Ausstellung "Max Pechstein: Die Sonne in Schwarzweiß" Wenn die Sonne zur Bombe wird
Er gilt als einer der bedeutendsten Vertreter des deutschen Expressionismus: Max Pechstein. Das Museum Wiesbaden widmet ihm nun eine längst überfällige Sonderausstellung. Mit dabei ist ein Multimillionen-Bild, das der Öffentlichkeit seit Jahrzehnten verborgen war.
Als Roman Zieglgänsberger vor über drei Jahren mit der Planung angefangen hat, war ihm nicht klar, wie groß die Ausstellung am Ende werden wird. Nach und nach hat der Kurator am Museum Wiesbaden überraschend immer mehr Zusagen für Max Pechstein-Werke bekommen, auch von privaten Kunstsammlern.
"Nun können wir voller Stolz sagen: Es ist eine richtige Retrospektive geworden", so Zieglgänsberger. Das ist einmalig, zumindest im Rhein-Main-Gebiet, denn eine derart umfangreiche Pechstein-Ausstellung gab es hier noch nie.
Emotionale, erlebbbare Kunst
Pechstein zählt zu den wichtigsten Vertretern des deutschen Expressionismus, gehörte auch der berühmten Künstlervereinigung "Brücke" an. Er habe mit seiner Malweise dafür gesorgt, dass die Kunst emotionaler, erlebbarer geworden ist, erklärt der Kurator. Seine Bilder sind mitreißend, strotzen vor bunten Farben und Kontrasten.
Eines dieser markanten Bilder ist das "Selbstbildnis liegend von 1909". Es hängt direkt im ersten Raum der Ausstellung und zieht alle Blicke auf sich.
Zu sehen ist Pechstein selbst, der auf dem Boden liegt, in einer Hand eine Farbpalette, in der anderen ein Pinsel, im Mund die dampfende Pfeife. Es ist das wichtigste Selbstbildnis Pechsteins und auch eines der bedeutendsten Hauptwerke des deutschen Expressionismus.
Ersteigert für 3,2 Millionen Euro – jetzt in Wiesbaden zu bestaunen
Dass das Bild jetzt in Wiesbaden ausgestellt wird, ist eine kleine Sensation. Erst Ende 2023 hat ein privater Sammler das "Selbstbildnis liegend" für 3,2 Millionen Euro ersteigert und es nun dem Museum Wiesbaden für die Ausstellung als Leihgabe zur Verfügung gestellt. Seit 30 Jahren ist das Gemälde erstmals im öffentlichen Raum zu sehen.
Doch bunt ist längst nicht alles, was Pechstein kann. Neben 1.250 gemalten Bildern sind während seiner Schaffenszeit auch 1.000 Druckgrafiken entstanden.
Wenn der Museumsdirektor selbst dazulernt
Für Museumsdirektor Andreas Henning eine neue Erkenntnis: "Ich habe immer nur Pechsteins Gemälde vor Augen gehabt, aber dass er solche unglaublich eindrucksvollen Holzschnitte geschaffen hat, das ist für mich neu."
In der aktuellen Pechstein-Ausstellung halten sich bewusst bunte Gemälde und die sonst eher wenig beachteten schwarzweißen Drucke die Waage. Kurator Roman Zieglgänsberger hat die Arbeiten dabei so klug gehängt, dass sich Farbe und Schwarzweiß in ihrer Wirkung gegenseitig befeuern.
Farbigkeit im Schwarzweiß
Dass eine Sonne nicht nur gelb, rot, orange, pink, grün oder blau sein muss, sondern eben genauso gut schwarzweiß sein kann, wird in der Ausstellung sofort deutlich.
Viele Motive, wie auch die Sonne, kenne man aus der Realität. Beim Betrachten einer schwarzweißen Sonne, würde der Kopf automatisch die Farben ergänzen. "Die Farbigkeit im Schwarzweiß entdecken", nennt Kurator Zieglgänsberger dieses Phänomen.
Sonnenstrahlen aus den Museumsräumen
Über 160 Werke, gegliedert in acht Themenräume, sind in der Ausstellung zu sehen. Die Räume zeigen die jeweils wichtigsten Motive des Malers: Boote und Fischer, die Familie, Paradies und Krieg oder Bühne und Tanz.
Ein Raum widmet sich einer Max Pechstein Forschungslücke: der Sonne. Mal aufgehend, mal untergehend, mal als kosmisches Licht, mal als zerstörerische Bombe im Krieg, die die Soldaten in den Tod führt.
"Es gibt unzählige Bilder, wo die Sonne im Mittelpunkt steht, wo man merkt, die Sonne ist der Antrieb für seine Kunst", sagt Ziegelgänsberger, der Pechstein auch den "Sonnenmaler des 20. Jahrhunderts" nennt.
Und so lädt Museumsdirektor Andreas Henning nicht nur alle Kunstliebhaber ein, sondern alle, die etwas Sonne gebrauchen können.
Redaktion: Alexandra Müller-Schmieg
Sendung: hr2-kultur, 15.03.2024, 13:30 Uhr