Künstlerhaus 43 sucht Zuhause Erfolgreiches Theater in Wiesbaden vor dem Aus?

Es ist seit fast 20 Jahren in Wiesbaden erfolgreich: das Künstlerhaus 43 - ein kleines, freies Theater in der Innenstadt. Doch die Zukunft des Theaters steht auf der Kippe. Der Stadt fehlen geeignete Räume.

Ein Veranstaltungsraum mit einer langen Bühne links und einem erhöhten Podium im Hintergrund. Die Wände sind mit schwarzen Vorhängen abgehängt. An der Decke gibt es eine große Glaskuppel. Bunte Scheinwerferlichter beleuchten den Boden in Pink und Orange. Rechts hängt eine Discokugel.
Bild © Tanja Küchle/hr

Die Zukunft des Künstlerhaus 43 in Wiesbaden ist derzeit mehr als ungewiss: Im schlimmsten Fall droht die Schließung des Theaters. "In 20 Jahren Theater habe ich zum ersten Mal Angst", sagt Intendant Wolfgang Vielsack.

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Noch steht er auch selbst auf der Bühne - genau wie seine Frau Susanne Müller. Die beiden haben ihr kleines freies Theater 2005 gegründet, damals noch in der Oberen Webergasse 43. Danach benannten sie es: "Künstlerhaus 43".

Theater fester Bestandteil der Innenstadt

Aktuell ist das Theater im ehemaligen Palasthotel in der Wiesbadener Innenstadt untergebracht, hat sechs Mitarbeiter, viele ehrenamtliche Unterstützer und beschäftigt jährlich rund 40 bis 50 freie Künstlerinnen und Künstler, sagt Wolfgang Vielsack.

In der Wiesbadener Innenstadt habe es sich etabliert - und mit einem ganz eigenen Programm-Angebot im letzten Jahr rund 10.000 Besucher in das Theater gelockt: von Poetry Slam und unterhaltsamen Theaterstücken mit begleitendem Dinner, über Kindertheater bis zu dokumentarischen Stoffen, wie dem Rechts-Terrorismus des NSU.

Das kleinste Fünf-Sparten-Haus Wiesbadens

Der Theaterhund Leni stand schon mit Thomas Gottschalk auf der Bühne. Wolfgang Vielsack schmunzelt, als er sagt: "Wir sind wohl das kleinste Fünf-Sparten-Haus, das es hier in Wiesbaden gibt."

Das Besondere ist außerdem, dass das Publikum bei vielen Stücken mitspielen darf - und das scheint anzukommen. Wirtschaftlich, sagt Vielsack, sei der Betrieb erfolgreich. Wenngleich das Haus auch finanzielle Förderung von der Stadt erhalte.

Ein großer Raum mit Holzboden und heller Stuck-Decke. Links stehen Bistro-Tische mit dunklen Holzstühlen. An den Wänden hängen Fotos. Im Hintergrund sind große Fenster mit Vorhängen und ein Klavier. Ein Hund steht nahe der Theke mit Barhockern.
Das Café gehört auch zur Initiative 43. Dort hält sich Theaterhund Leni gerne auf. Bild © Tanja Küchle/hr

Stadt will jetzigen Standort halten, Theatermacher auch

Der Mietvertrag für die derzeitige Spielstätte, das ehemalige Palasthotel, läuft zum Ende des Jahres aus. Das Gebäude ist stark sanierungsbedürftig. Noch ist unklar, ob das Palasthotel von der Eigentümerin, der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GWW, saniert, oder ob es verkauft wird.

Der Wiesbadener Kulturdezernent Hendrik Schmehl (SPD) favorisiert das Palasthotel als Spielort des Künstlerhaus 43. "Ich fände es sehr schön, wenn das Theater im Palasthotel auch in Zukunft bleiben könnte, auch über die Sanierung hinaus." Das fänden auch die Theatermacher Wolfgang Vielsack und Susanne Müller gut.

Ein Verlust der Stadt von 378.000 Euro

Die dringende Frage nun: Wo soll das Theater hin, solange das Palasthotel saniert wird - ob vom jetzigen oder neuen Eigentümer? Der ursprüngliche Standort des Künstlerhaus 43, die namensstiftende Obere Webergasse 43, steht nicht mehr zur Verfügung, der Magistrat hat inzwischen mehrheitlich dagegen gestimmt.

