Bühnenszene: Eine Frau schenkt aus einer großen Kanne aus, eine andere hält die Hände geöffnet

Das Tanzprojekt "Babylon" bringt Menschen unterschiedlichster Hintergründe im hr-Sendesaal zusammen. Das inklusive Stück zeigt, wie Vielfalt und individuelle Stärken auf der Bühne verschmelzen.

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Inklusives Tanzprojekt "Babylon"

hs 09.07.2024
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Während der Generalprobe des inklusiven Tanzstücks "Babylon" im hr-Sendesaal herrscht ausgelassene und zugleich hochkonzentrierte Stimmung. Kinder tanzen um einen Jungen im Rollstuhl herum und halten sich an den Händen.

Rund 150 Menschen arbeiten seit November 2023 in dem inklusiven Tanzprojekt miteinander: Sechstklässler und Rentner, Förderschüler und Gymnasiasten, Profis und Laien, ohne und mit Behinderung. In den ersten Monaten probten sie in ihren jeweiligen Kleingruppen an ihren Schulen oder in sozialen Einrichtungen in Hessen. Zur Aufführung am Dienstag (9. Juli) versammelt sich das Ensemble im Sendesaal des Hessischen Rundfunks in Frankfurt.

"Babylon" macht mutig

Teilnehmer Björn Woltershof kommt von der Bühne und erzählt, dass er sich anfangs nicht getraut habe, ohne seine Betreuerin zum Training zu kommen und sich vor anderen zu zeigen. "Im Laufe des Jahres bin ich immer selbstständiger geworden und habe auch ein besseres Körpergefühl gefunden", sagt er. Der junge Mann hat aufgrund einer posttraumatischen Belastungsstörung Probleme, seine Gefühle und seinen Körper wahrzunehmen.

Der Choreograf und Regisseur des inklusiven Tanzprojekts, Miguel Zermeno, fokussiert sich auf die Stärken und nicht auf die Einschränkungen jedes Teilnehmers und jeder Teilnehmerin. So brachte er unterschiedlichste Menschen mit einer bemerkenswerten Selbstverständlichkeit zusammen: Für ein Programm mit Tanz, Musik und Schauspiel, das höchsten künstlerischen Ansprüchen genügt.

Vom Handicap zur Stärke

Das Credo des Choreografen: Auch wenn einem Akteur zum Beispiel die Arme fehlen, sei dies kein Mangel: "Da bringt man eine spezielle Figur, einen speziellen Charakter, der am Endefekt ein Plus ist, eine Begabung. Etwas, was kein anderer machen kann."

Die Story zu "Babylon - Miteinander reden ist Gold“ hat der Dramaturg und TV-Moderator Juri Tetzlaff geschrieben. Er moderiert auch die Aufführung im hr-Sendesaal. "Leute bauen einen Turm, wollen sich auf die Stufe mit Gott stellen. Dann plötzlich die große babylonische Sprachverwirrung, alles bricht zusammen", erklärt Tetzaff die biblische Vorlage.

Er ergänzt: "Ich finde, dass es heute durchaus Momente gibt, wo man das Gefühl hat: Wir reden zwar unglaublich viel, aber wir verstehen uns so wenig."

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Einzigartige Tanz-Trilogie

Das in Hessen bislang einzigartige Inklusionsprojekt startete bereits 2009. "Babylon" ist nach "Die Schöpfung" und "Die Arche" der dritte und letzte Teil einer Trilogie. Initiiert und finanziert wurde sie vom EDV-Unternehmer Heinz Jürgen Lorenz und seiner gleichnamigen Stiftung. Lorenz selbst, der über 80-Jährige hält sich lieber im Hintergrund und überlässt die Bühne den Beteiligten des Projekts.

Zur bereits vor Wochen ausverkauften Aufführung heißt es dann "Bühne frei" für Björn Woltershof und das restliche Ensemble. Schon jetzt steht für den Laiendarsteller fest: "Das Projekt wird noch ganz viel machen mit einem. Ich glaube, dass es ein ganz besonderer Moment, den wir hier geschenkt bekommen."

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