Einblick in private Sammlung Darum sammelt eine Kosmetikfirma Kunst
Nagellack, Lippenstift, Lidschatten: Die Firma Cosnova mit Sitz in Sulzbach gehört zu den großen Playern im Kosmetik-Bereich. Mittlerweile hat sich das Unternehmen aber auch eine beachtliche Kunstsammlung aufgebaut – und das nicht etwa als Wertanlage.
In Büros und Besprechungsräumen, auf den Gängen und am Empfang, neben Druckern, Zimmerpflanzen und Computermonitoren: Überall in den Räumlichkeiten des Kosmetikunternehmens Cosnova in Sulzbach (Main-Taunus) steht und hängt farbenfrohe Kunst.
Rund 260 Werke umfasst die Sammlung, darunter zeitgenössische Gemälde, Fotografien und Skulpturen von Künstlern wie dem US-Fotojournalisten Steve McCurry oder dem einst als "Kunst-Wunderkind" gefeierten Leon Löwentraut.
Kunst soll Mitarbeitende inspirieren
Das Ziel der privaten Sammlung: den Mitarbeitenden eine Freude zu bereiten und sie in ihren kreativen Prozessen zu inspirieren. "Ein Künstler schaut mit anderen Augen auf die Welt, auf Produkte und auf Dinge des täglichen Daseins und interpretiert sie künstlerisch", erklärt die Kuratorin Claudia Walkenhorst.
Die Arbeit bei Cosnova sei gar nicht so anders. Ein Lippenstift müsse immer wieder neu erfunden werden, sei es in Bezug auf seine Verpackung, Textur oder Farbe. "Kunst inspiriert uns da unendlich."
In erster Linie suche sie neue Kunstwerke deshalb nach ihrer Farbe aus, sagt Walkenhorst. Die müsse zum Unternehmen passen – also zu der dekorativen Kosmetik, die das Sulzbacher Unternehmen seit 2004 weltweit vertreibt, zu knalligen Lidschatten, Lippenstiften und Nagellacken.
Anfangs Mittel gegen kahle Wände
Zur Kunst sei sie gekommen "wie die Jungfrau zum Kind", sagt Walkenhorst. Ihr eigentlicher Titel lautet Director Company Projects & Facility Management, sie ist unter anderem zuständig für die Infrastruktur des Cosnova-Bürogebäudes.
Als das Unternehmen vor 20 Jahren die Räumlichkeiten in Sulzbach bezog, hätten die Eigentümerin Christina Oster-Daum und sie festgestellt: Hier gibt es ganz schön viele weiße Wände. Es folgte eine erste Kunst-Shoppingtour durch Frankfurt, ohne große Strategie und mit kleinem Budget.
"Aber wir haben tolle Werke erstanden", sagt Walkenhorst. "Das hat auch mein Interesse an Kunst geweckt." Inzwischen steht der Facility Managerin ein jährliches Budget "im niedrigen sechsstelligen Bereich" für die Erweiterung der Sammlung zur Verfügung.
"Kunst muss Freude auslösen"
Die Auswahl neuer Kunst erfolge aber weiterhin intuitiv: Die beiden Eigentümer von Cosnova und sie würden auf Kunstmessen, Reisen oder bei kleinen Ausstellungen in lokalen Galerien fündig, sagt Walkenhorst.
"Unternehmen sammeln Kunst häufig als Wertanlage oder um Kulturgüter aus verschiedenen Epochen zu sichern", erklärt sie. Bei Cosnova spiele das eine untergeordnete Rolle.
"Ein Kunstwerk muss uns ansprechen, es muss Freude bei uns auslösen", so die Kuratorin. Inhaltlich bilde die Sammlung deshalb auch eher leichtere, fröhliche Themen ab, hier und da auch mit einem Bezug zur Beauty-Welt.
Einmal im Jahr öffentlich zugänglich
Freude auslösen soll die private Kunstsammlung nicht nur bei den Mitarbeitenden: Seit 2017 macht Cosnova sie im Rahmen der Aktion "Kunst privat" einmal im Jahr der Öffentlichkeit zugänglich.
Inzwischen öffnen 27 Unternehmen und Behörden wie die Deutsche Bank, die Schufa oder das hessische Finanzministerium regelmäßig ihre Türen, um in kostenlosen Führungen ihre sonst verborgenen Kunstschätze zu zeigen.
Projekt des Wirtschaftsministeriums
Für das Projekt arbeiten die teilnehmenden Firmen mit der Hessen Agentur zusammen, die im Auftrag des hessischen Wirtschaftsministeriums die Wirtschaftsförderung des Landes vorantreibt.
Indem sie ihre Bestände zugänglich machten, könnten Firmen eine andere Seite von sich zeigen, erklärt der Vorstandsvorsitzende der Hessen Agentur, Folke Mühlhölzer.
Gerade für den Bankensektor sei es wichtig zu vermitteln, "dass auch er im Rahmen der sozialen Verantwortung etwas für die Bevölkerung und damit für die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes tut".
Ungewohnte Einblicke in Unternehmen
Für viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer biete "Kunst privat" außerdem eine Gelegenheit, Einblicke in Unternehmen zu gewinnen, die sonst nicht öffentlich zugänglich sind, erklärt Claudia Walkenhorst von Cosnova.
Zu ihrem Standort in Sulzbach etwa kämen hauptsächlich Anwohnerinnen und Anwohner aus der Nachbarschaft und Familien mit Kindern. Die Plätze sind limitiert: Bei Cosnova etwa können sich pro Führung zwischen 20 und 25 Menschen anmelden.
"Anders als im Museum"
In der Regel seien die Slots innerhalb von drei Tagen ausgebucht, sagt Walkenhorst – vielleicht auch deshalb, weil die Kunstvermittlung in einem Unternehmen "ganz anders ist als im Museum".
Da sie keinen kunsthistorischen Hintergrund habe, gebe es in ihren Führungen keinen Abriss zu Farbtheorie oder Techniken, so die Kuratorin. Stattdessen erzähle sie, warum ein Werk gekauft wurde, woher es stammt, ob sie den Künstler oder die Künstlerin kennengelernt habe. "Und viele Leute spielen mir zurück, dass sie das anspricht."
Junge Künstler unterstützen
Und was haben die Künstlerinnen und Künstler davon? Unternehmen könnten mit ihren Sammlungen aufstrebende Kreative dabei unterstützen, sich in der Szene zu etablieren, sagt Claudia Walkenhorst – und ihnen mit "Kunst privat" eine Plattform bieten, die sie sonst nicht haben.
"Da können sie noch mal ganz anders in den Fokus kommen: Das ist ein super interessiertes Publikum. Das merkt sich vielleicht den einen oder anderen Künstler und beschäftigt sich intensiver mit der Kunst", sagt die Kuratorin von Cosnova. "Und vielleicht hat der eine oder andere auch eine kleine Kunstsammlung zuhause, die danach etwas wächst."