Ausstellung in Wiesbaden Museum Reinhard Ernst feiert Farb-Rebellin Helen Frankenthaler
Ihre Farben hat sie auch auf dem Boden auf riesige Leinwände gegossen: Wiesbadens neues Museum Reinhard Ernst widmet der US-Malerin Helen Frankenthaler eine Sonderausstellung - und die ist sehenswert.
"I'd rather think and move and make than halt" - "Ich denke lieber, bewege und mache, als stehen zu bleiben": So beschrieb die New Yorker Malerin Helen Frankenthaler um das Jahr 1970 ihr schöpferisches Selbstverständnis.
Einfach machen, tun - sich in den Entstehungsprozess eines Bildes hineinbegeben, ohne vorher schon genau im Kopf zu haben, wie es am Ende dann aussieht. So entstanden ihre Kunstwerke, von denen viele groß und farbenfroh sind.
Großformatige Leinwände mit satten Farbflächen
Helen Frankenthaler ist die Lieblingskünstlerin des Unternehmers Reinhard Ernst. 50 Werke der New Yorker Künstlerin, die von 1928 bis 2011 lebte und als einflussreiche Vertreterin des "abstrakten Expressionismus" gilt, hat der Kunstsammler in den vergangenen Jahren erworben. Es ist die weltweit größte private Sammlung Frankenthalers.
32 Bilder sind nun im Museum Reinhard Ernst in Wiesbaden ausgestellt: großformatige Leinwände mit satten Farbflächen.
Die Leinwand liegt auf dem Boden
Über einigen Kunstwerken hängen in der Wiesbadener Ausstellung Fotos, die Frankenthaler beim Malen zeigen. Außergewöhnlich: Die Leinwand liegt auf dem Boden, und die Künstlerin bringt die Farbe von oben auf. Sogar eine eigene Maltechnik hat Frankenthaler entwickelt: "Soak and Stain" heißt sie - Tränken und Einfärben.
Die Farbe wird stark verdünnt und dann direkt vom Eimer auf die Leinwand geschüttet. Dabei entstehen oft große Farbflächen. Helen Frankenthalers Wirken wird der "Farbfeldmalerei" zugerechnet, einer Strömung des "abstrakten Expressionismus".
Dekorative und abstrakte Hingucker
"Ich bin sicher, das Hineinfallen der Ausstellungsbesucherinnen und -besucher in diese Farbtöne ist einer der großen Reize dieser Ausstellung", sagt Oliver Kornhoff, der Direktor des "Museum Reinhard Ernst".
Und meint damit, dass Besuchende beim Schlendern durch die Ausstellung gar nicht anders können, als die großen Bilder mit den teilweise sehr dekorativen Farben wie gebannt anzuschauen.
"Größtmögliche künstlerische Freiheit"
Wie zum Beispiel "Sea Level" (Meeresspiegel), ein Werk Frankenthalers aus dem Jahr 1976. Ein Bild aus Blau-, Braun- und Beigetönen. Alles Farben, die mit dem Meer oder dem Strand zu tun haben. Doch dann kommt der künstlerische "Move", der aus dem Meeresspiegel, den man erahnen kann, ein abstraktes Kunstwerk macht.

"Die entscheidende Bewegung ist, dass sie das Bild zwar im Querformat gemalt hat, dass sie es aber dann ins Hochformat dreht", erklärt Oliver Kornhoff. "Denn sie sagt: Das will das Bild von mir. Das ist der Ausdruck größtmöglicher künstlerischer Freiheit."
Ein Bild, bei dem an den Rändern viel mehr los ist als in der Mitte
Ein weiterer Hingucker ist "Spanning”, eine großformatige Malerei aus dem Jahr 1971. Mit leuchtend roten, orangen und blauen Farbfeldern an den Bildrändern. "1971 ist das Jahr, in dem sich Helen Frankenthaler von ihrem langjährigen Partner scheiden lässt, und sich im Privaten wie auch im Künstlerischen einen neuen Raum erarbeitet”, berichtet Lea Schäfer, die Kuratorin der Ausstellung.

"Sie hat die Farbwolken auf dem Bild deutlich an den Rand geschoben. Und im Zentrum blicken wir auf unbehandeltes Gewebe. Das ist radikal, denn es ist eigentlich der Verzicht auf die eigene malerische Handschrift."
Es gibt kein richtig und kein falsch
Es ist spannend, sich die Bilder anzuschauen, dazu die Fotos des Enstehungsprozesses zu betrachten und Informationen über das bewegte Leben der Künstlerin zu erhalten. Oliver Kornhoff, Lea Schäfer und auch Museumsgründer und Kunstsammler Reinhard Ernst ist jedoch wichtig, zu betonen, dass sich die Helen Frankenthaler-Ausstellung nicht nur an Kunstkenner richtet.
Die großen, bunten Bilder der Künstlerin seien etwas für alle Menschen. Abstrakte Kunst wie diese können Menschen auch ganz ohne Vorwissen einfach auf sich wirken lassen, betont Reinhard Ernst.
Denn es gibt kein richtig und kein falsch : "Die abstrakte Malerei ist die, wo ich sehen kann, was ich möchte. Wo mir niemand sagen kann, das hier ist ein Baum, oder das dort stellt ein Haus dar. Über abstrakte Kunst kann man auch nicht streiten, weil jeder eine andere Sichtweise hat."