Kasseler Musiker Mayberg im Portrait "Meine Musik hört man am Anfang und am Ende von Beziehungen"
Mit seinem Lied "Endlos" begeisterte der Singersongwriter Mayberg aus Kassel junge Menschen auf TikTok. Jetzt kommt sein sein erstes Indie-Pop Album heraus und die Deutschlandtour des Musikers ist komplett ausverkauft. Ein Portrait.
Die Menschenmasse grölt so laut, dass der Sänger auf der Bühne kaum zu hören ist. "Du sagst, dass es geil wäre, wenn der noch frei wäre - Mayberg Mayberg". Helle Jeans, dazu Sneaker, um den Körper ein regenbogenfarbenes Gitarrenband, über die ganze Bühne hüpfend: Das ist Mayberg, der selbstironisch über sein gutes Aussehen singt - und wie gut er bei den Frauen ankommt.
Der 22-Jährige postet täglich auf Social Media von seinem Erlebnissen auf Tour. In den Kommentaren versuchen Fans verzweifelt an Restkarten zu kommen, denn Maybergs Tour ist schon seit Wochen ausverkauft. In seinem letzten Tourblock kommt er auch in Wiesbaden, Frankfurt und seiner Heimatstadt Kassel vorbei.
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"Ankommen in Kassel macht etwas mit mir"
Kassel wird am 18. Mai die letzte Station seiner Tour sein, dann geht es weiter mit der Festivalsaison. Mayberg erzählt im Gespräch, dass er sich neben dem Konzert in Leipzig am meisten auf Kassel freut. "Seitdem ich nicht mehr da wohne, macht es total viel mit mir, wenn ich am Hauptbahnhof ankomme und dann fährt man so rein nach Hause".
Nach dem Abitur zog Mayberg, der mit bürgerlichem Namen Luis Raue heißt, nach Leipzig. Dort trat er zunächst bei open mics und in Kneipen auf, um seine Musikkarriere richtig zu starten.
Früh Gitarre gelernt
Mit acht Jahren fing Luis Raue an, Gitarrenunterricht zu nehmen. Eine Inspiration war für ihn beispielsweise Milky Chance, die auch aus Kassel kommen und mit dem Lied "Stolen Dance" ihren Durchbruch feierten. Raue hat mit 13 Jahren begonnen, einige ihrer Songs, aber auch andere Popsongs zu covern. Erst sang er auf Englisch, dann auf Deutsch.
Damals habe er auch noch Fußball gespielt, aber dann wurde neben der Schule die Musik immer wichtiger für ihn. Mittlerweile lebt er von der Musik.
"Inzwischen ist es so, dass ich neben der Musik relativ wenig Zeit habe für andere Aktivitäten. Neben Freunde treffen ist nicht so viel Platz für andere Sachen", sagt er.
Ab 2020 nur noch Musik online
In Leipzig konnte er noch einige kleinere Gigs spielen, bevor dann 2020 Corona Liveauftritte unmöglich gemacht hat. Parallel zu seinen Auftritten hatte er schon immer auf Instagram und TikTok Eindrücke von seiner Musik gepostet. Mit Beginn der Pandemie war er dann gezwungen, seine Musik ausschließlich online zu verbreiten.
Mayberg ist mit seinen 22 Jahren Teil der Generation, die mit Social Media aufgewachsen ist. Das sei sein Vorteil, sagt er: "Die Wahrheit ist, dass ich das ja auch gar nicht anders kenne."
Viral gegangen mit "Spiegelbild"
Zwei seiner Songs (Endlos und Spiegelbild) gingen auf TikTok und auf Instagram viral und erreichten innerhalb von kürzester Zeit einen hohen Bekanntheitsgrad, gerade unter jungen Menschen in ihren Zwanzigern.
Zu den Lyrics "Und ich bin dankbar, dass mein Leben mir zum Leben reicht, manche haben's nicht so easy, manche haben's nicht so leicht" zeigten viele User:innen ihre Jahresrückblicke des Jahres 2022 auf Social Media.
Wertschätzung auf Social Media
Mayberg unterstützt gerade die Veränderung und Wiederverwertung seiner Songs und zeigt Unverständnis für Musiker:innen, die ihre Werke für unantastbar halten.
