Ausstellung "feelings" von Cosima von Bonin In der Schirn werden Denkmuster zerschossen

Angeleinte Kuscheltiere, knallbunte Raketen, behäkelte Betonmischer: Die Kölner Konzeptkünstlerin Cosima von Bonin spielt in der Frankfurter Schirn virtuos mit Symbolen und Sinnhaftigkeit - und fordert den Besucherinnen und Besuchern viele Emotionen ab.

Raum 2: Raketen mit Schaukel und Plüschtier
Raum 2: Farbig lackierte Raketen mit Schaukel und Plüschtier Bild © Schirn Kunsthalle Frankfurt 2024, Foto: Norbert Miguletz
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Bild © Schirn Kunsthalle Frankfurt 2024, Foto: Norbert Miguletz| zur Audio-Einzelseite
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Am Eingang salutiert ein kostümiertes Fischpaar, angekettet an farbige Ukulelen. Auf einen ersten Irritationsmoment folgt die Erklärung. Auf dem Fußboden steht in kleinen schwarzen Lettern: "What if it barks?" - was, wenn es bellt?

Unter dem Titel "feelings" zeigt die Schirn Kunsthalle Frankfurt zum ersten Mal seit zwölf Jahren eine Einzelausstellung von Cosima von Bonin. Zu sehen sind textile Bilder, von der Künstlerin selbst "Lappen" genannt, Skulpturen und Installationen. Ein Großteil der Werke wird erstmals in Deutschland gezeigt.

Exponat "143 Bücher, 13 DVDs, 1 VHS-Kasette" von Cosima von Bonin
Plüschzaun mit Exponat "143 Bücher, 13 DVDs, 1 VHS-Kasette" Bild © Simon Vogel

Die prominenteste Vertreterin der Konzeptkunst arbeitet mit Malerei, Textilien, Filmen, Installationen und sozialen Beziehungen. Ihre Objekte und Skulpturen entwirft sie vorwiegend im XXL-Maß.

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Cosima von Bonin wurde 1962 in Kenia geboren. Ihr Vater war Shippingmanager in der Zementindustrie. 1967 zog die Familie nach Salzburg. Ende der 1980er Jahre studierte von Bonin zunächst Malerei bei Werner Büttner in Hamburg. Doch ihre "eigentliche Bildung" habe sie in einer Buchhandlung erhalten, sagt von Bonin selbst.

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Eine Ausstellung wie ein Puzzle

"feelings" ist unbequem für die Generation Instagram, für Swiper und Liker: Von Bonins Konzeptkunst ist vielschichtig und nicht leicht konsumierbar. Die Künstlerin verfremdet Klischees. Auch wenn ihre Installationen auf den ersten Blick schön bunt und lustig wirken, sind sie auf den zweiten Blick widersprüchlich und manchmal bedrückend.

Bilder hängen nicht an der Wand, sondern stehen wie Werbetafeln mitten im Raum, dazwischen immer wieder verfremdete Betonmischer, mal umhäkelt, mal als Käfig für Plüschschweinchen.

"Es ist keine Geschichte, der man folgen kann, was Cosima von Bonin in ihrer Ausstellung erzählt. Es sind Versatzstücke, Bruchstücke, die man als Besucher für sich selbst zusammensetzen kann", erläutert Katharina Dom, Kuratorin der Ausstellung.

Besucher sollen sich Rundgang selbst erschließen

Von Bonin verzichte auf klassische Beschriftungen zu ihren Werken, heißt es im Ausstellungstext. So wenig wie möglich solle vorgegeben werden, jeder solle sich den Kunst-Parcours, aufgeteilt auf drei große Räume, selbst erschließen.

Küken auf Rakete
Ein Riesenküken reitet auf einer Rakete. Bild © hr/ Susanne Reininger

Zum Beispiel eines der Leitmotive, das in der Mitte des ersten Raums prangt: eine meterlange Rakete mit Zaumzeug, darauf ein überdimensionales Plüschküken mit Erbrochenem auf dem Oberkörper. Man möchte es am liebsten aus dem Sattel heben und trösten. Sind Kuscheltiere sonst nicht die Tröster?

Ein paar Schritte weiter hängt ein Lampenschirm aus Plexiglas von der Raumdecke. Er birgt im Innern statt einer Glühbirne einen Lautsprecherwürfel und wirkt wie eine Dusche mit Club-Beats in Dauerschleife. Am anderen Ende des Raums steht eine überdimensionierte Disney-Teekanne, die wie eine Schaufensterpuppe eingekleidet ist.

Die Ketten und überlappenden Stoffschichten erinnern an die Mode der 1980er und 1990er Jahre. Kein Zufall, meint Museumsdirektor Sebastian Baden: "Das sind Referenzen von Cosima Bonin an die Geschichte der Popkultur, an Mode, an Fashion".

Durch die Brille des Kunstkenners und für Kinderaugen

Auch Referenzen aus den Kindertagen der Generation der Babyboomer sind zu entdecken: Pinocchio, Bambi, die Zeichentrickfigur Daffy Duck. Die schwarze Ente mit dem Sprachfehler ist der rote Faden der Ausstellung, mal auf Stoffbilder genäht, mal als prächtige Skulptur in Epoxidharz gegossen.

Daffy "Open up your Shirt"
Daffy "Open up your Shirt Please" Bild © hr/ Susanne Reininger

Auch Humor und Hintersinn hat seinen Platz: An gleich drei Orten prangen qualmende Zigaretten an den Wänden, wie Werbetafeln aus den 1980ern, die zum Rauchen auffordern. Übergroße Bikiniteile baumeln von der Decke, daneben Bugs-Bunny-Stofftiere, scheinbar eilig eine Tonne gestopft. Ein aufgetürmter Stapel mit Kuscheltieren und Büchern - exakt 143 Exemplare und eine versteckte VHS-Kassette. Ein wehleidiger Pinocchio, dessen Lügennase sich durch die Wand gebohrt hat.

Die Ausstellung über und mit Cosima von Bonin sei so etwas für die ganze Familie, betont Schirn-Direktor Sebastian Baden. "Wir haben erfahrenes, aber auch ein junges Publikum". Kinder würden die Popkultur zwar noch nicht kennen, sich die Dinge aber schrittweise aneignen.

Ausstellung "Feelings" - Raketen
Ausstellungsraum 2 mit Raketen-Spalier, Bikini und Pinocchio. Bild © hr/ Susanne Reininger

Ein Kunstwerk ist eben kein Kreuzworträtsel, das man lösen muss. In diesem Fall ist es vielmehr ein Puzzle. Man muss nicht alles, das in der Schirn ausgestellt ist, verstehen oder bis ins Detail einordnen können. Es geht ums Entdecken, ums Kombinieren - mit eigenen Erfahrungen, Erlebnissen und ganz persönliche "feelings".

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"feelings" in der Kunsthalle Schirn, Frankfurt
21. März bis 9. Juni 2024

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Sendung: hr2, 21.03.2024, 9.10 Uhr

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Quelle: Yvonne Koch (hr), hessenschau.de