Veranstaltungsreihe Warum auch der Palmengarten Goethes Geburtstag groß feiert
Als Dichterfürst kennt ihn jeder. Aber Johann Wolfgang von Goethe hat auch in der Botanik große Verdienste erworben. Zum 275. Geburtstag des Universalgelehrten gibt es im Frankfurter Palmengarten ein mehrtägiges Programm.
Es ist eine Facette Johann Wolfgang von Goethes, die viele nicht kennen: Neben der Literatur und Poesie widmete Goethe sein Leben auch der Botanik. "Er hat sich auch ganz wesentlich als Naturforscher gesehen", sagt Stefan Schneckenburger.
Der Botaniker war 30 Jahre im Frankfurter Palmengarten und im Botanischen Garten in Darmstadt tätig und findet: Goethe hat einen wesentlichen Beitrag in diesem Bereich der Biologie geleistet.
Veranstaltungsreihe zum Geburtstag
Zum 275. Geburtstag am 28. August widmet deshalb der Frankfurter Palmengarten dem Universalgelehrten Goethe eine eigene Veranstaltungsreihe. Schneckenburger wird dabei über den Dichter und seine Erkenntnisse für die Botanik erzählen, verbunden mit seiner Poesie und Anekdoten über ihn.
Schneckenburger ist Experte für Morphologie in der Pflanzenkunde, der Lehre für Gestalten und Formen. Genau dieser Teilbereich faszinierte auch Goethe.
Getrieben von seinem großen Interesse für Pflanzen und ihrer Entstehung untersuchte und zeichnete er ihre Entwicklung genauestens nach. Er beschrieb die Metamorphose von Pflanzen detailgetreu, und das eben nicht nur in Poesieform.
Bei seinen Ausflügen hatte er immer wieder einen Botaniker mit sich, der ihm die Pflanzen am Wegrand erklärte, erzählt Schneckenburger. Goethe studierte die Pflanzenarten und führte Experimente zu Lichteinflüssen im eigenen Garten und in Gewächshäusern durch.
Suche nach der "Urpflanze"
Goethe sei davon ausgegangen, dass alle Pflanzen aus einer Mutterpflanze, einer sogenannten Urpflanze herrühren. Diese Urpflanze habe er finden wollen.
Der Gedanke gründete laut dem Botaniker auf den damaligen Forschungen zum Ursprung des menschlichen Lebens. Seinerzeit ging man davon aus, dass das menschliche Leben auf einem so genannten Urtierchen basiert. Das gleiche sollte nach Goethes Vorstellung für Pflanzen gelten.
Bauplan für viele Pflanzen
Seine Ausgangsthese konnte Goethe nicht bestätigen. Eine Urpflanze hat er nie gefunden, dafür aber etwas anderes: Einen Bauplan der höheren Samenpflanzen. Dazu gehören zum Beispiel das Gänseblümchen, die Buche, der Ginkgo oder auch die Dattelpalme – alles Arten, die er studiert hat.
Dieser Bauplan besagt, dass diese Pflanzen modular aus einzelnen "Bauteilen" zusammengesetzt sind, die jeweils aus einem Sprossstück, einem Blatt und einer Achselknospe bestehen. Goethe habe genau untersucht, wie sich eine Pflanze aus einem Samen entwickelt und die Abfolge der Blätter vom winzigen Keimblatt über die Laubblätter bis hin zu Staub- und Fruchtblättern beobachtet, erklärt Schneckenburger.
Seine Beobachtungen und Zeichnungen machten zum Beispiel deutlich, dass im Grunde an jeder Stelle eines Baumes oder eines Krauts, wo ein Seitenast, ein Seitenzweig wächst, vorher ein Blatt gesessen hat, aus dessen Achselknospe sich ein solches Seitenorgan entwickelt hat.
Verdienstvolle Forschung
Er bemerkte, dass ein Blatt flexibel ist und sich verändert. Darin sah er einen Wechsel von Ausdehnung und Zusammenziehen – so nannte er es – und schrieb dazu: "Alles ist Blatt."
Goethe sei nicht der Einzige und Erste gewesen, der das festgestellt habe. Mit seinen klaren und sauberen Zeichnungen habe er aber einen großen Anteil an dieser Entdeckung gehabt. "Das ist sein Verdienst", betont der Botaniker.
Botaniker benennt Pflanze nach Goethe
Auch wenn Goethe laut Schneckenburger "sicherlich nicht im innersten Bereich der Wissenschaft" war, wurde er von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Botanik seinerzeit geachtet. Unter anderem von Alexander von Humboldt, der ihn sehr schätzte und mit dem er gemeinsam Experimente durchführte.
Der Botaniker und Naturforscher Christian Gottfried Daniel Nees von Esenbeck schrieb ihm sogar die Pflanzengattung "Goethea" zu. Davon soll der Dichter zutiefst gerührt gewesen sein, erzählt Schneckenburger und zitiert aus Goethes Dankesbrief:
"Daß Sie mich bey so einer herrlich ausgezeichneten Pflanze zum Gevattersmann berufen und meinen Namen dadurch eine so schöne Stelle unter den wissenschaftlichen Gegenständen anweisen, ist, wie Sie selbst fühlen und bemerken, im gegenwärtigen Augenblick doppelt rührend und eingänglich. Wenn man nahe dran war sich selbst aufzugeben und nun wieder mit Wohlwollen und öffentlichem Zeugniß desselben überhäuft wird (…)" Zitat von Johann Wolfgang von GoetheZitat Ende