Er hält es für eine Wertschätzung seiner Songs, wenn Fans damit experimentieren: "Dann benutzt man halt auf Social Media eine abgeänderte Version davon, schneller oder langsamer oder höher oder tiefer oder so."
Einen Plan B gab es nie
Seine Social Media Accounts betreue er auch deswegen alle selber. Mayberg sagt, er findet es cool, dass er als Musiker eben nicht nur Musik macht, sondern auch in andere Arbeitsbereiche wie Design und Marketing reinschauen kann.
Deshalb kann er sich beruflich nichts Anderes vorstellen: "Einen richtigen Plan B hatte ich nie, aber Zweifel natürlich trotzdem" gibt der Musiker zu. "Und ich habe sie immer noch. Nicht mehr täglich, aber schon schon noch ab und zu."
Große Gefühle wie Zweifel, Trauer oder auch Liebe reflektiert er in seiner Musik. Seine Songs handeln von Themen, die einen in den Zwanzigern, aber auch darüber hinaus beschäftigen.
Regenbogen steht für Offenheit
"Ganz viele Leute hören meine Musik entweder am Anfang einer Beziehung oder am Ende. Und das ehrt mich irgendwie, dass die Musik das so begleiten kann in beide Richtungen", schwärmt Mayberg.
Gerade weil seine Songs so wenig politisch seien, versuche er anderweitig Zeichen zu setzen. Deswegen trage er das regenbogenfarbige Gitarrenband, das für Offenheit stehe. Er habe es von einem guten Freund geschenkt bekommen.
Alle Songs haben einen wahren Bezug
Seine Songs schreibt er alle selber. Maybergs Schreibprozess gehe in den meisten Fällen vom Text aus, sagt er. Er sammle Zeilen und Strophen über Monate und Jahre hinweg. "Irgendwann kann man daraus was zusammensetzen, was sich sinnvoll anfühlt und im besten Fall sogar noch einen wahren Bezug hat."
Viele dieser zusammengesetzten Strophen lädt er dann auf Spotify als Demoversion hoch. Kurze, noch nicht ausproduzierte Takes, dafür in hoher Stückzahl. Im März 2023 überraschte er dann seine Fans mit dem ersten Album "Mini".
Nicht poliert, nicht perfekt
Das Album beschreibt der Musiker als Do-it-Yourself-Produkt. Er möge an dem Album, dass es nicht poliert und perfekt sei. Die Songs auf "Mini" gehen mehr in die Indie-Pop-Richtung als vorherige Songs und machen das Album dadurch sehr tanzbar.
Auf der Tour spielt Mayberg unter anderem das komplette Album, aber auch beliebte ältere Songs. Gerade habe er eine kurze Pause zwischen Tourblocks, aber er könne es nicht abwarten, bis es wieder auf die Bühne geht.
Erfolgreich als Vorband von Alligatoah
Im letzten Jahr trat er als Vorband beim deutschen Rapper Alligatoah auf und habe großen Spaß auf dessen Tour und auf einigen Festivals gehabt. Er freue sich jetzt aber auch wieder seine eigene Tour spielen zu dürfen.
Nach dem Konzert in Kassel startet dann die Festivalsaison. Eine lange Strecke, so Mayberg: "Ich habe ein bisschen die Sorge, dass ich in einem halben Jahr sage: 'Okay, es ist ein bisschen zu viel gewesen' und dann muss vielleicht auch mal eine Pause sein."
Er habe auch Lust, mal wieder neue Musik zu machen, dafür sei gerade überhaupt keine Zeit.
Glücklich sein mit der Musik
Auf die Frage, wo es mit Mayberg in Zukunft wohl hingeht, sagt der Musiker: "Ich glaube, dass ich einfach aufpassen will, dass ich größtenteils glücklich bin bei dem, was ich da mache. Das ist Prio Nummer eins. Solange das so ist, ist alles echt fein."
Derzeit geben ihm die Musik und auch die Live-Konzerte auf jeden Fall mehr, als dass sie ihm nehmen. Er könne sich auch Kollaborationen mit Indiekünstler:innen wie der bayrischen Band Mola vorstellen. Konkret geplant sei aber nichts.