Ein privater Bauunternehmer hatte das Gebäude gekauft und möchte dort nun nach langem hin und her mit der Stadt ein Wohnhaus errichten.

Zu dieser Entscheidung kam es, nachdem die Stadt bereits 378.000 Euro an ein Architekturbüro gezahlt hatte, um Sanierung und Ausbau der Oberen Webergasse für das "Künstlerhaus 43" zu planen.

Ein Mann und eine Frau stehen in einem Raum mit Bühnenbeleuchtung. Der Mann trägt eine Brille, ein hellblaues Hemd und eine blaue Weste. Die Frau hat braune Haare, trägt eine Brille und ein kariertes Hemd. Im Hintergrund sind rote und blaue Vorhänge und eine Bühne zu sehen.
Wolfgang Vielsack, Susanne Müller Bild © Tanja Küchle/hr

Vorschlag: Ein Spielort am Stadtrand

Die beiden Theatermacher Wolfgang Vielsack und Susanne Müller möchten auf jeden Fall in zentral in Wiesbaden bleiben. "Ein Theater, das 20 Jahre Innenstadtbelebung macht, gehört hier in die Innenstadt", sagt Müller. "Genau zu diesem Zweck, neben all den anderen Zwecken, die es hat."

Es fehlt in der Innenstadt allerdings an verfügbaren, geeigneten Räumen für das Theater. Darum erwägt die Stadt nun auszuweichen, auf ein ehemaliges Gasthaus am Rande Wiesbadens, die "Alte Destille" in Sonnenberg. Derzeit lässt der Magistrat eine Machbarkeitsstudie erstellen, "ob das grundsätzlich von den Flächen her überhaupt passt", sagt Kulturdezernent Hendrik Schmehl.

"Alte Destille" weit weg von der Innenstadt

Die Theaterleiter Susanne Müller und Wolfgang Vielsack hatten die "Alte Distille“ zwar selbst mal ins Gespräch gebracht, sind aber nach der Begehung sehr skeptisch.

Man sei dort "viel zu weit ab vom Schuss", die Anbindung an den ÖPNV sei schwierig und das Gebäude befinde sich in einem schlechten Zustand, sagt Vielsack. "Da mache ich drei Fragezeichen dahinter. Bis das umgebaut ist, dauert es zwei bis drei Jahre."

Kulturdezernent : "Es hängt alles in der Luft"

"Es hängt alles in der Luft", bestätigt Kulturdezernent Schmehl. "Das macht die Sache so schwierig." Gerade unter dem Aspekt der fehlenden Planungssicherheit verstehe er die Zukunftsängste der Theatermacher.

Darum möchte sich Schmehl bei der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GWW für eine Verlängerung des Mietvertrages im ehemaligen Palasthotel bis wenigstens Mitte 2027 einsetzen - allerdings mit dem Recht, jederzeit auf wenige Wochen zu kündigen.

Theater droht in ein Loch zu fallen

Das schlechteste Szenario wäre wohl, dass der Mietvertrag des Theaters am jetzigen Spielort, dem ehemaligen Palasthotel, ausläuft - ob nun Ende 2025 oder Mitte 2027 - und es bis dahin noch keinen anderen Ort für das Theater gibt.

Auch Kulturdezernent Hendrik Schmehl sieht die Not der Macher. "Das Theater droht in ein Loch zu fallen. Das Haus braucht natürlich einen Ort. Ein Theater überlebt es nicht, wenn es zwei Jahre schließt, oder drei."

Petition für den Verbleib in der Innenstadt

Die Theaterleiter haben eine Petition für den Verbleib in der Wiesbadener Innenstadt gestartet. Innerhalb weniger Tage haben sie mehr als 1.700 Unterschriften gesammelt. Diese wollen sie den Stadtverordneten vor ihrer Versammlung am 13. Februar überreichen. Es geht vor allem um Außenwirkung, räumt Susanne Müller ein.

Aber sie will die Hoffnung nicht aufgeben. "Wenn ich zurückblicke auf die letzten 20 Jahre, in denen wir Theater machen, hat sich eigentlich, wenn sich eine Tür geschlossen hat, auch immer wieder eine neue Tür geöffnet."

Redaktion: Katrin Kimpel

Sendung: hr2 kultur,

Quelle: hessenschau.de