern, dass uns eine relevante documenta 16 gelingt." Das habe für alle Beteiligten oberste Priorität.

Die Mitglieder der neuen Findungskommission

Die neue Kommission setzt sich zusammen aus zwei Männern und vier Frauen:

  • Yilmaz Dziewior (geboren 1964 in Bonn) ist Direktor des Museum Ludwig in Köln. Zuvor leitete er das Kunsthaus Bregenz und den Kunstverein in Hamburg. 2015 kuratierte er den österreichischen Pavillon für die Venedig Biennale und 2022 den deutschen Pavillon.
  • Sergio Edelsztein (geboren 1956 in Buenos Aires, Argentinien) ist freier Kurator, er lebt in Berlin und in Tel Aviv. 1995 gründete er das Center for Contemporary Art in Tel Aviv und war bis 2018 dessen Direktor und Chefkurator.
  • N'Goné Fall (geboren 1967 in Dakar, Senegal) ist eine unabhängige Kuratorin und Expertin für Kulturpolitik. Sie war Gastkuratorin der Biennalen von Bamako 2001 und Dakar 2002 und kuratierte Ausstellungen in Afrika, Europa und den USA.
  • Gridthiya Gaweewong (geboren 1964 in Chiang Rai, Thailand) ist künstlerische Leiterin des Jim Thompson Art Center in Bangkok. Ihre kuratorischen Projekte befassen sich mit Fragen des sozialen Wandels, mit denen sich Künstlerinnen und Künstler aus Thailand und darüber hinaus seit dem Kalten Krieg auseinandersetzen.
  • Mami Kataoka (geboren 1965 in Nagoya, Japan) ist Direktorin des Mori Art Museum in Tokio und des National Center for Art Research. Am Mori Art Museum hat sie eine Reihe von Überblicksausstellungen asiatischer mid-career Künstlerinnen und Künstler kuratiert.
  • Yasmil Raymond (geboren 1978) ist eine amerikanische freie Kuratorin. Sie lebt derzeit in Frankfurt. Von 2020 bis 2024 war sie Direktorin des Portikus und Rektorin der Städelschule. Zuvor war sie als Kuratorin am Museum of Modern Art, bei der Dia Art Foundation in New York und am am Walker Art Center, Minneapolis tätig.
Weitere Informationen

Redaktion: Alexandra Müller-Schmieg

Sendung: hr-iNFO, 03.07.2024, 16 Uhr

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Quelle: hessenschau.de