Erzählerin jüdischer Schicksale Schriftstellerin Barbara Honigmann mit Frankfurter Goethepreis ausgezeichnet
Für ihr literarisches Werk über jüdische Identität hat die Schriftstellerin Barbara Honigmann den mit 50.000 Euro dotierten Frankfurter Goethepreis erhalten. Kulturdezernentin Hartwig würdigte die Preisträgerin als bedeutende Chronistin jüdischen Lebens im geteilten Deutschland.
Die Schriftstellerin Barbra Honigmann ist mit dem alle drei Jahre vergebenen Goethepreis der Stadt Frankfurt geehrt worden. In Anwesenheit zahlreicher Gäste aus Politik und Kultur sowie interessierten Bürgerinnen und Bürgern übergab Kulturdezernentin Ina Hartwig (SPD) die Auszeichnung. Sie würdigte die Preisträgerin als bedeutende Chronistin jüdischen Lebens im geteilten Deutschland.
Autobiografisch grundierte Texte
"Wir sind stolz und glücklich, mit Barbara Honigmann eine Literatin auszuzeichnen, deren Romane eindringlich vom Schicksal jüdischer Menschen in der DDR ebenso wie der Künstlerbohème in Ost-Berlin erzählen", sagte Hartwig.
Gespeist aus eigenen Erlebnissen und Erfahrungen und oftmals autobiografisch grundiert, eröffneten Honigmanns Texte zugleich die Perspektive auf historische Zusammenhänge und Entwicklungen.
In viele Sprachen übersetzt
Honigmann wurde 1949 als Kind jüdischer Eltern in Berlin geboren. Ihre Eltern hatten im Exil überlebt und waren 1947 remigriert, um den Aufbau eines besseren Deutschlands zu unterstützen. Die studierte Theaterwissenschaftlerin war zunächst als Dramaturgin und Regisseurin unter anderem an der Volksbühne sowie am Deutschen Theater in Ost-Berlin tätig.
1984 reiste sie in die Bundesrepublik aus und debütierte 1986 mit dem Erzählband "Roman von einem Kinde". Zu ihren wichtigsten Werken zählen außerdem "Soharas Reise" (1996), "Alles, alles Liebe" (2000) und "Chronik meiner Straße" (2015). 2019 veröffentlichte sie den Roman "Georg", 2021 erschien "Unverschämt jüdisch". Ihre Werke wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet. Sie arbeitet auch als Bildende Künstlerin.
Laudator Biermann: "Ausnahme-Exemplar"
"Etwas Besonderes prägte Leben und Werk von Barbara Honigmann wie auch das meine", sagte Liedermacher Wolf Biermann, Freund und Weggefährte Honigmanns, in seiner Laudatio. "Wir blieben in Deutschland Ausnahme-Exemplare, denn beide waren wir in diese Welt als Juden- und Kommunisten-Kinder geraten." Nach seiner Rede stimmte Biermann noch die Lieder "Berliner Pflanze" und "Und als wir ans Ufer kamen" an.
Ein tief eingepflanztes Gefühl
Honigmann sagte in ihrer Dankesrede, ihr Weg als Deutsche sei vielfach markiert von Goethes Theater, seinen Gedichten und seiner Prosa. "Mein Weg als Jüdin ist geprägt von Exil-Erzählungen und Überlebensgeschichten und von dem tief in mich eingepflanzten und stets anwesenden Gefühl von einem 'Wir', die Juden, und 'die', die Deutschen, unter denen wir lebten."
Ihre intensive Beschäftigung mit dem Judentum vor dem Hintergrund der Shoa verbinde sie auch mit anderen jüdischen Autorinnen und Autoren der nachgeborenen Generation. Als Beispiele nannte Honigmann Robert Schindel, Robert Menasse oder Esther Dischereit. Sie alle schrieben aus den Erfahrungen ihrer jüdischen Herkunft und der Frage, wie sie es mit dem schwierigen Erbe ihrer Familien hielten.
Sendung: hr2-kultur, 28.08.2023, 15:15 Uhr
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