Nach Rassismus-Eklat Kassels OB fordert Rücktritt von HKH-Chef Eberle

Der Direktor von Hessen Kassel Heritage, Martin Eberle, hat den Vorsitzenden des Kasseler Kulturbeirats rassistisch beleidigt, wie er selbst einräumt. Der Fall liegt bereits beim zuständigen Ministerium. Kassels Oberbürgermeister fordert derweil Eberles Rücktritt.

Schloss Wilhelmshöhe, Kassel
Die Hessen Kassel Heritage hat ihren Sitz im Schloss Wilhelmshöhe. Bild © picture-alliance/dpa (Archiv)
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Schwerer Rassismus-Vorwurf gegen Chef von Hessen Kassel Heritage

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In der Kasseler Kulturszene brodelt es: Martin Eberle, Chef der Museumslandschaft Hessen Kassel Heritage (HKH) - und damit Direktor einer der größten Kunst- und Kultureinrichtungen Deutschlands - muss sich mit den Folgen seiner schwerwiegenden rassistischen Aussage auseinandersetzen.

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Eberle hat den Vorsitzenden des Kulturbeirats, David Zabel, rassistisch beleidigt, wie er selbst auf hr-Anfrage über eine Sprecherin einräumte. Zuvor hatten FAZ und die HNA übereinstimmend berichtet.

OB Schoeller: Eberle sollte "sein Amt niederlegen"

Kassels Oberbürgermeister Sven Schoeller (Grüne) bezeichnete die Äußerung Eberles am Freitag als "zutiefst rassistisch und absolut inakzeptabel". Er gehe davon aus, dass vom zuständigen Kunst-Ministerium "disziplinarische Konsequenzen" sorgfältig geprüft werden. Dazu forderte er ein beschleunigtes Verfahren.

Mit Eberle geht er hart ins Gericht. Dieser habe sich als "ungeeignet erwiesen", die bisherige Funktion bei Hessen Kassel Heritage weiter zu bekleiden, so Schoeller, der zugleich Kulturdezernent der Stadt ist. Seine Botschaft an den HKH-Direktor: Er solle "sein Amt niederlegen".

"Sensibel und vertrauensvoll behandelt"

Von dem Geschehnis hatte Schoeller von David Zabel selbst erfahren, wie dieser im Gespräch mit dem hr erklärt. Zabel betonte, er habe sich von Schoellers Büro "unglaublich sensibel und vertrauensvoll behandelt gefühlt".

Die Zeit nach dem Vorfall sei "sehr emotional" für ihn gewesen. Die Äußerung fiel bereits im Oktober am Rande eines Treffens des Kulturnetzes.

Ein Mann mit dunklen Locken und einem schwarzen Schnurrbart. Er ist Schwarz und trägt ein weißes Hemd mit blauem Muster.
David Zabel Bild © Jascha Bela Kretschmann

Zabel schildert "rassistische Verletzung"

"So ein Rassismusvorwurf ist extrem verletzend und fordernd", sagt David Zabel im Gespräch mit dem hr. Er habe nicht nur eine rassistische Verletzung erfahren, sondern sei "wie jedes Opfer von Rassismus mit einem Kampf um Glaubwürdigkeit konfrontiert".

In der Berichterstattung der FAZ hatte Eberle von einer Äußerung "im Affekt" gesprochen. Dieser Aussage widerspricht Zabel. Eberle habe mit dem Satz ganz "nüchtern und sachlich" auf einen Vorschlag reagiert.

Weitere Zusammenarbeit nahezu unmöglich

Zabel habe angeregt, dass Eberle sich bei der nächsten Sitzung des Kulturbeirats vom HKH-Beauftragten für Diversität Aymen Hamdouni vertreten lassen könnte. Eberle erwiderte daraufhin laut FAZ:

"Herr Zabel, ich sag' jetzt mal was Rassistisches. Ich komme nicht, aber ich schicke meine Kollegin. Ich kann ihr ja sagen, sie soll sich Schuhcreme ins Gesicht schmieren, dann fühlen Sie sich bei Kulturbeiratssitzungen nicht so allein."

