Grabungen in Ebsdorfergrund Archäologen entdecken riesige Anlage
Überraschung in Ebsdorfergrund: Seit April 2021 laufen dort Grabungen auf dem Gelände eines Gewerbegebiets. Dabei haben die Archäologen weit mehr gefunden als erwartet.
Um Gewerbegebiete wird viel gestritten. Sie sichern Arbeitsplätze, sagen die einen. Die anderen haben Angst vor Versiegelung und Umweltschäden. Fest steht: Immer wieder fördern Arbeiten auf solchen Flächen auch archäologische Schätze zutage - so auch auf dem interkommunalen Gewerbegebiet InterKom in der Gemeinde Ebsdorfergrund (Marburg-Biedenkopf).
Bei einer Routinekontrolle hielt das Gebiet beim Ortsteil Heskem-Mölln einige Überraschungen für die Archäologinnen und Archäologen parat: zum Beispiel eine rund 6.000 Jahre alte riesige Wallanlage mit mächtigen Palisaden. Ein "etwas stabilerer Zaun", der als Annäherungshindernis diente, wie ein Experte erklärt.
Grabungsleiterin: "Hier herrschte Ausnahmezustand"
Die Gesamtgröße der Anlage schätzen die Archäologinnen und Archäologen auf 15.000 Quadratmeter. Es ist ein Fund, wie man ihn nicht alle Tage macht. Das war aber nicht von Anfang an klar, wie Grabungsleiterin Anna-Marie Dürr sagt.
"Wir hatten zunächst noch keine Zeitstellung", sagt die Archäologin. "Es gab nicht wirklich etwas, das uns einen Datierungshinweis gegeben hätte." Es zeigte sich dann aber bald, dass diese Ausgrabung keine Routine war.
"Als uns klar geworden ist, was wir hier haben, herrschte auf der Grabung und in einem selbst natürlich Ausnahmezustand", berichtet Dürr begeistert. "Es wuchs hier eine Zeltstadt. Wir waren morgens um sechs auf der Fläche und sind um 21 Uhr gegangen, wenn das Licht weg war."
Zeugnisse einer jungsteinzeitlichen Kultur
Das Gebiet zeugt nach Angaben des Landesamtes für Denkmalpflege "vom regen Treiben der Michelsberger Kultur", einer jungsteinzeitlichen Hochkultur. Diese markiert den Übergang von Jäger- und Sammlerkulturen zu Hirten- und Bauernkulturen.
Außerdem förderten die Forscher ein jüngeres - frühmittelalterliches - Gräberfeld zutage. In diesem wurden im 6. Jahrhundert nach Christus unter anderem hochrangige Personen bestattet.
Waffen als Grabbeigabe
Das leiten die Wissenschaftler daraus ab, dass in einem Grab zahlreiche Waffen lagen, darunter eine Lanze und ein Wurfspeer. Außerdem hatte die begrabene Person eine Goldmünze im Mund - und die galt als Bezahlung für den Fährmann auf dem Weg in die Unterwelt.
Anhand der Funde soll nun erforscht werden, wie die Menschen jener Zeit in diesem Gebiet lebten, ob es dort etwa eine Siedlung oder gar eine Kultstätte gab. Für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bleibt noch viel zu tun.
Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 06.09.2023, 19.30 Uhr
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