hr-Doku begleitet selbstbestimmtes Sterben "Ich freue mich aufs Sterben!"
Die Darmstädterin Sabine Mehne ist unheilbar krank – und möchte nach einem langen Kampf ihr Leben selbstbestimmt beenden. Ihre Familie hadert mit der Entscheidung. Die hr-Doku "Sterben, wie ich will" begleitet den Prozess des bewussten Loslassens.
Sabine Mehne steht in ihrer Küche und sortiert Rosenblätter. Aus einem Schrank zieht sie einen großen Pappkarton, in dem bereits hunderte an getrockneten Rosenblättern liegen. "Wenn mein Rosenlager voll ist, dann geht’s los", sagt sie. Damit meint sie ihren Sterbeprozess. Auf den Rosenblättern möchte sie liegen, wenn sie tot ist.
Sabine Mehne hat sich dazu entschieden, zu sterben – und zwar so, wie sie es will. Ihr Weg ist das Sterbefasten, der vollständige Verzicht auf Nahrung und Trinken. Dadurch tritt nach einigen Tagen der Tod ein. "Ich werde zuerst das Essen einstellen und dann die Flüssigkeit reduzieren", sagt die 65-Jährige, "und dann, wenn die Nieren aufhören zu arbeiten, werde ich nur noch schlafen. Wie bei einem ganz normalen Sterbeprozess."
Zweiteilige hr-Dokumentation "Sterben, wie ich will"
Die letzten 18 Monate ihres Lebens lässt sich Sabine Mehne von Filmautor Andreas Graf mit der Kamera begleiten. Entstanden ist ein rührender und empfindsamer Zweiteiler über eine Frau, die akribisch ihren Tod plant, ihn sogar mit offenen Armen empfängt. "Ich habe von Frau Mehne gelernt, dass man sich aufs Sterben freuen kann", sagt Autor Andreas Graf.
Der Zuschauer werde verstehen, warum Sabine Mehne diesen Weg geht, "aber man wird auch da sitzen und sagen 'Was für eine Egoistin'", sagt Graf, "weil sie sich so knallhart von der trauernden Familie abgrenzt". Doch genau das sei der Ansatz: diese Gleichzeitigkeit auszuhalten. Am Ende gehe es in der hr-Doku "Sterben, wie ich will" aber um Sabine Mehne und ihren Wunsch.
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Trauer und Wut in der Familie
Mit 38 Jahren erhält die ehemalige Physiotherapeutin die Diagnose: unheilbarer Krebs. Sie verbringt Monate im Krankenhaus, getrennt von ihrer Familie. Die Chemotherapien schlagen nicht an, über 30 weitere Diagnosen kommen hinzu. Sabine Mehne hat täglich Schmerzen. Sie ist eine schmächtige Frau, für vieles fehlt ihr die Kraft. "Ich habe gekämpft, 26 Jahre lang. Jetzt ist es genug", sagt Mehne.
Für die Familie, ihre drei erwachsenen Kinder und ihren Mann Berthold, ist das geplante Sterbefasten dennoch eine schwer zu akzeptierende Entscheidung. "Wir hatten natürlich viele Begegnungen, wo wir geweint haben, wo die Kinder wütend waren, sehr wütend sogar", sagt Sabine Mehne. Doch die Familie akzeptiert und versteht schließlich ihren Entschluss. Berthold Mehne, Sabines Ehemann, glaubt, dass die wirklich große Trauer erst nach dem Tod seiner Frau hochkommen wird: "Vieles kann man gar nicht vorwegnehmen".
Sterbefasten gilt als Suizid
Sterben sei ein natürlicher Prozess, dem wolle Sabine Mehne sich nicht entziehen: "So einen Giftbecher zu schlucken, das wäre mir zu schnell." Auch wenn die Verwendung des Begriffs in diesem Zusammenhang unter Experten umstritten ist: Juristisch handelt es sich beim Sterbefasten um Suizid.
So wird es in Sabine Mehnes Totenschein stehen: "Es stört mich total, dass mir dieser Begriff Suizid aufgedrückt wird." Sie wisse, dass viele Menschen ihre Entscheidung des Sterbefastens nicht verstehen können. "Aber für mich ist es das Normalste, das Natürlichste. Und ich glaube, auch das Schönste."
Sabine Mehne ist nach dem Sterbefasten gestorben. Ihre Geschichte "Sterben, wie ich will" gibt es ab Donnerstag in der ARD-Mediathek.