"Kulturhistorische Sensation" Kasseler Wissenschaftlerin: Schon Brüder Grimm naschten Schoko

Schon viel früher als bisher bekannt wurde in Deutschland Schokolade gegessen. Den Beleg dafür liefern Briefe der Brüder Grimm, wie eine Wissenschaftlerin der Universität Kassel entdeckte.

Zeichnung von Jacob und Wilhelm Grimm, die nebeneinander sitzen. Einer hält ein Buch, einer steckt seine Hand unter seine Jacke.
Die Brüder Jacob und Wilhelm Grimm schrieben nicht nur gern - sondern aßen offenbar auch Schokolade. Bild © picture-alliance / akg-images | akg-images

Als Geburtsstunde der essbaren Schokolade galt bisher die Erfindung der Kakaobutterpresse von Coenraad Johannes van Houten im Jahr 1828. Bis dahin wurde die luxuriöse Leckerei nur in Form von Kakao getrunken. Doch jetzt fand sich in einem Briefwechsel der Brüder Grimm mit einer Tante der Beleg dafür, dass es Schokolade in Form von Kugeln, quasi als Pralinen, schon einige Jahre früher gab.

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"Eine kleine kulturhistorische Sensation"

Die Kasseler Kunsthistorikerin und Grimm-Expertin Andrea Linnebach-Wegner stieß beim Erforschen des Briefwechsels auf entsprechende Passagen: "Im Jahr 1812 schreibt die Tante der Brüder Grimm, Henriette Zimmer, an ihre Neffen, dass sie ihnen Schokoladenkugeln schicke", berichtet sie und nennt ihren Fund "eine kleine kulturhistorische Sensation".

Henriette Zimmer war Kammerfrau der hessischen Kurfürstin. Während der französischen Besatzung Kassels 1806 war sie mit ihrer Herrin nach Gotha ins Exil gegangen. Dort stieß sie auf die seltene Köstlichkeit, mit der der dortige Hofkonditor offenbar experimentierte.

Dank für das "angenehme Chokolatgeschenk"

Ende Februar 1812 schrieb Henriette an Wilhelm, dass ein Bekannter ein Präsent von Gotha nach Kassel mitnehmen werde, wo die Brüder Grimm an den Kinder- und Hausmärchen arbeiteten. Sie kündigte an, "Chocolade Kügelgen zu schücke." Wilhelm bedankte sich in einem Brief vom 7. März 1812 für das "angenehme Chokolatgeschenk" und ergänzte: "Ich gehe nicht spatziren, ohne ein paar einzustecken."

Andrea Linnebach-Wegner wertete die Briefe während ihrer Arbeit im Fachgebiet "Werk und Wirkung der Brüder Grimm" an der Universität Kassel aus. Ihr Fachbuch "Briefwechsel der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm mit ihren älteren Verwandten" erschien bereits 2023.

"Pralins von Chokolade" jetzt aus Kassel

Den frühen Beleg für Essschokolade machte sie aber erst jetzt der Öffentlichkeit bekannt, da sie eine Kasseler Schokoladenmanufaktur dazu angeregt hat, die Süßigkeit von damals herzustellen. Bei dem von ihr ausfindig gemachten Rezept eines Gothaer Hofkonditors für "Pralins von Chokolade" soll es sich um die Schokoladenkugeln von Tante Henriette handeln.

Quelle: hessenschau.de