Kultur statt Chlor zum Tag des offenen Denkmals Wie aus einem alten Schwimmbad ein Theater wird
Das Alte Hallenbad in Friedberg war herunter- und in die Jahre gekommen. Es brauchte nicht nur viele Bauarbeiten, um es nun in neuem, altem Glanz erstrahlen zu lassen. Vor allem das Engagement vieler Friedberger machte das möglich. Nun wird es als Kulturstätte wiedereröffnet.
Der Geruch von Chlor schwebt hier schon lange nicht mehr in der Luft. Stattdessen riecht es verbrannt, Handwerker flexen noch fleißig. Eine dicke Staubschicht hat sich auf die Baustelle im Alten Hallenbad in Friedberg gelegt. In drei Wochen muss das Baugerüst verschwunden sein. Denn dann öffnet diese Friedberger Institution wieder ihre Türen.
Im Alten Hallenbad haben manche Friedberger in den 1960er-Jahren noch schwimmen gelernt. Andere kennen das Bad schon als soziokulturelles Zentrum. Seit 2013 wird das Gebäude für Kultur genutzt. "Bislang haben wir Theater in einem stark improvisierten Theatersaal angeboten", sagt Rainer Götze, Vorsitzender des Vereins, der das Theater Altes Hallenbad betreibt. "Ab Herbst wird das hoffentlich sehr viel professioneller und eleganter ablaufen."
Hygiene, Bewegung, Sonnenbaden ab 1909
Ursprünglich im Jahr 1909 wurde das Gebäude als Badeanstalt eröffnet. Die Dusch- und Wannenbäder waren für die Menschen in Friedberg gedacht, die selbst kein Bad in ihren Wohnungen hatten. Die Anstalt sollte bieten, was "gesundheitspflegend" war, erklärt Rainer Götze.
Neben Hygiene zählten auch Bewegung und Sonnenbaden dazu. Deswegen hat das Bad nicht nur eine großzügige Terrasse, es hat auch ein 18 Meter langes Schwimmbecken. "Das war für die Zeit vor dem I. Weltkrieg etwas ganz Besonderes."
Entstanden ist die Badeanstalt damals durch bürgerliches Engagement. 1891 wurde ein Bürgerverein gegründet, der den Bau des Bads plante und finanzierte. Und auch jetzt sind es wieder die Bürgerinnen und Bürger Friedbergs, die die Umwidmung und Sanierung des Gebäudes in die Hand genommen haben.
Friedberger Bürger gründeten Verein
Die Stadt Friedberg sei schon drauf und dran gewesen, das Gebäude abzureißen, so Götze. 1980 habe es die Stadt nach der Eröffnung des Usa-Wellenbads geschlossen. Fünf Jahre später wurde das Gebäude als "Denkmal bürgerschaftlichen Gemeinsinns" unter Denkmalschutz gestellt. Das Gebäude verkam nach seiner Schließung: eingeschlagene Fenster, überall Dreck.
Zwei Friedberger hatten dann die Idee, ein Theater daraus zu machen. 2007 gründeten sie gemeinsam mit anderen Mitstreitern einen Verein. Alle möglichen Sparten sollen ihren Platz im Alten Hallenbad bekommen, sagt Wolfgang Sinn. Er ist auch Vorstandsmitglied und koordiniert das Kulturprogramm.
2012 reichten die Mitglieder dann einen Bauantrag ein. Nun befinden sich die Arbeiten im finalen Bauschritt. Zur Eröffnung am 7.9. sollten erstmal die größten Arbeiten erledigt sein. "Mit dem jetzt laufenden Bauabschnitt werden wir insgesamt rund sieben Millionen Euro in den Bau und seine Sanierung gesteckt haben", so Götze. "Das sind überwiegend Zuwendungen der öffentlichen Hand in Kombination mit Geldern der Stadt Friedberg, der Bundesstiftung Denkmalschutz, dem Landesamt für Denkmalpflege sowie Lottomitteln." Etwa 1,5 Millionen Euro der Gesamtsumme wurden aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden generiert.
Barrierefrei und im historischen Gelb
Auf dem Schwimmbecken wurde bereits in einem früheren Bauschritt eine Decke aufgezogen, so dass der Raum als großer Saal genutzt werden kann. Doch die vielleicht größte bauliche Veränderung: Der Zugang zum Kulturzentrum ist nun barrierefrei. Menschen mit Gehbehinderung können jede Ebene des Gebäudes erreichen.
Die Fassade hat ihre ursprüngliche Farbe zurückerhalten. In den Akten wurde Rainer Götze fündig. Das Unternehmen, das sie hergestellt hat, gibt es immer noch. Nun erstrahlt die ehemalige Badeanstalt in ihrem neuen, alten Gelb.
Sprungbretter zu Sitzbänken
Die Fliesen bleiben aber – auch wenn die Blauen erst in den 1960er-Jahren angebracht wurden, als damals die Stadt das Bad sanierte. Zusammen mit den braunen Originalfliesen von 1909 sind es die "Jahresringe des Gebäudes", sagt Wolfgang Sinn.
Ein Jugendstil-Rundfenster ist auch noch erhalten. Es überdauerte für eine gewisse Zeit im Wetteraumuseum. Jetzt ist es wieder zurück und leuchtet in bunten Farben. Die Mitglieder des Vereins haben noch weitere Ideen, den vergangenen Glanz des Hallenbads wieder hervorzuholen. Aus den historischen Sprungbrettern etwa will man Sitzbänke machen.
Im ersten Stock soll ein Hochzeitszimmer entstehen mit Blick auf Stadtmauer und Kirche. Das Geschäftsmodell des Vereins sieht auch vor, seine Räume für Seminare oder Feiern zu vermieten.
Zehn Tage Kulturprogramm zur Eröffnung
Zur Eröffnung wird 10 Tage lang gefeiert. "Wir haben ab 7.9. eine Festwoche und bieten jeden Tag ein Kulturprogramm. Kammermusik, Weltmusik, Jazz, Kleinkunst, Varieté, Fado, Kindertheater, also ein ganz vielfältig ausgerichtetes Programm", so Sinn.
Am Eröffnungsabend ist eine Combo aus hr- und SWR-Bigband zu sehen. Um auch jüngeres Publikum anzusprechen, tritt die Marburger Singer/Songwriterin Fee auf.