Von Waldleben und Waldmenschen Petra Arnold zieht mit der Kamera durch den Odenwald

Sie fotografierte Rockstars, die Hells Angels und begleitete einen Zirkus, jetzt ist die Fotografin Petra Arnold in ihrer südhessischen Heimat unterwegs. In ihrem Magazin "My Odenwald" zeigt sie die Odenwälder Menschen und Natur – und erkennt Parallelen.

Eine Frau mit einer Fotokamera in der Hand ist vor drei farbigen Fotos auf einfarbiger Fläche positioniert.
Fotografin Petra Arnold, umgeben von drei ihrer Fotos aus dem Odenwald. Bild © Petra Arnold, Collage: hessenschau.de
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Seit der ersten Ausgabe des Magazins "My Odenwald" im Jahr 2020 ist Jürgen Flügge ein Fan von Petra Arnold. "Sie hat eine Spürnase für Menschen und Orte, die anders sind als das Gewöhnliche", sagt der Theatermacher über die Fotografin. "Sie zeigt mir immer Sachen, die ich als gebürtiger Odenwälder gar nicht kenne und noch nie gesehen habe."

In einer Ausgabe der Zeitschrift zeigt Petra Arnold sein Hoftheater Tromm in Grasellenbach an der Bergstraße. Der zu einer Theaterbühne umgebaute Bauernhof am Fuße einer 500 Meter hohen Anhöhe in Südhessen gehört Flügge. Er ist auch Dramaturg an dem Hoftheater.

Jürgen Flügge sitzt auf einem Sessel, Petra Arnold fotografiert ihn.
Petra Arnold fotografiert für ihr Magazin Jürgen Flügge, den Dramaturg vom Hoftheater Tromm in Grasellenbach. Bild © hr/Maximilian Kleemann

Aus dem Odenwald für den Odenwald

Das Magazin "My Odenwald" ist Arnolds Leidenschaft. Die 57-Jährige ist unter anderem Herausgeberin, Fotografin, Redakteurin und Koordinatorin des Hefts. Auch den Vertrieb und das Webdesign der dazugehörigen Internetseite übernimmt Arnold selbst, genauso wie die Social-Media-Kanäle. Ihr Ort des Schaffens: Wald-Michelbach (Bergstraße), mitten im Odenwald.

Zweimal im Jahr erscheint ihr Heft. Eine Ausgabe widmet sich dem Frühling und dem Sommer im Odenwald, die andere dem Herbst und Winter. Darin porträtiert sie Kräuterfeen, Einsiedler, Messermacher oder Wanderschäfer, die mit ihrer Herde durch die Region ziehen. Ihr Fokus: Menschen, die den Odenwald vor Persönlichkeit strahlen lassen. In der Natur sucht sie versteckte Orte auf – wie den Lichtenklinger Hof bei Siedelsbrunn, einem Ortsteil von Wald-Michelbach, oder die Walburgiskapelle oberhalb von Fürth.

Bildergalerie

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Das sind einige von Petra Arnolds Gesichter des Odenwalds

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Menschen zeigen, wie sie wirklich sind

In den 1980er-Jahren begann Petra Arnolds Karriere als Fotografin. Mit ihrer klassischen Ausbildung in einem Fotostudio gab sie sich nicht zufrieden. "Da musste man immer alles genau planen und dirigieren", erklärt sie. "Mir hat der Freiraum der Straße gefehlt, das Authentische, weit weg vom Gestellten."

Arnold zog nach San Francisco in den USA. Bei ihren Streifzügen durch die Straßen fand sie, wonach sie suchte und entdeckte ihren eigenen Stil. "In der Straßenfotografie entstehen authentische Bilder." Die Reportagefotografie nutzte sie, um Menschen so abzubilden, wie sie wirklich sind. "Egal, ob sie in der Lack- und Leder-Szene waren, ob es Hippies in Haight-Ashbury (Anmerk. d. Red.: Stadtteil von San Francisco) waren oder normale Menschen auf der Straße."

