Kritik an Macklemore-Auftritt beim World Club Dome "Auftrittsverbote bringen Arbeit gegen Antisemitismus nicht weiter"
US-Rapper Macklemore ist einer der Headliner beim Elektrofestival World Club Dome im Juni in Frankfurt. Die Jüdische Gemeinde kritisiert, man gebe damit Antisemitismus eine Bühne und fordert seine Ausladung. Ein Experte ordnet im Interview die Vorwürfe ein.
Der US-Rapper Macklemore ist einer der Headliner beim diesjährigen World Club Dome (WCD), dem dreitägigen Elektro-Festival im Frankfurter Waldstadion (6.-8. Juni). Der Auftritt ist umstritten.
Denn der 41-Jährige Benjamin Haggerty alias Macklemore positioniert sich mit politischen Aussagen - und eckt damit auch an. Er kritisiert soziale Ungerechtigkeit, Polizeigewalt und hat sich zuletzt mehrfach zur Situation im Gazastreifen geäußert.
Besucher wünschten sich Macklemore
Sein Auftritt war ein Wunsch der Besucher, lässt der Veranstalter über eine PR-Agentur erklären: "Wir führen jedes Jahr nach dem Festival eine Befragung durch, welche Artists sich die Besucher für das nächste Jahr wünschen. Hier wurde auch Macklemore genannt, weshalb wir den Kontakt zur Booking-Agentur aufgenommen haben."
"Auftritt ist unerträglich"
Eine Einladung, die bei der Jüdischen Gemeinde Frankfurt für Empörung sorgt: "Wir halten diesen Auftritt für unerträglich", sagte Vorstandsmitglied Marc Grünbaum dem hr.
Macklemore betreibe Geschichtsrevisionismus, wenn er beispielsweise in einem Musikvideo einen Zusammenhang herstelle zwischen der Judenvernichtung der Shoa und den Geschehnissen im Gazastreifen: "Das ist verstörend".
Die Vorwürfe gegen Macklemore
Benjamin Haggerty alias Macklemore hat 2024 zwei Songs veröffentlicht, die sich mit dem Gaza-Konflikt beschäftigen und in denen er sich auf die Seite der Palästinenser stellt: Hind’s Hall und Hind’s Hall 2, für den er mit einem palästinensischen Künstler zusammenarbeitete.
Kritisiert wird er vor allem für seinen aktuellen Titel "Fucked up" und das zugehörige Musikvideo. Er zeigt darin Bilder des verheerenden Waldbrandes 2024 in Kalifornien und die Gesichter der jüdischen Unternehmerfamilie Resnick. Die Textzeile lautet: The worlds on fire / we don't own the water y'all / the Resnicks do.
Der Vorwurf: Haggerty mache sich hier die antisemitische Verschwörungserzählung zu eigen, Juden kontrolllierten das Wasser in Kalifornien.
An einer anderen Stelle im Titel heißt es: "Why the f*ck you think / why you can't afford the rent in your building / Why you can't afford groceries, in debt, in your feelings". Im Video werden Inflationsszenen mit der Israelischen Flagge gezeigt. Der Vorwurf: Das symbolisiere das Bild vom "reichen Juden", der hinter wirtschaftlichem Leid stecke.
Eine weitere Szene im Video zeigt das bekannte Bild eines jüdischen Jungen im Warschauer Ghetto neben einem aktuellen Bild eines Jungen aus dem Gaza-Streifen. Die Bildsprache ziehe Parallelen zwischen den Geschehnissen im Westjordanland und der Shoa, der millionenfachen Vernichtung der Juden im Nationalsozialismus. Das verharmlose die Shoa und däminisiere Jüdinnen und Juden weltweit.
Erinnert wird in diesem Zusammenhang außerdem an einen Auftritt Macklemores 2014, wo er sich mit einem stereotypen Kostüm (Hakennase, Bart, Schläfenlocken) als Karrikatur eines Juden zeigte. Er behauptete später, nichts von der antisemitischen Bedeutung gewusst zu haben.
Darum geht es in "F*cked up"
Benjamin Haggerty alias Macklemore hat 2024 zwei Songs veröffentlicht, die sich mit dem Gaza-Konflikt beschäftigen und in denen er sich auf die Seite der Palästinenser stellt: Hind’s Hall und Hind’s Hall 2, für den er mit einem palästinensischen Künstler zusammenarbeitete.
