Graffiti-Künstlerin Thekra Jaziri Von der Bahn-Unterführung ins Museum
Die Kunst von Thekra Jaziri kann man in mehreren Frankfurter U- und S-Bahn-Stationen anschauen. Jetzt hat sie einen Auftritt in der Kunsthalle Schirn. Ihre familiären Wurzeln im Maghreb spielen dabei eine wichtige Rolle.
Wellenformen, Sandfarben und dazwischen kräftige Töne: Für die Ausstellung "Casablanca Art School" hat die Rotunde der Schirn eine neue Gestaltung bekommen.
Das sanfte Strahlen passt gut zu Thekra Jaziri, die von der Schirn Kunsthalle für diese Auftragsarbeit engagiert wurde. Die riesigen Wände im Inneren bemalte die Street-Art-Künstlerin nicht alleine, in einem Workshop für Kinder wirkten am Eröffnungswochenende daran viele eifrige Hände mit.
Es ist das erste Mal, dass Thekra Jaziri die weißen Wände eines Museums in ein Kunstwerk verwandelt. Ihre Murals kennt man sonst eher vom Vorbeilaufen, etwa an der Frankfurter S-Bahn Station Galluswarte, dem Mainkur-Bahnhof oder dem Radweg am Offenbacher Hafen.
Doch das Kurationsteam der Schirn hat Thekra Jaziri ganz bewusst für die "Casablanca"-Ausstellung ausgewählt, denn ihr Stil hat einige Elemente, die eine Verbindung zur Künstlergruppe der Casablanca Art School erahnen lassen.
Welche das ist, erzählt sie im hr-Interview an der Galluswarte: Ihre familiären Wurzeln liegen in Tunesien, bei den "Amazigh", einer indigenen Volksgruppe Nordafrikas, die früher schlicht als "Berber" zusammengefasst wurde.
Die "Casablanca Art School" wandte sich ganz bewusst diesem Afro-Amazighischen Erbe zu, für Thekra Jaziri geschah die Prägung eher unbewusst.
Prägende Urlaubseindrücke
"Als Kinder sind wir immer mindestens 6 Wochen in den Urlaub gefahren nach Tunesien. Dann siehst du die Ornamentik von den Fliesen bis zu den Stoffen", erzählt sie. Jetzt tragen auch ihre Arbeiten diese Handschrift, stellt sie selbst fest: "Das Bunte, das Gerasterte und so kleine Details, die man entdecken kann."
Auch das Filigrane in ihren Werken ist bei genauerem Hinsehen von der Erfahrungswelt ihrer Kindheit bestimmt, zum Beispiel vom Schmuck oder dem Henna an den Händen der Frauen.
"Meistens sind meine Arbeiten immer schwarz umrandet und dann gibt es kleine Dreiecke oder Blüten oder diese kleinen Punkte, die Sterne und diese Tropfenform zum Beispiel, die auch oft in meinen Bildern zu sehen ist", sagt sie mit Blick auf ihre Bilder.
Unwirtliche Orte gestalten
Doch nicht nur die Bildsprache ihrer Ahnen beeinflusst ihre Arbeiten, ebenso stark wirkt die Lebenswelt der Orte, die sie gestaltet. Oft sind es eher unwirtliche Orte wie eben Bahnhöfe oder Unterführungen.
Jaziri ist oft eine Woche oder länger vor Ort und schaut sich als erstes um, wer die Menschen sind, die sich dort aufhalten. Oft sind es Obdachlose, für die der öffentliche Raum ein Zuhause ist. Thekra Jaziri möchte wissen, was die Leute sich dort wünschen: Kalte Farben? Warme Farben? Etwas Florales?
Während sie die Wände besprüht, entsteht so oft eine "Connection", erzählt sie: "Ich bring denen dann auch mal ein Brötchen mit, oder die bringen mir was."
Werke bleiben ungeschützt
Wenn sie fertig sind, bleiben ihre Werke ungeschützt zurück, rasch landen neue Grafitti-Tags darauf, Menschen laden ihren Müll davor ab, oder Teile davon werden beschädigt.
Aber Thekra Jaziri nimmt das gelassen: "Wenn du Kunst im öffentlichen Raum malst, darfst du nicht traurig sein, wenn da wieder jemand drübergeht. Das gehört einfach dazu."
Hin und wieder geht sie aber auch einfach schnell mit ihrer Spraydose hin und repariert es wieder, gibt sie mit einem Augenzwinkern zu. Und für sie zählt ohnehin das Gemeinschaftliche, das sie in ihren Community-Projekten gerade mit Kindern voll ausleben kann.