Die Künstlerin Ulrike Seilacher war bei dem Treffen dabei. Sie kann sich an den genauen Wortlaut nicht erinnern, bestätigte aber Eberles Aussage. Sie sei "schockiert" gewesen, sagte sie im Gespräch mit dem hr.

Entschuldigung abgelehnt

Eberle hatte sich Tage später bei Zabel schriftlich entschuldigt - dieser lehnte die Entschuldigung jedoch in der damaligen Form ab, zumal sie unmittelbar nach einem Gespräch mit Hamdouni erfolgte. Er habe den Eindruck gehabt, dass Hamdouni Eberle zu dieser Entschuldigung gedrängt habe, so Zabel.

Eine weitere Zusammenarbeit mit Eberle im Kulturbeirat ist für Zabel nahezu unmöglich. "Da fehlt mir derzeit absolut die Fantasie", sagte er.

Menschen sitzen zwanglos auf einer Treppe
Der Kulturbeirat Kassel nach einer Sitzung 2023. In der vordersten Reihe links David Zabel, Martin Eberle ganz oben links. Bild © kassel.de

Eberle selbst ist derzeit krank geschrieben. Er fehlte bereits bei der Jahrespressekonferenz der HKH. Dort war sein Stellvertreter Justus Lange für ihn eingesprungen. Mitarbeiterinnen berichteten von einem gebrochenen Bein.

Eine HKH-Sprecherin teilte weiterhin mit, Eberle wolle sich nach seiner schriftlichen Entschuldigung "persönlich bei Herrn Zabel für seine unsensible Aussage" entschuldigen. Er werde an sich arbeiten, dass "eine solche Reaktion in Zukunft nicht mehr passiert". Dazu werde er an einer Antidiskriminierungsschulung teilnehmen.

Mann am Rednerpult
Martin Eberle bei der Wiedereröffnung Wiedereröffnung der Löwenburg im Bergpark Kassel 2022. Bild © Imago Images

"Es war falsch und es ist ihm bewusst, dass er Herrn Zabel mit seinen Worten verletzt hat. Er schätzt Herrn Zabel und seine Expertise sehr", heißt es in der Erklärung weiter.

Ministerium prüft Konsequenzen

Inzwischen prüft das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur (HMWK) den Vorfall. Man nehme die vorliegenden Vorwürfe sehr ernst und arbeite diese derzeit auf, so eine Ministeriumssprecherin. Dazu gehöre eine "sorgfältige rechtliche Prüfung sowie eine Anhörung des Landesbediensteten". Diese werde sobald wie möglich stattfinden.

Minister Timon Gremmels (SPD) als Vorgesetzter Eberles äußerte sich auf hr-Anfrage zu dem Vorfall. Unabhängig von dem im Raum stehenden Einzelfall, sei "jede Form von rassistischen Äußerungen von Bediensteten des Landes Hessen inakzeptabel und nicht hinnehmbar und wird sanktioniert".

Gremmels verwies auf eine gemeinsame Verantwortung, "entschieden gegen jegliche Form von Menschenfeindlichkeit vorzugehen". Er erwarte von allen Mitarbeitenden eine klare Haltung, Respekt und Offenheit.

"Rassistischer Landgraf"-Äußerung auf Demo

Bereits am Sonntag hatte David Zabel bei seiner Rede auf der Demo "Brandmauer wieder aufbauen" Eberle als "rassistischen Landgrafen" bezeichnet - ohne öffentlich den Grund dafür zu erwähnen. Das sorgte bei den Demo-Besuchern zum Teil für Irritationen. Dass er seine Aussage nicht eingebettet habe, bereut Zabel rückblickend. Dennoch müsse man öffentlich geäußertem Rassismus auch öffentlich begegnen, so Zabel.

Er habe zunächst auf eine Entscheidung des Ministeriums warten wollen, aber das habe seit der Einreichung der Beschwerde drei Monate gedauert. Am Sonntag "musste irgendwas aus mir raus", so Zabel.

Von den Menschen in Kassel wünscht sich Zabel, dass sie genau auf diesen Fall schauten und "sich gewahr werden, wie Rassismus wirkt". 

Redaktion: Stefanie Küster

Sendung: hr-fernsehen, hessenschau,

Quelle: hessenschau.de