Kritisiert wird er vor allem für seinen aktuellen Titel "Fucked up" und das zugehörige Musikvideo. Er zeigt darin Bilder des verheerenden Waldbrandes 2024 in Kalifornien und die Gesichter der jüdischen Unternehmerfamilie Resnick. Die Textzeile lautet: The worlds on fire / we don't own the water y'all / the Resnicks do.
Der Vorwurf: Haggerty mache sich hier die antisemitische Verschwörungserzählung zu eigen, Juden kontrolllierten das Wasser in Kalifornien.
An einer anderen Stelle im Titel heißt es: "Why the f*ck you think / why you can't afford the rent in your building / Why you can't afford groceries, in debt, in your feelings". Im Video werden Inflationsszenen mit der Israelischen Flagge gezeigt. Der Vorwurf: Das symbolisiere das Bild vom "reichen Juden", der hinter wirtschaftlichem Leid stecke.
Eine weitere Szene im Video zeigt das bekannte Bild eines jüdischen Jungen im Warschauer Ghetto neben einem aktuellen Bild eines Jungen aus dem Gaza-Streifen. Die Bildsprache ziehe Parallelen zwischen den Geschehnissen im Westjordanland und der Shoa, der millionenfachen Vernichtung der Juden im Nationalsozialismus. Das verharmlose die Shoa und däminisiere Jüdinnen und Juden weltweit.
Erinnert wird in diesem Zusammenhang außerdem an einen Auftritt Macklemores 2014, wo er sich mit einem stereotypen Kostüm (Hakennase, Bart, Schläfenlocken) als Karrikatur eines Juden zeigte. Er behauptete später, nichts von der antisemitischen Bedeutung gewusst zu haben.
Der hessische Antisemitismus-Beauftragte Uwe Becker (CDU) spricht von "Judenhass mit Ansage". Er fordert, "dass Hass und Hetze gegen Jüdinnen und Juden endlich die Bühne entzogen" werde. Eine Forderung, die offenbar auch die Veranstalter des WCD beschäftigt.
Gespräche zwischen Jüdischer Gemeinde und Veranstalter
"Wir nehmen gesellschaftliche Debatten sehr ernst und beobachten die öffentliche Diskussion aufmerksam. Künstlerische Freiheit hat für uns einen hohen Stellenwert – sie endet dort, wo sie gegen grundlegende Werte wie Respekt und Menschenwürde verstößt", heißt es in der Mitteilung des WCD vom Freitag.
Ende des Monats soll es ein Gespräch zwischen Vertretern der Jüdischen Gemeinde und dem Veranstalter geben. Eine Ausladung Macklemores steht also durchaus im Raum.
Warum er das für keine gute Idee hält, erklärt Antisemitismus-Experte Samuel Stern im Interview.
hessenschau.de: Kannten Sie Macklemore schon vor der Kritik an seiner Person?
Samuel Stern: Ich bin großer Hip-Hop- und Rap-Fan und da war Macklemore immer ein Begriff. Ich kann mich an ganz viele Lieder erinnern, die mir bisschen zu Party waren, aber auch viele Lieder, die soziale Ungleichheiten angesprochen haben.
Gerade für mich als Politikwissenschaftler ist das eine schöne Überschneidung: Hiphop und Sozialkritik.
hessenschau.de: Sie sprechen von Songs wie "Same Love" zur Unterstützung der Ehe für alle oder "White Privilege" während der Black Lives Matter Proteste.
Stern: Genau. Ich kenne ihn nicht persönlich, aber ich glaube, er empfindet sich selbst als progressiv und bezieht sich deshalb auf solche Themen, wo es um soziale Ungleichheiten und Machtungleichheiten geht.
Er sagt: Es gibt hier eine sehr mächtige Seite, die unterstützt wird, und ich stelle mich auf die Seite, die in diesem Konflikt weniger Macht hat, benachteiligt ist, um diese zu pushen.
hessenschau.de: Und wie gut gelingt ihm das bei seinen aktuellen Songs? Zuletzt hat Macklemore drei Songs gemacht zu den pro-palästinensischen Demonstrationen an US-amerikanischen Unis und dem Krieg in Gaza.
Stern: Ich glaube, er möchte wahnsinnig viel Solidarität mit dem Leid der Palästinenser:innen ausdrücken. Das ist wichtig, legitim und valide.
Allerdings können einige Textzeilen leicht antisemitisch interpretiert werden. Da muss man sich fragen, ob nicht eher die Solidarität und das Leid der Palästinenser:innen instrumentalisiert wird, um antisemitische Sprachbilder zu verbreiten.
