hr-Podcast "Kein Kinderwunsch" Warum Nicht-Mütter sich oft rechtfertigen müssen

80 Prozent der Frauen in Deutschland haben Kinder. Verena Kleinmann will nicht dazugehören. Trotzdem hat sie Angst, diese Entscheidung zu bereuen. Im hr-Podcast "Kein Kinderwunsch" spricht sie mit Frauen, die sich gegen Kinder entschieden haben - und was das mit ihrem Leben gemacht hat.

Fotomontage mit (von links) Verena Kleinmann, Jule Gölsdorf und Sabine Diabaté
Moderatorin Verena Kleinmann, Jule Gölsdorf und Soziologin Sabine Diabaté. Bild © Ben Knabe, Katerina Gottesleben, Peter-Paul Weiler, hessenschau.de
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Kinderkriegen ist in Deutschland die Norm. Nur jede fünfte Frau in Deutschland ist laut Statistischem Bundesamt kinderlos - ungewollt oder gewollt. Zu letzteren gehört auch Verena Kleinmann. "Ich habe keine Lust auf ein fremdbestimmtes Leben", sagt sie. 

Die Journalistin aus Frankfurt ist 39 Jahre alt, in einer Beziehung, hat kein Kind - und auch nicht den Wunsch, Mutter zu werden. Trotzdem stelle sie immer wieder fest, dass sie selbst über kinderlose Frauen über 40 Jahren denke: "Irgendwas ist doch verkehrt mit der!"

Reproduktionsnorm gesellschaftlich verankert

Noch vor einigen Jahren hätten die wenigsten ihr Freundinnen Kinder gehabt, sagt Kleinmann. Das sehe jetzt anders aus. Eine ihrer besten Freundinnen etwa habe drei Kinder in vier Jahren bekommen.

"Bei all meinen Mama-Freundinnen ist das Leben voller als vor den Kindern", so die Journalistin. Ihr eigenes Leben sei dadurch aber erst einmal leerer geworden - schließlich hätten Mama-Freundinnen vor allem im ersten Lebensjahr "kaum Freiheit und entsprechend keine Zeit".

Kleinmann fragt sich deshalb einmal mehr: "Mache ich einen Fehler, wenn ich kein Kind bekomme?" Im hr-Podcast "Kein Kinderwunsch" versucht sie, eine Antwort darauf zu finden - durch Gespräche mit Expertinnen, Mamas, Kinderlosen und Frauen, die ihre Mutterschaft bereuen.

Psychologin: Frauen ohne Kinder müssen sich rechtfertigen 

Tatsächlich gebe es in der Gesellschaft eine sehr präsente "Reproduktionsnorm", sagt Soziologin Sabine Diabaté. Sie leitet die Forschungsgruppe "Familie und Kultur" am Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung in Wiesbaden und weiß: Sich dieser Norm zu entziehen, ist immer noch ein Stück weit unkonventionell. 

Das bestätigt auch die Frankfurter Psychologin Linda M. (voller Name ist der Redaktion bekannt). Menschen hätten das Bedürfnis, "normal" zu sein und dazuzugehören. Wenn man feststelle, etwas anders zu machen als andere, gebe es ein "Diskrepanz-Erlebnis - und vielleicht auch ein bisschen dieses Gefühl, ein 'Mängelwesen’ zu sein".  

Frauen, die kein Kind bekommen möchten, müssten sich stärker für diese Entscheidung rechtfertigen. "Mütter werden nicht gefragt: Warum wolltest du ein Kind?", so die Psychologin. "Das suggeriert uns ein bisschen, dass irgendwas so sein muss."   

"Hat sich einfach nicht ergeben"

Während für manche Frauen feststeht, dass sie Kinder bekommen möchten oder eben nicht, entscheiden manchmal auch die Lebensumstände über diese Frage. So ging es Journalistin und Moderatorin Jule Gölsdorf, eine der Gespächspartnerinnen im Podcast.

Sie habe nicht bewusst die Entscheidung getroffen, keine Kinder zu wollen. "Es hat sich einfach nicht ergeben", sagt die 47-Jährige.   

Lange sei für sie nicht der richtige Zeitpunkt gewesen, ein Kind zu bekommen, so Gölsdorf - und dann sei sie in einer Beziehung gewesen, in der ihr Partner keine Kinder wollte. Zwar gebe es Momente, in denen sie es schade finde, keine Mutter zu sein. Trotzdem ist sie der Überzeugung: Wenn sie einen tiefen, inneren Wunsch gehabt hätte, wäre sie Mutter geworden.  

Kinder machen nicht automatisch glücklich

Gehen Eltern glücklicher durchs Leben? Darauf hat die Wissenschaft keine konkrete Antwort. Es gebe viele Puzzleteile, die dazu beitragen würden, dass ein Mensch glücklich und zufrieden ist, erklärt die Wissenschaftlerin und vierfache Mutter Sabine Diabaté.

Kinder seien eine Komponente, die glücklich machen könne. Pauschal gebe es aber keinen direkten Zusammenhang zwischen Glücklichsein und Kinderhaben, sagt die Expertin.

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Podcast "Kein Kinderwunsch"

"Werde ich es irgendwann einmal bereuen, kein Kind bekommen zu haben?" Diese Frage stellt sich Journalistin Verena Kleinmann. Im vierteiligen Podcast sucht sie Antworten - bei Expertinnen und Müttern, bei Kinderlosen und Frauen, die ihre Mutterschaft bereuen. In der ARD Audiothek können Sie ab dem 26. Oktober alle Folgen hören.  

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Sendung: hr2 Der Tag, 26.10.2023, 18:00 Uhr

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Quelle: Tamara Marszalkowski, hessenschau.de/Laura Nies