Ausverkauftes Waldstadion Grönemeyer nimmt Frankfurt in den Arm
Mit einer emotionalen Show hat Deutschpop-Legende Herbert Grönemeyer zehntausende Fans im Frankfurter Waldstadion begeistert. In über drei Stunden spielte er 38 Songs.
Der bestens aufgelegte Deutschpop-Veteran Grönemeyer begeisterte am Freitagabend die 42.000 Zuschauerinnen und Zuschauer mit neuen Songs, alten Hits und ganz viel Emotionen.
Kurz nach 20 Uhr betrat Herbert Grönemeyer die Bühne im ausverkauften Frankfurter Waldstadion. Ganz leise, zunächst ohne Musik und fast unbemerkt lief er Richtung Publikum. Es dauerte einen Moment, bis die Menge merkte: Es geht los. Dann wurde es schlagartig laut, Jubel brandete auf. Doch Grönemeyer blieb zunächst bei den leisen Tönen, er setzte sich alleine ans Klavier und spielte die Ballade "Tau" vom aktuellen Album.
Emotion ist Trumpf
Damit gab der mittlerweile 67-Jährige von Anfang an das Motto des Abends vor: Emotion ist Trumpf bei seiner "Das ist los"-Tour. Das Publikum war sofort da und machte fortan all die Dinge, die ein gut gelauntes Publikum eben so tut: klatschen, mitsingen, sich im Takt wiegen und die Arme über dem Kopf schwenken.
Zum ersten Mal so richtig laut wurde es nach etwa 20 Minuten bei der Ruhrpott-Hymne "Bochum". Natürlich stilecht mit Saxophon-Solo. Überhaupt ging Grönemeyer an diesem Abend keine großen musikalischen Experimente ein. Hier und da bekamen alte Songs einen dezenten neuen Anstrich, aber insgesamt spielte er seine Musik so, wie er es schon immer getan hat - und wie sie die Leute hören wollen.
Dass in manchen Ecken des Stadions die Akustik arg zu wünschen übrig ließ, war bei Grönemeyer fast egal. Man versteht ihn sowieso nicht, die Texte kannten zudem so gut wie alle auswendig.
Die Bühne kam trotz ihrer Größe fast bescheiden daher. Links und rechts hingen die obligatorischen Videowände, dazu ein paar Lichteffekte und ein bisschen Nebel. Die Band hielt sich meist im Hintergrund. Das schaffte Raum für ganz viel Grönemeyer. Mehr brauchte es auch nicht, seine Präsenz reichte bis in die letzte Reihe.
Gänsehautmomente und selige Gesichter
Beim traurig-schönen Song "Der Weg", den Grönemeyer vor über 20 Jahren seiner verstorbenen Frau widmete, gingen nach etwa einer Stunde erstmals die Smartphone-Lichter an, die Dämmerung hatte rund ums Waldstadion eingesetzt. Nur Grönemeyer und sein Piano - einer dieser oft beschworenen Gänsehautmomente.
Bis zum Schluss waren es vor allem die alten Hits, wie "Musik nur, wenn sie laut ist", "Männer" oder auch "Flugzeuge im Bauch", die die Zuschauerinnen und Zuschauer so richtig in Stimmung brachten. Doch auch die Nummern vom aktuellen Album wurden zumindest mit wohlwollendem Hüftschwung begleitet.
Wer musikalische Virtuosität erwartet hatte, wurde an diesem Abend allerdings enttäuscht. Grönemeyer war nie die hohe Kunst der Musik. Die Harmonien sind einfach, der Gesang mehr markant denn brillant. Aber Grönemeyer versteht es wie kaum ein Zweiter, Gefühle zu transportieren.
Die melancholischen Balladen stimmten an diesem Abend so richtig melancholisch, bei den fröhlichen Songs wollte man sofort tanzen und lachen. Gefühle sind Grönemeyers große Stärke, damit holt er die Menschen ab. Dass er sein Publikum mitnehmen kann, hat er in Frankfurt wieder einmal eindrucksvoll bewiesen.
Wie eine dreistündige Umarmung
Dass er mit 67 nicht mehr so behände unterwegs ist - geschenkt. Tanzen schien noch nie sein Ding zu sein. Dass seine Stimme an Volumen verloren hat - egal. Er schafft es immer noch, ein ganzes Stadion zu verzaubern und mit auf seine emotionale Reise zu nehmen. Eine Reise mit ganz viel Kitsch und nostalgischer Verklärung zwar, aber eine schöne Reise.
Grönemeyer ist ein Menschenfreund, der bei seinen Ansagen auf der Bühne den Humanismus hochhält, stets aufrecht, wofür er wohl auch so geliebt wird. Mit seiner Musik nimmt er die Zuhörenden sanft in den Arm, drückt sie zart und zaubert ihnen ein Lächeln ins Gesicht.
"Das geht durch und durch", sagte der nach langanhaltendem Applaus sichtlich bewegte Grönemeyer gegen Ende des Konzerts, und sprach damit wohl vielen Anwesenden aus dem Herzen. Dieser Auftritt war wie eine dreistündige Umarmung mit dem Publikum.