Deswegen würde ich sagen: Es gelingt ihm leider nicht.
hessenschau.de: Wenn Sie von antisemitischen Sprachbildern sprechen, was genau meinen Sie?
Stern: Zu sagen: Es gibt Jüdinnen und Juden, die Medien, Politik, Wirtschaft kontrollieren und die so Leid über die Bevölkerung bringen.
hessenschau.de: Einer Zeile im Song "fucked up" wird genau das vorgeworfen…
Das Wasserbeispiel ist sehr einfach und sehr eindrücklich: Es gibt eine jüdische Familie, die angeblich das Wasser in Kalifornien kontrolliert und die Bekämpfung der Waldbrände verhindert habe.
Im Fall der Waldbrände gibt es bestimmt viele Menschen, die unzufrieden waren, wie das abgelaufen ist, die sich gefragt haben, warum man bei den Löscharbeiten nicht schneller agieren konnte.
Man kann diesen Missstand ansprechen. Aber man bekämpft ihn nicht, indem man sich antisemitischer Sprachtraditionen bedient.
hessenschau.de: Sie sprechen von realen Missständen, die Macklemore in seinen Texten und Postings aufgreift. Er hat auch die protestierenden pro-palästinensischen Studenten unterstützt, von denen einige wegen ihrer politischen Arbeit aus den USA abgeschoben werden sollen.
Stern: Oftmals geht es bei Macklemore um soziale Ungleichheit, es geht um staatliche Polizeigewalt, es geht um White Supremacy (die angebliche Überlegenheit der Weißen, Anm. der Redaktion).
Wir sehen in den Videos von Macklemore kritische Bezüge auf Elon Musk, auf Benjamin Netanjahu, auf Trump. Wir sehen die Thematisierung von Rechtspopulismus und Rechtsextremismus, die die Demokratie gefährden, und natürlich macht sowas nicht Halt vor Israel oder den Vereinigten Staaten.
Tatsächlich funktioniert Rechtsextremismus und Rechtspopulismus auf Hebräisch, Englisch, Deutsch, Mandarin gleich bis ähnlich, sie bedienen sich ähnlicher Muster. Deswegen würde ich sagen: Es sind viele legitime und valide Kritikpunkte dabei, die man mitgehen kann.
Es ist halt die Frage, ob die eine oder andere Äußerungsform der Kritik problematisch ist, bzw. sich antisemitischer Sprachbilder bedient.
hessenschau.de: Die jüdische Gemeinde in Frankfurt fordert Macklemore vom World Club Dome auszuladen. Unterstützen Sie diese Forderung?
Stern: Man müsste sich eher fragen: Wie kommt man denn trotz all der bekannten, berechtigten Kritik dazu, ihn überhaupt einzuladen? Jetzt hat man ihn eingeladen, das ist durch. Ich könnte mir eher vorstellen, dass eine kurzfristige Absage Konsequenzen nach sich zieht.
hessenschau.de: Sie meinen, dass man nur noch über die Ausladung spricht?
Stern: Genau, dann spricht man nicht mehr über die antisemitischen Inhalte der Texte, deren Verbreitung und die Wirkung für Betroffene. Dann wird darüber gesprochen, wie frech und unfair es war, diesem Künstler den Auftritt zu verweigern.
Das ist leider etwas, was ganz oft passiert und uns auch in der Arbeit gegen Antisemitismus gar nicht weiterbringt.
hessenschau.de: Das heißt, keine Möglichkeit mehr für Dialog? Was würden Sie dem Veranstalter raten?
Stern: Man könnte eine Dialogveranstaltung im Nachgang machen, bei der problematische Textstellen angesprochen werden, vielleicht auch multiperspektivisch, das könnte eine Chance sein. Allerdings muss man bedenken, dass man dann wieder gewissen Inhalten eine Bühne gibt.
In der politischen Bildungsarbeit nehmen wir zu unseren Workshops viele antisemitische oder auch rassistische Bilder mit. Aber eben mit der Idee, diese zu kontextualisieren und zu dekonstruieren.
In einem ähnlichen Kontext könnte man das auch in Kunst und Kultur machen. Je nachdem, wie der Künstler oder die Künstlerin bereit ist, sich mit dieser Konfrontation auseinanderzusetzen und wie sie oder er sich bei der Diskussion verhält, kann man Schlüsse für die Zukunft ziehen.
Das Gespräch führte Leon Groß.
Transparenzhinweis: Der World Club Dome wird unter anderem präsentiert von YOU FM, der jungen Radiowelle des hr.