Es habe sie interessiert, was die Menschen antreibe. Lange Zeit begleitete sie als Fotografin Mitglieder der Motorrad- und Rockergruppe Hells Angels. Auch Prostituierte und andere gesellschaftliche Minderheiten fotografierte sie. Sie rückte Randgruppen in den Vordergrund, das Tabu wurde ihre Inspiration.

Verschiedenen Fotos aus de USA sind zu sehen: Waffen, Motorrräder, spielende Kinder und interessierte Gesichter.
Foto-Erinnerungen an die verschiedenen Stationen: in Mannheim oder auf Reisen mit dem Zirkus. Bild © hr/Maximilian Kleemann

Mit Zirkus mitgereist - und Preis gewonnen

Zurück in Deutschland lebte die gebürtige Odenwälderin lange in Mannheim. Dort tauchte sie in die Subkultur ab und porträtierte Boxer, Künstler, Musiker und Menschen mit unkonventionellen Lebensweisen. Sogar Rockstars wie Iggy Pop oder David Bowie fanden bei Konzerten den Weg vor ihre Kamera.

Für eins ihrer Projekte erhielt Arnold den Deutschen Fotobuchpreis in Silber. Über als zehn Jahre begleitete sie den Zirkus "Starlight" mit einer analogen Spiegelreflexkamera auf Schwarz-Weiß-Film. Das nomadische Leben der Schaustellerfamilie endete jedoch mit der Corona-Pandemie, die Familie musste ihr Zirkusgeschäft aufgeben. In Arnolds Fotobuch "Beyond Starlight" wurde der Zirkus verewigt.

Kinder des "Zirkus Starlight" sind zu sehen
Kinder des "Zirkus Starlight" sind zu sehen. Für ihr Fotobuch über den Zirkus gewann Petra Arnold den Deutschen Fotobuchpreis in Silber. Bild © Petra Arnold

Neuer Lebensabschnitt in der Heimat

In der Pandemie zog die Fotografin zurück in ihre Heimat Wald-Michelbach im Odenwald. Dort macht sie mit dem weiter, was sie in San Francisco und in Mannheim begonnen hatte. Ihre Motive blieben in ihrer Essenz gleich. Auch im Odenwald gebe es spannende Menschen und Randgruppen zu entdecken, die bisher im Dunkeln geblieben seien. "Jeder Lebensabschnitt hat seine Vorzüge", sagt die Fotokünstlerin.

In ihrem neuen Lebensabschnitt, der durch "My Odenwald" gekennzeichnet sei, genieße sie die ländliche Ruhe in ihrer Heimat. Ihr Magazin gibt sie selbstständig und ohne Verlag heraus. Finanziert durch den Verkaufspreis von 8,50 Euro pro Heft, durch Werbeanzeigen und Partnerschaften für gesponsorte Beiträge. So porträtiert sie auch Firmen aus der Region, die die Wirtschaft in der Region antreiben.

Ein "besonderer Menschenschlag" im Odenwald

Es ist der Blick hinter die Kulissen ihrer Heimat, der sie so fasziniere. "Es ist meine Triebfeder, Menschen im Odenwald, die ihrer Leidenschaft nachgehen, darzustellen", sagt Arnold. Die Odenwälder seien ein "ganz besonderer Menschenschlag, den man lieben lernen kann, wenn man sie versteht", sagt Theatermacher Jürgen Flügge. Währenddessen lässt er sich von Arnold im Eingang seines Theaters fotografieren.

Theatermacher wie Flügge, aber auch Kunsthandwerker, Bio-Imker und einer der letzten "Gäulschesmacher", der die traditionellen Odenwälder Schaukelpferde noch handfertigt - sie alle hat Arnold besucht und porträtiert. Die Neugier, ihr eigenes Leben zu leben, zeichnet sie aus.

Und wenn Odenwälder einmal das machten, was sie auch interessiere, dann blieben sie dabei, sagt Flügge. In diese Nische regionaler Unnachahmlichkeit ist auch Petra Arnold einzuordnen. Ihre fotokünstlerische Reise um die Welt führte sie genau dorthin, wo sie auch anfing - zurück in den Odenwald, wo sie die Menschen und versteckten Orte mit "My Odenwald" sichtbar macht.

Redaktion: Sophia Averesch

Sendung: hr2 kultur,

Quelle: hessenschau.de