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Verlegerin Sina Hauer im Porträt

Eine Frau lehnt sich aus einem Fenster, vor ihr auf dem Fensterbrett stehen mehrere Bücher. SIe lacht in die Kamera.

Von der Praktikantin zur Verlagschefin - das ist ein steiler Aufstieg. Jetzt bekommt Sina Hauer aus Sulzbach auch noch den Hessischen Verlagspreis verliehen. Ein Portrait.

Mitten in Sulzbach im Taunus, hinter einem Jägerzaun und üppigen Rosenbüschen, liegt das schnuckelige Verlagshaus. Eigentlich ist es nur ein Verlagsraum. Denn der Ulrike Helmer-Verlag residiert in einem kleinen Büro hinter der Küche, die wiederum an das Ess- und Wohnzimmer von Verlegerin Sina Hauer und ihrer Familie grenzt.

Zwei große und ein kleiner Schreibtisch stehen im Büro, jeweils mit großem Bildschirm und Rechner versehen. Sonst gibt es nur noch ein geordnetes Bücherregal und ein prominent platziertes Zitat der Firmengründerin: "Bücher sind Klamotten fürs Hirn".

Frau an einem Schreibtisch, im Hintergrund ein Buchregal.

Sina Hauer grinst. Das Büro sei alles, was sie für die Verlagsarbeit brauche. Ihre "Verlagskomplizin", wie sie ihre einzige Mitarbeiterin nennt, arbeitet in der Regel von Bochum aus und das Bücher-Lager ist im Gebäude gegenüber untergebracht.

Von der Praktikantin zur Verlagschefin 

Seit zwei Jahren leitet die 34-jährige Hauer den Traditionsverlag, der seit 1987 von der Frankfurter Soziologin Ulrike Helmer gegründet wurde. Am Dienstag wird sie dafür mit dem Hessischen Verlagspreis ausgezeichnet. Dabei wollte sie nach dem Studium eigentlich nur ein Praktikum in einem Verlag machen. "Ich wollte mit meinem Germanistikstudium Lektorin werden, wie wahrscheinlich 80 Prozent aller Absolventinnen."

Zwei Frauen an einem Messestand, im Vorgrund eine rote Torte

Den Helmer Verlag habe sie aus Zufall entdeckt. Weil er genau ihre Themen, von Gendergerechtigkeit bis Frauenforschung, bediente, war schnell klar: "Das ist mein Herzensverlag!"

Aus dem Praktikum wurde ein Volontariat, dann die Verlegerinnen-Assistenz. Weil der Verlag so klein ist, war Sina Hauer schnell mittendrin: "Ich habe alles von der Pike auf gelernt." Vom Erstkontakt mit den Autorinnen und Autoren über Gutachten, das Lektorat, Marketing, Pressearbeit, bis zur Präsentation auf der Buchmesse.

 "Als dann 2022 die Frage nach der Übernahme des Verlags im Raum stand, habe ich gar nicht so lange drüber nachgedacht. Es war wie im Bilderbuch", erinnert sie sich.

Kind schützt vor Selbstausbeutung

Die Verquickung von Arbeit und Privatleben war auch schon bei Verlagsgründerin Ulrike Helmer so. Das sei nicht immer leicht, gibt Sina Hauer zu: "Natürlich führt es dazu, dass man sich am Wochenende noch mal hinsetzt, wenn noch was fertig werden muss."

Gleichzeitig gebe es ihr aber auch viel Flexibilität im Alltag und ihr vierjähriger Sohn sorge schon dafür, dass sie nicht zu stark in die Selbstausbeutung abrutsche. 

Hartumkämpfter Markt und Kostenexplosion 

Denn die junge Verlegerin musste sich gleich mit existentiellen Problemen herumschlagen: steigende Papierpreise, höhere Energiekosten, Kostenexplosion bei der Herstellung und der Auslieferung. Schnell war klar: Ein "weiter so wie bisher" funktioniert nicht mehr.   

Deshalb hat die neue Verlagschefin erst mal die Buchcover geändert, ihnen einen "frischeren Look" verpasst. Die Webseite wurde benutzerfreundlicher gestaltet, Social Media ausgebaut, es gibt mehr Hörbücher und e-Books.  

Auch Nachhaltigkeit ist für Hauer ein Thema: Gedruckt wird nur noch klimaneutral in Deutschland. Außerdem wird vor allem bei Nachdrucken genau überlegt, ob eine Neuauflage wirklich Sinn macht, oder ob man den Titel als "Print on demand" anbietet, ihn also nur auf Nachfrage druckt. 

Frauenpower für Frauenthemen 

Geblieben ist die thematische Ausrichtung des Verlags: das Thema Frauen in allen Facetten. Geschichten von Frauen, die keinen Klischees entsprechen. Geschichten, die Mut machen, auch andere Wege zu gehen, die zum Beispiel auch von lesbischer Liebe handeln.  

Aber es gibt auch Sachbücher zu Feminismus-Forschung und Gendergerechtigkeit. Sina Hauer ist da sehr bestimmt: "Das wird sich auch nicht ändern, solange wir Sachen wie den Gender Pay Gap haben, Gewalt gegen Frauen oder solange Frauen immer noch den Hauptteil von Care-Arbeit leisten."

Briefkasten

Ihr Augen sprühen vor Engagement, während sie das sagt, sie unterstreicht ihre Worte mit beiden Händen. Man bekommt den Eindruck, dass diese junge Frau mit dem netten Gesicht und dem zugewandten Wesen auch durchaus kämpferisch sein kann. "Ich brauche diese Überzeugung, um ein Buch zu machen. Und ich kann wirklich hinter jedem Buch, das ich mache, zu 100 Prozent stehen."

Das Kämpfen auf der Straße, bei Demos, sei eher nicht ihr Ding, gibt die Verlegerin zu. Aber der Verlag helfe ihr dabei, ihren Beitrag zu einer gerechteren Welt zu leisten. "Ich bringe diesen Feminismus in die Köpfe der Menschen."

Hessischer Verlagspreis für Hauer

Genau dafür werden Sina Hauer und der Ulrike Helmer-Verlag am Dienstag mit dem Hessischen Verlagspreis ausgezeichnet. Der Verlag trage mit seinen Themen aktiv zu einer vielfältigen Verlags- und Literaturszene bei und sorge für mehr Geschlechtergerechtigkeit, schreibt Kunst- und Kulturminister Timon Gremmels in der Jury-Begründung.  

Natürlich hat sich Hauer über den Preis und diese Worte gefreut. Aber noch lieber wäre ihr, wenn unabhängige Verlage auch dabei unterstützt würden, dass diese kulturelle Vielfalt mit Themen abseits vom Mainstream erhalten werden kann. Ihr Wunsch: "Wir brauchen eine strukturelle Verlagsförderung, damit wir eine planbare Sicherheit haben, um weiterhin diesen Buchmarkt vielfältig zu halten." 

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